Neuburg
Ein Sprung in die neue Welt

Der Kunstkreis zeigt ab diesem Donnerstag seine Frühjahrsausstellung im Fürstengang

20.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:19 Uhr
  −Foto: Hammerl

Neuburg - Ungewöhnlich politisch positionieren sich die Künstler des Neuburger Kunstkreises in ihrer spannungsreichen Frühjahrs-Ausstellung im Fürstengang.

Die ist ab diesem Donnerstag geöffnet - rund zwei Monate später als ursprünglich geplant.

"Schöne Neue Welt" lautet der Titel, zu dem sich 27 Künstler insgesamt 46 ganz unterschiedliche Exponate einfallen ließen. So verschieden wie Techniken und Materialien, die von Acryl und Aquarell über Öl, Mischtechnik, Holz, Tusche bis hin zu Radierungen, Pigmenten und Kollagen reichen, sind auch die Assoziationen, die die Künstler mit der "Schönen Neuen Welt" verbinden. Den Titel hat sich Elke Lechleiter-Koerner ausgedacht, ganz im Sinne von Aldous Huxleys gleichnamigem dystopischen Roman aus dem Jahr 1932, der heutzutage aktueller denn je erscheint.

Stilla Bauch hat "Quarantäne" in Ton gebannt, Annemarie Meilinger Menschen in wildem Materialmix "Vernetzt" oder "Verkabelt" - Letzteres gleich mit brennenden Lämpchen. Die vernetzten Personen balancieren - allein oder zu zweit mit genügendem Abstand zu den anderen - auf rot-schwarzen Drähten. Das Netz erscheint eher dünn gespannt - die Assoziation zur aktuellen Lage drängt sich somit auf. Die "Quarantäne" hat auch Gerhard Brandl beschäftigt. Neben der irritierenden Installation zeigt der Leidlinger eine ganz besondere "Kapitalanlage mit Zukunft" - ein grünes Etwas in Mischtechnik auf Graberde, serviert auf einem Silbertablett. Ein Werk, das Interpretationen geradezu herausfordert.

Josefine Psader stellt der "Schönen Alten Welt" eine "Schöne Neue Welt" gegenüber und Dieter Bauer stellt fest "Analog bröckelt, digital kommt". Was er anhand einer schräg liegenden beziehungsweise strauchelnden Person veranschaulicht, die sich zwischen altem Wählscheibentelefon und Kirchturmuhr abzustützen versucht, während sie selbst in Brüche geht und das nächste Kirchenfenster bereits eine Uhr mit Digitalanzeige trägt.

John Oehm hat seine Kamera mal nicht für stimmungsvoll bis mystische Landschaftsaufnahmen eingesetzt, sondern klare, metallische Strukturen fotografiert. "CO2" nennt er die aneinandergereihten Metallröhren, "Think tank" das moderne Bürogebäude mit markanten Glasfronten. Vier mal fünf Rechtecke mit den Buchstaben K, G, I sowie der Ziffer 5 verbindet Hans Märkl zu einem unbetitelten Quadrat, das in kräftigen Farben auf den Mobilfunkstandard 5G und Künstliche Intelligenz hinweist, während er mit seiner Skulptur "Postenpoker" deutlich sagt, in welche Richtung der Betrachter denken soll. Die Materialwahl verkrusteter Stahl auf Holz unterstreicht die Botschaft. Offensichtlich bedrohlich sieht auch Peter Katter die Situation seiner Skulptur "Einfach?", denn sie steht inmitten von Glasscherben.

Max Biller bleibt seinem Stil treu und zeigt eine Landschaft - diesmal ist der Schrobenhausener über die Landkreisgrenze an den Lech nach Klosterlechfeld gesprungen. Christel Rietze sieht einen bedrohlichen Himmel über der typischen Neuburger Schlosskulisse aufziehen. Einen historischen Bezug nach Amerika stellt Pavol Kurek mit "Im Neuen Land" her, das einen Planwagen vor einem Palisadenfort zeigt. Zum ersten Mal beim Kunstkreis stellt die Karlshulderin Kathrin Heinzinger aus. "A new beginning" hat sie ihr Exponat genannt, das einen Astronauten zeigt, der ein grünes Pflänzchen im All hegt. Ebenfalls erstmals dabei ist Renate Hecker mit zwei Aquarellen.

Der Besuch im Fürstengang lohnt ganz sicher, allein um die Botschaften der Künstler zu entziffern und darüber ins Gespräch zu kommen. Eine Vernissage findet nicht statt, Besucher müssen eine Maske tragen, sich in die ausgelegte Dokumentationsliste zur Nachverfolgung etwaiger Kontaktpersonen eintragen und die Hände vor betreten der Ausstellung desinfizieren, wie Petra Ballier aus dem Kulturamt erläuterte. Sie stattete der Hängemannschaft des Kunstkreises gemeinsam mit Mario Liesler einen Kurzbesuch ab. Während er augenzwinkernd androhte, quer über jedes Bild einen roten Aufkleber "Abstand halten" zu kleben, erklärte sie die Regeln für die Ausstellung. Die Aufsicht wird die Stadt Neuburg selber übernehmen, um sicherzustellen, dass die Auflagen eingehalten werden. Die Treppe des Fürstenganges wird von zwei Personen überwacht, um einen Einbahnverkehr herzustellen.

DK

INFO
Die Frühjahrs-Ausstellung des Kunstkreises, "Schöne Neue Welt" ist ab diesem Donnerstag bis einschließlich Sonntag, 14. Juni im Fürstengang zu besichtigen. Geöffnet ist donnerstags und freitags jeweils von 17 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 19 Uhr.