Ingolstadt
Ein Stadl voll guter Laune

Der Musikantenstadl kommt erstmals live aus Ingolstadt – und dauert 40 Minuten länger als geplant

16.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:01 Uhr

 

Ingolstadt (DK) 20.15 Uhr: Der Musikantenstadl ist live auf Sendung. Zwei Sekunden später: Die Halle bebt. Andy Borg, der Gute-Stimmung-Garant aus Österreich, hat das Publikum in der Saturn-Arena im Griff. 4000 Hände klatschen sich das erste Mal rot, als der Moderator ein fröhliches „ozapft is’“ ruft.

Knapp drei Stunden später sind rund 2000 Besucher traurig und glücklich zugleich. Traurig, weil das Volksliedspektakel schon vorbei ist, glücklich, weil sie in die heile Welt der Andy Borgs, Amigos, Stefanie Hertels, Richard Claydermans und Wildecker Herzbuben eintauchen durften.

Willi zum Beispiel. Der 66-Jährige aus Gießen reiste nur für die Amigos an. „Ich kenne sie seit 40 Jahren. Sie sind früher im Tanzlokal meines Vaters aufgetreten.“ Willi schwenkt zwei Amigos-Fahnen und kramt Schwarz-Weiß-Fotos aus seinem Sakko, das die Flippers im elterlichen Lokal zeigt.
 

Borg hetzt durch die Kulisse, über und hinter die Bühne – wenn keine Kamera auf ihn gerichtet ist. Ansonsten gibt er den gemütlichen Österreicher, der mit dem Wiener Schmäh auch in Ingolstadt punktet. Die Musikanten kommen gerne zu ihm, den bayerischen Biergarten in der Saturn-Arena genießen Künstler wie Besucher – nicht nur wegen des bayerischen Starkochs Alfons Schuhbeck, der Borg in die bayerischen Spezialitäten einweist.

Max und Renate kommen aus Cham im Bayerischen Wald: „Wir wollen Andreas Gabalier sehen.“ Da waren sie nicht die Einzigen. Auch Inge aus Fürth freute sich besonders auf den Austroalpenrocker. Ihr Mann Rudolf sah es gelassener. „Mir ist es egal, wer hier singt.“ Die beiden hatten die Tickets von ihren Kindern zum Hochzeitstag geschenkt bekommen.

Da waren sie nicht die einzigen, die die Tickets nicht kaufen mussten. Auch Andrea aus Unterhausen bei Neuburg. Die 36-Jährige, einstmals Maikönigin des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen, sprang ein. „Mein Bruder wollte mit meinem Vater gehen. Doch dann bekam er eine Einladung zu einer Hochzeit. Bis 18 Uhr war ich nicht sicher, ob ich meinen Vater begleite.“ Bereut hat sie es aber nicht.

Das enge Zeitkorsett für die Liveübertragung hat der Spendenaufruf der ARD gesprengt, der mit dem Musikantenstadl begann und in der Nacht auf heute endete. 1,7 Millionen Euro, jeweils 10 000 Euro von Kai Pflaume, Stefanie Hertel und Andy Borg, standen nach der Sendung zu Buche. Borg: „Wir sind eine Stadlfamilie, auf uns könnt ihr euch verlassen.“ Verlassen kann sich Borg auf seine Zuschauer: 4,44 Millionen (18,6 Prozent) hatten eingeschaltet. Bestwert am Samstag.

Dann kam er. Der, der den Frauen den Kopf verdreht, der Volksmusik so spielt, wie es ihm gefällt. Andreas Gabalier. Zwei fesche Madeln an seiner Seite – für die Männer in der Arena? Er lässt’s krachen. Willi wendet sich ab: „Das muss doch nicht sein.“ Rockige Töne schlug auch Stefanie Hertel an: Mit ihrer Vier-Frauen-Band gab es was auf die Ohren – das klang bürgerzeltgeeignet wie Voxxclub.

Andreas und Stefanie aus Ellenbrunn bei Neuburg hatten Glück: „Wir haben zusammen einen der letzten Musikantenstadl gesehen und wollten dann Tickets für Ingolstadt“, erzählt der 30-Jährige. „Ausverkauft. Schon vor Monaten.“ Auf Ebay fand er dann zwei Tickets. Sie wurden ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk für seine Freundin, die in Kürze 29 wird.

Bernhard Grimmer, Einsatzleiter des Roten Kreuzes, musste mit seiner Truppe nicht eingreifen. „Solche Termine sind immer schnell vergeben“, weiß er. Seine Kollegin Katharina Titz war guter Laune: „Da kann man wenigstens gut mitsingen.“

Das konnten alle Besucher bei fast allen Liedern. Und wer etwas Besonderes suchte, ließ sich im Innenraum mit den Wildecker Herzbuben fotografieren oder von ihnen ein Autogramm geben. Dann lagen sie sich in den Armen. Musiker und Fans. Vereint in der Volksmusik, zu Hause in einer heilen Welt.