Beilngries
Ein Tag für die Geschichtsbücher

Heute vor 25 Jahren blickte die Welt auf die Flutung des letzten Kanalteilstücks in Beilngries

30.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:43 Uhr
Vor 25 Jahren wurde in Beilngries der letzte Abschnitt des Main-Donau-Kanals geflutet. −Foto: Rein, Winfried

Beilngries (DK) Genau heute vor 25 Jahren ist von Beilngries aus der letzte Abschnitt des Main-Donau-Kanals geflutet worden. Eine Reihe von Bürgern erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung an diesen denkwürdigen Tag zurück, als Beilngries im Zentrum des internationalen Interesses stand.

Einen solchen Trubel hatte Beilngries wohl nie zuvor erlaubt. Und auch danach sollte kein Tag mehr kommen, an dem die Welt noch einmal dermaßen gebannt auf das kleine Altmühlstädtchen geblickt hat. Der 31. Juli 1992 sollte als derjenige Tag in die Historie eingehen, an dem Beilngries am bedeutendsten das große Rad der Weltgeschichte mitgedreht hat. Im Fernsehen, im Radio und in den Zeitungen, egal ob Lokal- oder Weltpresse – überall war in diesen Tagen die Flutung des letzten Kanalabschnitts das bestimmende Thema. Tausende Interessierte trieb es nach Beilngries, um den besonderen Moment mitzuerleben.

Exakt 25 Jahre später haben sich fünf Beilngrieser getroffen, um sich an diesen besonderen Tag zurückzuerinnern. Bauleiter Josef Keckl und seine damalige Kollegin Angelika Hahn, die beide für die Rhein-Main-Donau AG (RMD AG) tätig waren, können ebenso lebhaft von dieser aufregenden Zeit berichten wie die damaligen Stadtratsmitglieder Helga Sillner und Georg Wagner. Gleiches gilt für Siegfried Gallus, der an diesem denkwürdigen Tag das Catering für die unzähligen Interessierten und Ehrengäste übernahm. Sie alle sind sich noch heute einig: Diesen Tag werden sie nie vergessen, er ist unauslöschlich in die Beilngrieser Geschichte eingegangen.

Natürlich wissen sie alle noch heute, dass es ein Freitag war und welches Wetter man damals hatte. „Es war brutal heiß“, berichtet Keckl. Der frühere Hotelier und Gastwirt Gallus erinnert sich an ein anderes Detail: „Es gab an diesem Tag in ganz Beilngries bei keinem Metzger und Bäcker mehr etwas.“ Wurst und Semmeln wurden in großen Mengen für die Bewirtung der tausenden Schaulistigen gebraucht. Für die Ehrengäste gab es ein besonderes Menü mit Speisen, die aus den diversen Gegenden und Flussbereichen stammten, die durch den Main-Donau-Kanal verbunden wurden, sowie mit regionalen Produkten. „Einen solchen Rummel wird Beilngries nicht mehr erleben“, steht für Gallus fest.

Aus der Politik war damals ebenso viel Prominenz erschienen wie von der RMD AG. Unter anderem feierten der bayerische Wirtschaftsminister August Lang und Ministerialdirektor Heinz Contzen vom Bundesministerium für Verkehr mit.

Bei ihren Grußworten fanden die politischen Zugpferde viele lobende Worte für den Kanalbau. Der damalige Beilngrieser Bürgermeister Willy Muschaweck wollte ihnen da in nichts nachstehen: „Wenn da und dort auch negative Betrachtungen zum Main-Donau-Kanal aufgetreten sind, so darf ich dem Träger versichern, dass eine breite Bevölkerungsschicht und der Stadtrat dem Projekt positiv gegenüberstehen.“

Von den Protesten, die den Kanalbau über Jahre begleitet hatten, war an diesem Tag der letzten Flutung überraschend wenig zu sehen, wie es damals in der Berichterstattung unserer Zeitung hieß. Ein schwarzer Sarg, der auf dem Wasser trieb, sei das einzig sichtbare Zeichen der im Vorfeld erwarteten Gegendemonstration gewesen.

Dass es in der Bevölkerung aber durchaus jede Menge kritische Stimmen zum Kanal gab – und nach wie vor gibt –, davon können Helga Sillner und Georg Wagner als langjährige Mitglieder des Stadtrats ein Lied singen. Der Bau der großen Wasserstraße habe das Gremium seinerzeit sehr beschäftigt, wenngleich die großen Entscheidungen freilich auf ganz anderer Ebene gefallen seien. „Aber irgendwas mit dem Kanal war bei uns damals eigentlich immer im Stadtrat“, erinnert sich Wagner zurück. Die Zusammenarbeit mit der RMD AG haben er und Helga Sillner in positiver Erinnerung. Der Kanalbau habe unter einem gewissen Zeitdruck gestanden, die Anliegergemeinden hätten einiges für sich heraushandeln können. Die beiden früheren Stadträte denken dabei beispielsweise an den Verkauf eines größeren Stücks des Stadtwalds. Ohne die RMD-Millionenzahlung wäre unter anderem das Seniorenzentrum für Beilngries nicht darstellbar gewesen, so die Einschätzung der langjährigen Lokalpolitiker.

Josef Keckl, später selbst im Stadtrat aktiv, betont noch heute, dass es ihm und seinen Mitstreitern immer darum gegangen sei, mit allen Beteiligten zu verträglichen Lösungen zu kommen. Man habe nach der Philosophie gehandelt, ohne Rechtsstreitigkeiten mit den Kommunen auszukommen. Bewusst bevorteilt habe man damals niemanden. Ihm sei aber durchaus bewusst, dass an den Stammtischen diskutiert und gefeixt wurde, welche Gemeinde wohl am meisten vom Kanalbau profitiert habe, so Keckl. Das Jahrhundertbauwerk hat damals eben alle Menschen in der Region bewegt – ganz besonders zweifellos rund um den 31. Juli, einen unvergesslichen Tag in der Beilngrieser Geschichte.