Egg
Ein Sturm der Entrüstung

Beim lokalpolitischen Abend der CSU muss Landrat Wolf viel Kritik von Windkraftgegnern einstecken

08.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

Egg (WZ) So hat sich die Wolnzacher CSU das zwar nicht vorgestellt, wohl aber damit rechnen müssen: Ihr lokalpolitischer Montagabend in Egg entwickelte sich zur Windkraftdiskussion. Harsche Kritik musste dabei Landrat Martin Wolf für sein Verhalten in Sachen Windkraft einstecken.

"Ich glaube, wir lassen das jetzt einfach so stehen, es ist alles gesagt." Als nach dreieinhalb Stunden Versammlungsdauer immer noch Hände nach oben schnellten, immer noch Zwischenrufe kamen, da antwortete Landrat Martin Wolf nicht mehr, wollte den Wolnzacher CSU-Ortsvorsitzenden Axel Meier dann den Abend doch beenden lassen. Einen Abend, der zwar Tradition hat, denn regelmäßig trifft sich die CSU im Herbst im Gasthaus Siebler in Egg zum lokalpolitischen Austausch. An diesem Montag aber nahm die Windkraft den Löwenanteil ein, auch die Hähnchenmast streifte der Landrat aus aktuellem Anlass (gesonderter Bericht folgt).

Nicht verbal entglitt der Abend, denn trotz aller Emotionalität blieben alle Diskussionsteilnehmer fair und sachlich. Aber inhaltlich gab es keine große Vielfalt: Gut die Hälfte der rund 100 Anwesenden kam aus dem benachbarten Geroldshausen und umliegenden Weilern und Einöden, hatte sich vorab schon organisiert und nicht nur etliche Fragen zur Windkraft, sondern auch viel Kritik mitgebracht.

Als Erster packte Martin Ott, Sprecher der Initiative "Gegenwind", aus und wandte sich direkt an den Landrat, der auch im weiteren Verlauf des Abends im Fokus stehen sollte. Ott kritisierte den Pfaffenhofener Windkraft-Bürgerentscheid als "Propaganda, bei der ein Bürgermeister Herker die Machenschaften eines Herschmann (Andreas Herschmann ist Vorstand der Pfaffenhofener Bürgerenergiegenossenschaft, d. Red.) unterstützt, obwohl er selbst keine Ahnung hat." Einer bunten Koalition in Pfaffenhofen, die "fachlich völlig chaotisch" agiere, stünde "eine völlig zerstrittene CSU" gegenüber, die dem "zweifelhaften Produkt Windkraft" nichts entgegensetze - auch der Landrat tue genau das nicht.

Ott wähle seit 42 Jahren CSU, frage sich aber jetzt, wo das "C" als christlicher Wert geblieben sei: "Wenn wir das jetzt wählen, dann bekommen wir diese Windräder", so Ott. Er sei in tiefe Zweifel geraten. Kommentare der bunten Koalition wolle er gar nicht wiederholen, da sei vieles einfach zu tief unter der Gürtellinie gewesen. Diese "ganze Gedankenwelt" erschüttere ihn.

Damit schlug er in die gleiche Kerbe wie zuvor der Wolnzacher Bürgermeister Jens Machold. Er wolle die Wortwahl, der sich "ein Bürgermeister Herker mit seinem Team befleißigt hat, nachdem wir nicht für die Förnbacher Windräder gestimmt haben", erst gar nicht wiederholen. Man wolle die Windkraft lokal steuern können, so Machold weiter, dafür habe man die Voraussetzungen geschaffen: "Wenn es wo nicht passt, dann werden wir das auch nicht zulassen." Auch Landtagsabgeordneter Karl Straub hatte eingangs das unterstrichen: "10 H ist kein Windkraftanlagen-Förderungsgesetz, sondern bietet Schutz." Man wolle fair und vor Ort entscheiden können - und genau das sei beim Bürgerentscheid in Pfaffenhofen nicht passiert.

Anders, als das nach vielen öffentlich gemachten Äußerungen zu erwarten gewesen wäre, demonstrierten der Landrat, der Abgeordnete und der Bürgermeister eher Geschlossenheit nach außen, sprachen von "Zusammenarbeit" und von der dringenden Notwendigkeit des "Zusammenhaltens", wenngleich es "in der Sache" unterschiedliche Sichtweisen gebe, so Straub. Damit sprach er das an, was auch die Zuhörer dem Landrat im weiteren Verlauf vorwarfen: Bei der Energie-für-alle-Woche hatte sich Wolf für den sukzessiven Bau von 20 bis 25 Windrädern ausgesprochen - und das eine Woche vor dem Bürgerentscheid. Mit dieser Positionierung knapp vor der Entscheidung hatte er Kopfschütteln in den eigenen Reihen ausgelöst, in Egg wurden die Geroldshausener noch deutlicher: "Wie Sie das mit den 20 bis 25 Windrädern zu diesem Zeitpunkt so sagen konnten, kann keiner verstehen", so ein Bürger unter Applaus.

Konflikte seien Bestandteil der Demokratie, andere Meinungen zu vertreten, ebenso - auch innerhalb einer Partei, so der Landrat, der im kommenden Jahr für die CSU wieder ins Rennen um das Amt gehen wird. Er habe bei der Energie-für-alle-Woche von 20 bis 25 Windkraftanlagen gesprochen, "weil ich glaube, dass wir mit diesen Windrädern lokale Lösungen finden werden". Gäbe es den Teilflächennutzungsplan nicht, so "könnte jeder Investor sein Radl aufstellen und die Dividende ist in Berlin", so Wolf weiter. "Ich habe entschieden, Position zu beziehen, weil das ehrlicher ist, als sich einfach nur rauszuhalten" - auch, wenn dieser Termin eine Woche vor dem Bürgerentscheid war.

Sein Ziel sei es, sich stets so austauschen zu können, dass jeder danach wiederkommen könne. "Die Windkraftplanung des Landkreises darf keine Negativplanung sein", wiederholte er oft Gesagtes. Man müsse die Windkraft zulassen, nur 2,4 Prozent der Landkreisfläche seien überhaupt als mögliche Windkraftstandorte kartiert.

"Abgefertigt", "über den Mund gefahren" bei einem Termin mit Landratsamtsjuristin Alexandra Schönauer, "ausgelacht" als Windkraftkritiker im Pfaffenhofener Rathaus, vonseiten der "bunten Koalition in Pfaffenhofen" mit verletzender Häme überzogen, als Atomkraftbefürworter abgestempelt - so schilderten Bürger ihre Erfahrungen, wenn sie Bedenken in Sachen Windkraft anmelden wollten. Landrat Martin Wolf versprach, die Vorgänge zu überprüfen, soweit es seine Behörde betrifft.

Zu hören, man habe "die politische Heimat in der CSU verloren", das schmerze, zeigten sich am Ende Landtagsabgeordneter Karl Straub und Bürgermeister Jens Machold betroffen vom Verlauf des Abends: "Das tut weh." Durch den Teilflächennutzungsplan und die 10-H-Regelung habe man die Voraussetzungen geschaffen, örtlich zu bestimmen, was geht und passt - und was eben nicht. Machold versprach "Transparenz": Nach wie vor liege im Gemeindebereich kein Windkraftantrag vor. "Und wenn dem so wäre, dann erfahren Sie es zuerst."