Ingolstadt
Ein Studium als Überbrückung

TH Ingolstadt schafft mit neuem Masterabschluss Zukunftsperspektiven - Angebot an Unternehmen

14.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:12 Uhr

Ingolstadt (DK) Stellenkürzungen in der deutschen Wirtschaft sind ein aktuelles Thema.

Erst diese Woche hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dafür plädiert, Jobs in Phasen konjunktureller Flauten zu erhalten und solche "Dellen" für die Weiterbildung zu nutzen. An der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) rennt er damit offene Türen ein, denn die Verantwortlichen dort haben die Zeichen der Zeit längst erkannt. Ein neuer Masterstudiengang "Wirtschaftsingenieurwesen Digitalisierung" richtet sich insbesondere an Unternehmen, die ihr Personal trotz einer anstehenden Entlassung oder während der Kurzarbeit fit für die Zukunft machen wollen. Der Startschuss fällt im Oktober.

"Wir sind die Marktführer bei maßgeschneiderten Unternehmensprogrammen", sagt THI-Vizepräsident Thomas Doyé, zugleich Leiter des Instituts für Akademische Weiterbildung. Das Angebot richte sich unter anderem an Automobilhersteller (Stichwort Elektromobilität), deren Zulieferer und Entwicklungsdienstleister. Keine andere staatliche Hochschule habe etwas Vergleichbares, sagt Doyé. Die momentane Neuausrichtung in der Branche führe mitunter dazu, dass mehrere Tausend Kräfte entlassen werden müssen. Hier setze das Konzept der THI an, um Ressourcen nicht zu verschwenden, sondern sie gezielt aufzubauen. "In den neuen Masterstudiengang haben wir alle Kompetenzen eingebaut, die gerade händeringend von der Industrie gesucht werden", erklärt Doyé. "Wir beobachten permanent die Anforderungen des Marktes und haben darauf reagiert. "

Konkret geht es bei dem Studium um Bereiche wie System- und Technologieentwicklung, um die Automatisierung in der Produktion ("Digitale Fabrik"), um das Innovationsmanagement, also die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle, und um Künstliche Intelligenz und deren Anwendung im jeweiligen Betrieb. Unternehmen können - sollten Freistellungen unvermeidbar sein - in einer Übergangszeit vor der Entlassung dafür sorgen, dass Betroffene nicht in ein Loch fallen, sondern sich fortbilden und anschließend als gefragte Fachkräfte sofort bei einem anderen Arbeitgeber unterkommen.

Die Technische Hochschule hat den ersten Studiengang in diesem Fach im Oktober speziell auf ein Dax-30-Unternehmen (es soll an dieser Stelle nicht namentlich genannt werden) abgestimmt, das zahlreiche Stellen streicht und diesen Schritt sozialverträglich gestalten möchte. Es bietet über die THI ein Qualifizierungsprogramm an und hat alle Plätze gebucht. "Das Ganze dauert 17 Monate bis zum Abschluss, also drei Semester, und richtet sich an Betriebswirte und Ingenieure", sagt Doyé. Dieses Masterstudium läuft allerdings nicht in Ingolstadt, sondern am Standort des besagten Konzerns. Der Vorteil: Die Teilnehmer studieren wohnortnah.

Die Nachfrage ist derart groß, dass die Ingolstädter Hochschule daneben einen offenen Studiengang in der Fachrichtung Digitalisierung für entsprechend vorqualifizierte Bewerber anbietet. Dessen Dauer erstreckt sich auf zwei Jahre. "Unser Versprechen lautet: Wer dieses Studium wählt, findet schnell einen attraktiven Arbeitgeber und steigert seine Chancen deutlich", sagt der THI-Vizepräsident. Aber es geht nicht nur um Beschäftigte, die vor der Entlassung stehen: Firmen können ihre Mitarbeiter zudem in Zeiten wirtschaftlicher Flauten oder bei Kurzarbeit zur Fortbildung für einen solches Studium freistellen, um sie dann mit neuen Kompetenzen weiterzubeschäftigen.

Thomas Doyé führt bereits intensive Gespräche mit weiteren Konzernen, sein Angebot stößt nach eigenem Bekunden auf gute Resonanz. "Und es ist durchaus ausbaufähig", sagt der THI-Vizepräsident. Weitere solcher Masterstudiengänge unter Federführung der Technischen Hochschule Ingolstadt kann er sich deshalb auch in Berlin oder im Ruhrgebiet vorstellen - "je nachdem, wo konjunkturell bedingte Freistellungen anstehen".

Horst Richter