Pfaffenhofen
Ein Stadtrat in Narrenhand

Namensgebung der neuen Kindergärten beschlossen - Auch die Faschingsgarde tritt im Festsaal auf

21.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:48 Uhr
Die Garde der Narrhalla Ilmmünster trat am Unsinnigen Donnerstag bei der Stadtratssitzung auf - und brachte die tagenden Räte schon einmal in Stimmung für die schräge Debatte zu den neuen Kindergartennamen. −Foto: Tomaschek

Pfaffenhofen - Die neuen Pfaffenhofener Kindertagesstätten heißen "Kita am Apfebaam" in Affalterbach und "Hopfastadel" im Neubaugebiet Pfaffelleiten.

Das ist das Ergebnis einer denkwürdigen Debatte bei der närrischsten Stadtratssitzung des Jahres. Wie die genaue bairisch-hochdeutsche Mischschreibweise lauten wird, ist noch zu klären, da die Namen einerseits für Zuagroaste verständlich sein, andererseits aber Mundartsprechern keinen Schauder über den Rücken jagen sollen.

Es ist ja ein bedenkliches Vorzeichen, wenn eine Stadtratssitzung im Wahlkampf ausgerechnet am Unsinnigen Donnerstag anberaumt wird - und auf der Tagesordnung dann ausgerechnet die Benennung von Kindergärten steht, die in Pfaffenhofen gerne mal für großes Polit-Theater gut ist. So waren die Erwartung am Donnerstagabend hoch. Und der Überraschungsauftritt der Narrhalla Ilmmünster im Sitzungssaal bot die passende Einstimmung.

Jedenfalls soll, wie Amtsleiterin Kathrin Maier berichtete, im Herbst die neue Ortsteil-Kita in Affalterbach ihren Betrieb aufnehmen, im Folgejahr dann die Kindertagesstätte im Neubaugebiet Pfaffelleiten. Für beide Einrichtungen müssen Namen her: "Es wird Zeit, dem Kind einen Namen zu geben", so Maier.

In Affalterbach hat sich die Stadtverwaltung viele Gedanken gemacht: Das Wort "Affalter" stammt aus dem Althochdeutschen und heißt Apfelbaum. Davon gibt es in der Umgebung mehrere. Auch vor der Kita soll ein Apfelbaum gepflanzt werden. Und zwar von der Sorte "Roter Aloisius" - in Anlehnung an den allseits beliebten Pfarrer Alois Gurtner.

Nervöse Blicke zur CSU-Fraktion, weil in Pfaffenhofen lange Jahre die Benennung von Kindergärten nach Heiligen üblich war. "Ich befürchte, dass die Diskussion gleich entgleist", eröffnete Bürgermeister Thomas Herker (SPD) die Debatte. Doch weit gefehlt: Barbara Brehers Vorschlag nach ihrer Namenspatronin - Kindergarten St. Barbara - war als Faschingsspaß nämlich ebenso wenig ernst gemeint wie Herkers Aloisius-Hingerl-Kita. "Am Apfelbaum finden wir ganz wunderbar", sagte Breher, die ja quasi die spirituelle Speerspitze der CSU-Fraktion ist, und bemerkte selbst die "enttäuschten Gesichter" im Gremium - wohl wissend, dass viele mit einem erbittertem Kampf der Opposition um einen christlichen Namen gerechnet haben. "Es wäre aber sinnvoll gewesen, Ortssprecher Michael Weiher und Pater Gurtner vorab einzubinden", kritisierte sie. Der Seelsorger sei nämlich gar nicht so glücklich mit der ihm zugedachten Rolle als Namenspatron des zu pflanzenden Apfelbaums. Und so schlug sie stattdessen die Sorte Santana vor - abgeleitet von St. Anna als Patronin der Mütter. Womit dann zumindest in den Grünanlagen doch eine Heilige zum Zug käme. Oder vielleicht ein Korbiniansapfel, in Erinnerung an Apfelpfarrer Korbinian Aigner?

"Der Korbiniansapfel ist nicht unbedingt der beste", erwiderte Ortssprecher Weiher. Der Name Kita am Apfelbaum sei aber eine tragbare Lösung. Auch Reinhard Haiplik (ÖDP) attestierte dem Vorschlag "eine gewisse Poesie". Thomas Röder (CSU) schlug vor, den Namen in Mundart zu wählen: Kita am Apfebaam - analog zum Burzlbaam in der Radlhöfesiedlung. "Früher hätte auch Watschnbaam zum Kindergarten gepasst", ergänzte Herker, der gar nicht fassen konnte, dass Einigkeit herrschte: "Mit Kita am Apfebaam können alle leben - nur mit der Apfelsorte nicht? " Und tatsächlich: Der Stadtrat entschied einstimmig. Und die gepflanzte Sorte, so Herker salomonisch, solle sich Pfarrer Gurtner einfach selbst aussuchen.

Noch schräger gestaltete sich die Namensgebung für die Pfaffelleiten: Die Verwaltung schlug den Namen Stadel-Kita vor. Dieser Spitzname hatte sich im Zuge der Bauplanung eingebürgert, weil das Gebäude an der Stelle des früheren Müllerbräustadels errichtet wird. Der Witz, dass das Wort Stadel auch CSU-konform als St. Adel gelesen werden kann, ist übrigens schon so alt, dass nicht einmal mehr im Rathaus jemand darüber lachen kann.

Doch Stadel-Kita gefiel unter anderem Richard Fischer (ÖDP) nicht. "Das klingt nach Jugendvollzugsanstalt, weil man an Stadelheim denkt. " Und für Schlachtrufe beim Kindergarten-Fußball-Cup sei der Name auch nicht geeignet. Anders bei den vielen Selbstlauten seines Vorschlags: Lupilantis - eine Mischung aus dem lateinischen Namen für Hopfen und Atlantis. Quasi eine Reminiszenz an die Hopfengärten, die dem Baugebiet weichen mussten.

Ganz und gar nicht gefiel das seinem Fraktionskollegen Reinhard Haiplik (ÖDP). "Ich wollte mich eigentlich aus dieser Debatte heraushalten, die ein bisschen am Rande der Lächerlichkeit ist", sagte er. Aber Fischers Vorschlag sei ihm "zu gespreizt und bildungsbeflissen". Seine erste Idee sei der Name Märchenwald gewesen, "aber soviel Poesie hat dieses Gremium nicht". Sein Vorschlag aus Sentimentalität: Kindergarten Kugl-hof - und da sprang ihm euphorisch auch Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) bei.

Albert Gürtner (FW) regte stattdessen eine Bajuwarisierung des Verwaltungsvorschlags an - also Sto(d)l-Kita. Peter Feßl (SPD) wünschte sich "schlicht und einfach Hopfengarten". Und Brigitte Axthammer (CSU) verband - im zweiten salomonischen Moment des Abends - die Ideen ihrer Vorredner zu "Hopfastadel". Und dafür sprachen sich die Stadträte, obwohl sieben Vorschläge im Raum standen, schon im ersten Wahlgang mit 18:9 Stimmen aus. Vielleicht waren es auch 17:8 Stimmen - so genau konnte das in der Hektik keiner mitzählen. Denn die Zustimmung erfolgte zur allgemeinen Überraschung (Herker: "Das ging ja schnell"). Schließlich hatte es vor einem Jahr, als die Straßen im Viertel benannt werden sollten, nach ähnlich geistreicher Debatte sage und schreibe zehn Einzelabstimmungen und einen vogelwilden Abstimmungsmodus gebraucht, um überhaupt irgendeine Entscheidung zu erzielen.

Der Bürgermeistervorschlag stand übrigens gar nicht zur Abstimmung: "Die Bierheiligen, die ich vorgeschlagen habe, haben Frau Maier nicht gefallen", witzelte Herker - St. Urbanus zum Beispiel. Womöglich möchte da nun jemand einwerfen, dass der Heilige Urban eigentlich als Patron der Winzer gilt. Aber in der Angelegenheit wurde nun wirklich schon genug gesagt.

PK

Michael Kraus