Ingolstadt
Ein Star vergangener Tage

Max Zimmermann hätte mit ESV Ingolstadt beinahe erstklassig gespielt – Heute wird er 85 Jahre alt

21.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

Nach dem Gewinn der Bayerischen Meisterschaft 1962 gegen Büchenbach erhielt Max Zimmermann das Angebot, Profifußballer zu werden. Heute schwelgt der gebürtige Reichertshofener noch gerne in Erinnerungen an damals - Foto: privat/Vizcaino

Ingolstadt (DK) Mitte der 60er Jahre sorgte Max Zimmermann zusammen mit seinen Mitspielern beim ESV Ingolstadt für eine Sternstunde im Ingolstädter Fußball. Heute wird der ehemalige Mittelläufer 85 Jahre alt und blickt ohne Wehmut auf seinen bisherigen Lebensweg zurück.

Helden gibt es heutzutage einige. Der Begriff hat dabei aber kaum noch etwas mit seiner ursprünglichen Bedeutung zu tun. Jüngstes Beispiel sind die deutschen Nationalspieler um Bastian Schweinsteiger, Mario Götze oder Philipp Lahm, die ihre Leistung bei der WM in Brasilien mit dem Titel krönten und sich nun WM-Helden nennen dürfen. Doch reicht sportliche Höchstleistung wirklich, um Teil eines Kreises zu sein, zu dem auch Robin Hood oder Wilhelm Tell zählen?

Max Zimmermann, der für viele auch zu dieser Gruppe gehört, passt das gar nicht. Der ehemalige Mannschaftskapitän des ESV Ingolstadt, der mit seinem Verein in der Saison 1962/63 vor dem Sprung in die Erstklassigkeit stand, meint dazu heute: „Ich bin doch kein Held, nur weil ich gut Fußball gespielt habe.“ Zweifelsohne war Fußball aber immer Teil seines Lebens und ermöglichte Zimmermann Dinge, die er sonst nicht erlebt hätte.

So zum Beispiel auch die Erfahrung im Londoner Wembley-Stadion. „Dieses Spiel werde ich nie vergessen, noch heute höre ich die Zuschauer schreien“, erinnert sich Zimmermann. Diese Möglichkeit ergab sich durch seinen letzten Arbeitgeber, die Firma Shell in Ingolstadt, für die er bis zu seinem Ruhestand arbeitete. In der deutschen Firmenmannschaft spielte er gegen die französische, belgische und englische Auswahl. Neben dem Beruf weiterhin Fußball spielen zu können, war für Zimmermann ein Privileg: „Sonderurlaub für mein größtes Hobby zu bekommen, war toll.“ Nach 26 Jahren als Spieler, im Alter von 42, beendete er schließlich seine aktive Karriere.

Angefangen hat alles in Reichertshofen. Nach einem Wechsel zum ESV Ingolstadt erlebte Zimmermann dort seine erfolgreichsten Jahre – und das als einer der wenigen wirklichen Eisenbahner im Verein. Denn zu diesem Zeitpunkt arbeitete der gelernte Werkzeugmacher bei der Bahn. Mit drei Aufstiegen in Folge, aus der zweiten Amateurliga Südbayern bis in die zweite Liga Süd, überflügelte der Arbeiterverein auch den Ingolstädter Konkurrenten MTV. In der Saison 1962/63 erreichte das Überraschungsteam dann sogar Platz zwei der Abschlusstabelle und qualifizierte sich für die damalige höchste Spielklasse, die Oberliga Süd. Diesen vierten Aufstieg verhinderte dann allerdings die Einführung der Bundesliga.

Nach 14 Jahren und über 500 Spielen für den ESV übernahm der jüngste von fünf Brüdern im Alter von 34 Jahren das Traineramt beim Ingolstädter Verein. Parallel zu seiner Beschäftigung als Trainer spielte er also auch noch aktiv Fußball. Dass der ehemalige Kapitän nun der Trainer ist, war für die Mitspieler kein großes Problem, denn viele begegneten dem zum Teil zehn Jahre älteren Zimmermann mit viel Respekt. So sagten seine Mannschaftskollegen auch nichts, als er einmal die Spielerprämien einbehielt und das Geld in Bier ummünzte. Weitere seiner Stationen als Trainer waren unter anderem in Neuburg, Ludwigslust und Klingsmoos.

Zimmermanns ganz persönlicher Karrierehöhepunkt war aber der Gewinn der Bayerischen Meisterschaft 1962 gegen die SpVgg Büchenbach. Die guten Leistungen des ehemaligen Mittelläufers sorgten auch bei Profivereinen für viel Aufmerksamkeit. „Einige aus Stuttgart haben das Spiel im Fernsehen verfolgt, und der VfB wollte mich unter Vertrag nehmen“, verrät Zimmermann. Die Möglichkeit, Profispieler bei den Schwaben zu werden, war verlockend. Allerdings spielte da seine Frau Philomena, genannt Minni, nicht mit. Ein Wechsel hätte für den gebürtigen Reichertshofener also bedeutet, Freunde und Familie im kleinen Dorf Oberstimm zurückzulassen und ein Leben in der Großstadt zu führen.

„Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung das Angebot abzulehnen“, meint Zimmermann heute. Er bereue ohnehin nichts. „Ich wüsste nicht, was ich anders hätte machen sollen. Alles ist gut gelaufen.“ Zusammen mit seiner Frau feierte er vergangenes Jahr nach 60 Ehejahren diamantene Hochzeit. „Familie war für mich immer das Wichtigste, der Fußball stand an zweiter Stelle“, sagt der Vater von zwei Kindern. Zeit mit Margot und Max zu verbringen war für ihn immer wichtig. So wundert es auch nicht, dass die Zimmermanns nach dem frühen Tod der gemeinsamen Tochter zusammen mit ihrer Enkelin und dem einjährigen Urenkel im Haus wohnen.

Fragt man Minni Zimmermann nach Marotten ihres Mannes, fällt ihr auch nach langem Überlegen nichts ein. Seine Fußballverrücktheit hätte aber auch schon auf sie abgefärbt: „Mittlerweile schaue auch ich mir gerne die Spiele an und kenne mich gut aus“, sagt die 86-Jährige. Euphorisch angefeuert wird von beiden der FC Bayern München. Aber auch die Spiele des FC 04 werden verfolgt, sei es im Fernseher oder live im Stadion. Durch den Zusammenschluss des ESV und MTV sind die Schanzer ja schließlich so etwas wie Zimmermanns Ex-Verein.

Angesprochen auf seine Geburtstagswünsche sagt Zimmermann nur: „Ich freue mich einfach wieder, wenn alle aus der Familie und die ganzen Freunde vorbeikommen.“ Das sei immer das Schönste für ihn.