Roth
Ein überzeugter Europäer

Udo van Kampen spricht in der Kulturfabrik über das Verhältnis von USA und EU

07.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:43 Uhr
"Zur EU gibt es keine Alternative" , da ist sich Udo van Kampen sicher und mahnt. −Foto: Schmitt

Roth (HK) "Die USA - ein gespaltenes Land. Wie reagiert Europa?" So lautete das Thema des Udo van Kampen in der Rother Kulturfabrik. Eingeladen hatten den TV-Journalisten, der sich als "überzeugter Europäer und Transatlantiker" zu erkennen gab, die drei Raiffeisenbanken im Kreis Roth-Schwabach.

Vermutlich gibt es deutschlandweit keinen zweiten Journalisten, der aus eigener Anschauung das Verhältnis zwischen Europa und den USA ähnlich kompetent beleuchten könnte wie Udo van Kampen. Schließlich war der 68-jährige Volkswirt acht Jahre lang Korrespondent in New York und hat insgesamt 20 Jahre als Berichterstatter in Brüssel gearbeitet. 15 Jahre davon als ZDF-Studioleiter.

Udo von Kampen hat von 1995 bis 2003 das ZDF-Büro in Manhattan aufgebaut. In dieser Zeit hat er Donald Trump drei Mal für Interviews getroffen. "Schon damals hat er davon gesprochen, Präsident werden zu wollen", berichtete van Kampen in der Rother Kulturfabrik. "Unser Team hat sich gebogen vor Lachen", schildert er seine und die Reaktion seiner Mitarbeiter auf diese Absichtserklärung. Denn Donald Trump habe sich im Gespräch als "freundlicher Prolet mit Charme und Humor" präsentiert. "Aber er hat es nun mal geschafft, der mächtigste Mann der Welt zu werden, und jetzt sollten wir ihn auch ernst nehmen, denn es geht um Weltpolitik", so van Kampen. "Wir haben ihn schon zu lange als Tölpel eingeschätzt", war er überzeugt.

In diesem Rahmen bewertete van Kampen das Verhältnis zwischen den USA und Europa unter neuen Vorzeichen. "Der alte Westen ist zu Ende gegangen", erklärte er mit Blick auf die Verteidigungslage Europas. Hier könne man nun nicht mehr auf die USA setzen. "Wir müssen unsere Sicherheit selbst in die Hand nehmen und das eröffnet einen sehr positiven Weg." Denn die Vereinheitlichung der europäischen Wehrtechnik "bietet ein Sparpotenzial zwischen 100 und 150 Milliarden Euro". Bislang entscheide nämlich jeder Mitgliedsstaat selbst über die eigene Verteidigung. 171 verschiedene Waffensysteme und 17 verschiedene Kampfpanzer seien die Folge. "Da wäre es gut, wenn sich die EU auf die eigene Verantwortung besinnt und als Einheit handelt."

In Sachen Strafzölle auf Stahl und Autos aus der EU empfahl von Kampen, gelassen zu bleiben und nicht sofort mit Gegenmaßnahmen zu reagieren. "Erst mal miteinander reden ist hier Gold, und abwarten was kommt", meinte er in Richtung EU. Eine unmittelbare Revanche könnte seiner Meinung nach zu einem Handelskrieg führen, der mit den Autobauern auch eine Kernindustrie Deutschlands betreffen würde. "Die Konsequenzen wären nicht abzusehen", so van Kampen, "das könnte der Zündfunke für eine Rezession sein."

Der zurückliegende achtjährige Aufschwung sei zwar noch nicht bedroht. "Aber wir in Europa müssen exakt hinschauen, denn die Nervosität ist groß." Die bedeutendste Bedrohung sah er in der traditionell enormen Verschuldung der Vereinigten Staaten. "Billionen von Dollar, wenn diese Blase platzt, schlägt das durch auf den kleinsten Anleger." Besonders bedenklich fand er es, dass es mittlerweile die Chinesen sind, die drei Viertel aller US-amerikanischen Anleihen halten. "Das macht die USA erpressbar", so van Kampen.

Eine ganz entschiedene und eindeutige Haltung nahm Udo von Kampen beim Thema "gemeinsame Werte" der USA und Europas ein. "Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind nicht verhandelbar und müssen Maßstäbe für politisches Handeln sein", so van Kampen. Er sah dafür vor allem in den USA eine hohe Notwendigkeit. "Dort werden bei Zeitungen wieder Journalisten eingestellt, die mit Vehemenz aufdecken, wo Trump lügt", sagte van Kampen.

Abschließend beantwortete Udo van Kampen Fragen aus dem Publikum und der Lokalpolitik. Die Diskussion mit Raiffeisenverbands-Chef Carsten Krauß, Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer und Landrat Herbert Eckstein führte ihn zur wirtschaftlichen Lage in Europa. Dabei warnte er zunächst vor einer Krise in Italien, die seiner Meinung zufolge nicht durch den EWS aufgefangen werden könnte. "Italien wäre nicht zu retten wie Griechenland", meinte er. "Das Land hat die höchste Staatsverschuldung Europas und die Banken sitzen auf Milliarden fauler Kredite." Zugleich vertrat van Kampen die Auffassung, dass angesichts kommender globaler Entwicklungen nur ein vereintes Europa die Herausforderungen der Zukunft bewältigen könne. "Zur EU gibt es keine Alternative", lautete seine Überzeugung. Sein Rat an die Zuhörer: Da wäre es gut, wenn sich die EU auf die eigene Verantwortung besinnt und als Einheit handelt."