Ein Tag mit den Rockern in Rosa

<?ZuVor "-0,3mm"> Seit fast 30 Jahren sind die Erlanger Spaßrocker J.B.O. im Geschäft - und Gast auf den größten Festivalbühnen der Republik. Unserer Zeitung hat die Band beim Summer Breeze im mittelfränkischen Dinkelsbühl einen exklusiven Blick hinter die Kulissen gewährt.<?ZuVor "0mm"> <?ZuVor "2mm"> <DK-Autor>Von Anton Kostudis<?ZE></DK-Autor>

19.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:26 Uhr
Auf Tuchfühlung mit den Fans: Bei der Autogrammstunde haben J.B.O. alle Hände voll zu tun. −Foto: Foto: Kostudis

 

Dinkelsbühl (DK) Sie nennen sich die "Verteidiger des wahren Blödsinns" - und sind Deutschlands Metal-Komödianten schlechthin. Wir durften die Erlanger Spaßrocker J.B.O. am Samstag beim Summer Breeze im mittelfränkischen Dinkelsbühl begleiten. Der Festival-Tag im Protokoll.

7.45 UHR

Samstagmorgen. Der Wecker klingelt - etwas früher als sonst. Ralph Bach schält sich aus dem Bett in seiner Nürnberger Wohnung. Es folgt das alltägliche Morgenritual. "Ein Kaffee und eine Zigarette", berichtet der 50-jährige Musiker. "Ich hatte mir den Wecker etwas früher gestellt, falls ich noch kräftig scheißen muss. Das ist dann auch eingetreten", lautet Bachs lapidare Erklärung. Gegen 8.45 Uhr sitzt der Bassist der Erlanger Spaßrocker in seinem Auto und fährt los.

9 UHR

Bach trifft sich mit den übrigen Bandmitgliedern im Erlanger Stadtteil Eltersdorf. Hier lagern Instrumente und allerlei weitere Bandutensilien. Es herrscht reges Treiben. Crewmitglieder verladen Gitarren, Bässe und Bühnenelemente in einen Anhänger. Ein Nightliner-Bus wird für das Wochenende die rollende Behausung der Band sein. Noch in der Nacht werden sie von Dinkelsbühl in die Schweiz fahren, um dort tags darauf ein weiteres Konzert zu spielen. Bach genehmigt sich ein Frühstücksbier. "Es war gerade griffbereit", meint er.

10 Uhr

Der Bus setzt sich in Bewegung. Bach legt sich noch einmal hin, "zum Dösen". Zwischendurch macht der Tross noch an einer Tankstelle und an einem Supermarkt halt. Für die etwa 120 Kilometer von Erlangen nach Dinkelsbühl benötigt der Bus etwa anderthalb Stunden.

12.10 Uhr

Der Bus rollt auf das Festivalgelände in Dinkelsbühl. Zunächst stoppt er an der Hauptbühne, dort wird der Anhänger abgekoppelt, die Crewmitglieder steigen aus und machen sich an den Aufbau. Für die Band geht die Fahrt weiter in den nahegelegenen Backstage-Bereich, wo ein Container für die Musiker bereitsteht. Essen und Getränke gibt es ebenfalls. "Erst einmal ankommen und was futtern", sagt Bach.

13.30 Uhr

Nach dem Mittagessen stehen einige Interviewtermine auf dem Programm. Ansonsten zieht sich die Band zurück oder hält sich im Backstage-Bereich auf. "Da wir aus der Region kommen, sind in der Regel eine Menge langjähriger Freunde da. Und natürlich trifft man auch Kollegen, die man schon seit Ewigkeiten kennt. Man hat am Ende gar nicht die Zeit, mit jedem zu sprechen", sagt Hannes Holzmann, der Gitarrist der Band.

15 Uhr

Für die Band beginnt nun die heiße Phase der Vorbereitung. Um 16.05 Uhr müssen die Erlanger auf die Bühne. Der Zeitplan ist minutiös durchgetaktet, für Verspätungen gibt es kaum Raum. Die Band zieht sich nun in ihrem Container um, steigt in ihre typisch-rosafarbenen Bühnenoutfits. "Dezent, wie immer", scherzt Bach. Holzmann und der zweite Sänger, Veit Kutzer, machen ein paar Aufwärmübungen. Stichwort Aufwärmen: Schon den gesamten Tag über hat es mehr als 30 Grad, Dinkelsbühl und die Festivalbesucher brüten in der Hitze. "Das ist mir trotzdem lieber. Wenn du mal eine Show bei neun Grad, Regen und Sturm gespielt hast, bist du immer dankbar für Sommerwetter", sagt Holzmann.
15.35 Uhr

Ein Shuttle-Kleinbus holt die Band im Backstage-Bereich ab und bringt sie zur Bühne. Dort müssen die Instrumente, die Verkabelung und die Funksender, welche die Musiker tragen, überprüft werden. Die Gitarren wurden von den Technikern bereits gestimmt, das Schlagzeug aufgebaut. Jeder Musiker geht aber danach selbst noch einmal sicher, dass sein Equipment funktioniert, "Linecheck" nennt sich das. Gleich wird es ernst.

16 Uhr

Noch fünf Minuten bis zum Auftritt. Die Band kommt im hinteren Bühnenbereich zusammen, es wird abgeklatscht und sich gemeinsam eingestimmt. "Das ist seit fast 30 Jahren unser Ritual vor jedem Konzert", erklärt Bach.

16.05 Uhr

Pünktlich betreten J.B.O. die Bühne - erwartet von Zehntausenden Fans. Mit ihrer Version des Prinzen-Hits "Alles nur geklaut" beginnen die Erlanger ihr Konzert - und sofort stimmt der riesige Chor vor der Bühne ein. Routiniert bewegen sich die Musiker auf der Bühne, die Menge jubelt - doch was sie nicht mitbekommt: Gitarrist Holzmann hat technische Probleme. Das Monitor-System streikt, bei die ersten Songs kann er sich nicht hören. "Wenn du die Titel schon hundertfach gespielt hast, weißt du natürlich trotzdem, was du machen musst. Aber genießen konnte ich die ersten vier Titel nicht", sagt der 49-Jährige nach dem Auftritt. Doch die Band lässt sich nichts anmerken - und wird daher auch bedingungslos von den Massen gefeiert.

17.05 Uhr

Nach einer Stunde verlassen die Erlanger unter Jubelstürmen die Bühne. Das Shuttle bringt sie zurück in den Backstage-Bereich. Dort ziehen sich die Musiker um, die meisten nehmen eine Dusche. Viel Zeit bleibt nicht, der nächste Termin wartet schon.

17.50 Uhr

Wieder rollt das Shuttle vor. Es geht auf die andere Seite des Festivalgeländes. Dort, am Stand eines deutschen Metal-Magazins, geben J.B.O. ab 18 Uhr eine Autogrammstunde. Nervig findet die Band das nicht. "Näher kommst du an uns ja eigentlich nicht heran. Das machen wir für unsere Fans selbstverständlich gern", sagt Holzmann. Unzählige drängen sich in der Schlange. Viele haben Platten, CDs, Poster oder T-Shirts dabei, die sie unterschreiben lassen wollen. "Es ist manchmal echt skurril. Wir haben beispielsweise schon auf jedem Körperteil unterschreiben. Auf wirklich jedem", berichtet Bach schmunzelnd.
19.30 Uhr

Die Band hat sich über das Gelände zerstreut. "Manch einer will jetzt nach dem Auftritt erst einmal seine Ruhe haben, der andere mischt sich unter die Menge", berichtet Holzmann. Die Crew verlädt derweil an der Bühne das Equipment. Die Abfahrt ist für ein Uhr in der Nacht angesetzt.

21.30 Uhr

Im Backstage wird es emotional. "Ich mache jetzt seit 1989 professionell Musik. Das Beste, was mir in der Zeit passiert ist, ist die Geburt meiner Töchter. Aber das Zweitbeste ist, dass ich seitdem davon leben kann, Metal zu spielen. Wenn du auf die Bühne gehst und siehst da 40000 Leute, die dich sehen wollen, dann kannst du einfach nur dankbar sein, und zwar jeden Tag aufs Neue", sagt Holzmann und nimmt nachdenklich einen Schluck Bier.

0.30 Uhr

Die Band findet sich im Backstage zusammen, mancher hat noch ein wenig geschlafen, der andere noch ein Bier getrunken und sich andere Bands angesehen. Es ist Zeit, die persönlichen Sachen zusammenzusuchen, in einer halben Stunde ist Abfahrt in Richtung Schweiz. "Ich hab den Wecker für morgen früh schon gestellt", ruft Bach laut lachend zum Abschied.

Anton Kostudis