Berlin
Ein Spiegel deutscher Geschichte

Vom "Blauen Engel" zu "Gute Zeiten, schlechte Zeiten": Arte-Doku über "100 Jahre UFA"

27.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:35 Uhr

Foto: DK

Berlin (DK) "Sie ist jünger als Persil und älter als Volkswagen", so ordnet die beliebte Schauspielerin Nadja Uhl zu Beginn der Dokumentation "100 Jahre UFA - Im Maschinenraum des deutschen Films" den ältesten und erfolgreichsten deutschen Filmkonzern zeitlich ein. 1917 wurde die UFA gegründet.

Der Name steht für deutsches Kino in guten wie in schlechten Zeiten - sowohl für visionäre Filme als auch perfide Propaganda. In ihren Produktionen spiegelt sich die deutsche Geschichte - vor allem der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Arte nimmt das 100. Gründungsjubiläum zum Anlass für eine Filmreihe, die den großen Bogen von der Stummfilmzeit bis heute schlägt.

Die UFA-Retrospektive "100 Jahre UFA - Ganz großes Kino" umfasst zahlreiche Spielfilme und zwei Dokumentarfilme in Erstausstrahlung. Sie werden an drei Montagen im August und September sowie zwei Montagen im Dezember gezeigt. Zu sehen sind Klassiker wie "Der Mann, der Sherlock Holmes war" und "Glückskinder", sogenannte Kulturfilme wie "Wege zu Kraft und Schönheit" (war ein großer Publikumserfolg), aber auch Propagandafilme aus der Nazi-Zeit wie "Titanic", die unter dem Deckmantel harmloser Unterhaltung Produkte einer perfekt organisierten Bewusstseinsindustrie waren.

Sämtliche Filme sind in aktuellen Restaurierungen der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung zu sehen. So gibt es ein Wiedersehen mit Lilian Harvey und Willy Fritsch, Brigitte Horney, Hans Albers und Heinz Rühmann. Den Auftakt macht "Münchhausen", ein Fantasyfilm mit großem Staraufgebot, der zu den teuersten Filmen der NS-Zeit gehört und wegen seiner Trickaufnahmen in die Filmgeschichte einging. Danach erzählt Sigrid Faltin in der Dokumentation "100 Jahre UFA" die bewegte Geschichte des Konzerns. Der Autorin ist ein fakten- und facettenreiches "Making of" der Firma gelungen. Es beginnt mit der Gründung auf Initiative von General Erich Ludendorff, der einen Filmkonzern wollte, der für das Land Propaganda macht. Dann geht es um die Bedeutung der UFA für die Weimarer Republik, die Einführung des Tonfilms und die Übernahme der Aktienmehrheit durch Alfred Hugenberg, der als bedeutendster bürgerlicher Wegbereiter des Nationalsozialismus gilt. Bald mussten Regisseure wie Billy Wilder oder Schauspieler wie Peter Lorre gehen, Joseph Goebbels forderte die totale Unterwerfung, und mit Durchhaltefilmen wollte man am Ende vom unaufhaltsamen Untergang ablenken.

"Die UFA spiegelt in zweierlei Hinsicht deutsche Geschichte", sagt Filmautorin Sigrid Faltin, "in ihrer Historie aber auch in ihren Filmen. Die deutsche Geschichte ist die Folie unseres Films, der rote Faden ist die Suche nach ihrer DNA." Ihr Film zeigt nicht nur die Macher und schildert, wie es nach dem Krieg weiterging, er erklärt auch, wie der Konzern heute aufgestellt ist.

Heute dränge es die UFA nur noch selten auf die große Leinwand, resümiert Filmemacherin Faltin. Das alte Filmschiff sei mittlerweile zu einem Fernsehboot geschrumpft. Wenn die UFA heute Kino macht, dann sind es Filme wie "Der Medicus" oder "Ich bin dann mal weg". Ansonsten heißt es: "Alles, was das Fernsehen braucht, hat die Ufa", so Klaudia Wick von der Deutschen Kinemathek. Dazu gehören Daily Soaps wie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" ebenso wie Quiz-, Casting- und Realityshows. Große Erfolge feiert die Ufa seit einiger Zeit mit ihren aufwendig produzierten TV-Mehrteilern von "Der Turm" (2012) bis "Der gleiche Himmel" (2017). Die historische ARD-Krankenhaus-Serie "Charité" ist ebenso eine UFA-Produktion wie der mit dem amerikanischen TV-Oscar Emmy ausgezeichnete ZDF-Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" mit Tom Schilling.