Neuburg
Ein Sprachgenie und lebensgroße Puppen

Josef Pretterer gastierte mit seinem Programm "Gen-ial" in der Kunstscheune

15.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:21 Uhr
Der Bub Pascal aus Köln stand im Mittelpunkt von Josef Pretterers Auftritt in der Kunstscheune. −Foto: Hamp

Neuburg (DK) In der Neuburger Kunstscheune stellte sich am Freitag einer der seltsamsten Kabarettisten, Künstler, Unterhalter, oder wie immer man den Sonderling Josef Pretterer bezeichnen mag, vors Publikum. Mit Figurpuppen, selbst gebastelt, hauchte er verschiedenen Spielszenen Leben ein.

Alleinunterhalter Josef Pretterer ist alles: Eine nicht loslassen wollende Mutter, die das große Kind - eine seiner Puppen - herum trägt, mit der Flasche, ja sogar noch mit der eigenen Brust füttern will; er spielt einen Opa, den kernig bayerischen Bauern Sepp Brandner, einen High-Tech-Organhändler von der Russen-Mafia und leiht seine Stimme seinen lebensgroßen Puppen. Da sind eine Eizelle und diverse Spermien, frustrierte Schutzengel, eine überkandidelte Therapeutin, Geiz und Gier sowie eine geile Sau und ein dummes Schwein.

Josef Pretterer erzählt Geschichten. Der Mittelpunkt an diesem Abend in seinem Programm "Gen-ial" war der Bub Pascal aus Köln. Seine "krallende" Mutter bespricht mit ihm, was er mal werden soll. Pascal selber will "Power-Ranger" werden. Die Mama weiß nicht, was das sein soll und schlägt ihm verschiedene Berufe vor, vom Professor bis zum Papst. Aber überall will sie mitkommen und ihn bekochen, was Pascal gar nicht gefällt. Für 14 Tage kommt er zum Opa Sepp Brandner nach Bayern aufs Land; da geht's ihm deutlich besser. Der schützt ihn vor einer Muttervergiftung. Das schlaue Kerlchen will aber vom Opa alles wissen, vor allem, wie die Kinder in den Bauch der Mama kommen. Opas Erklärung vom Storch überzeugt ihn nicht, so dass der Brandner Sepp gezwungen ist mit der Wahrheit heraus zu rücken. Das läuft über das "Kopfkino", in dem sich verschiedene Spermien bei der Eizelle um eine gemeinsame genetische Zukunft andienern. Es bewerben sich die Gene eines verknöcherten Erzkonservativen, eines leicht minderbemittelten Primitivlings und eines zur Untreue neigenden Gigolos. Alle werden abgelehnt, nur die Gene von Pascal können sich einschmeicheln. Gene leiten über zum Thema Gen-Manipulation zum Beispiel beim Mais, womit ein US-Konzern ein Monopol errichten und dabei viel Geld verdienen will. Dabei sei sowohl den Banken als auch den Großkonzernen allein der Profit wichtig. Geiz und Gier, zwei große hässliche Puppen, die eine mit Teufelshörnern, die andere mit einem riesigen Maul treten auf. Der Geiz kauft auch in Afrika Wasserrechte auf, "nur wer zahlt, darf trinken". Der Gier ist es wurscht, wenn bei Ölbohrungen die Meere versaut werden; Hauptsache ist, dass Geld herein kommt. Auch eine Gruppentherapeutin zieht Pretterer durch den Kakao. Mit ihrer Bachblütentherapie gehe das Leben den Bach hinunter. Älter werdende Frauen müssten bei ihr bei Vollmond am Arber nackt im Wechselschritt in die Wechseljahre wechseln. Und wer vor Gram nicht mehr weinen könne, dem empfehle sie Weinseminare im Weinkeller nach dem Motto: "Von der Heulsuse zur Weinkönigin.

Josef Pretterer ist ein Sprachgenie. 1948 bei Köln geboren spricht er inzwischen auf der Bühne ein astreines Oberbayrisch, so dass er 2001 sogar einen Förderpreis der Mundartfreunde Bayern bekam und als waschechter Münchner betitelt wurde. Mit und für seine Puppen sprechend kann er problemlos von Rheinländisch auf Bayrisch, von Mann zu Frau oder Kind, auf Norddeutsch oder Russisch-deutsch umschalten. Auf einen Zuruf aus dem Publikum, den er selber gefordert hat - es kam "Apfel" - entwickelte er aus dem Stand ein kleines Gedicht. Das Publikum in der Kunstscheune lachte herzlich, aber nicht überschwänglich. Lag es daran, dass das Lokal nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt war? Nur einer rief "Zugabe". Nach Rückfrage beim übrigen Publikum stellte er mit der Puppe Lydia die Mutter von Pascal vor.