Ein Spatz als ganz besondere Mitgift

Liebhaber historischer Segelflugzeuge aus vielen Ländern treffen sich auf dem Schutzendorfer Flugplatz

06.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:00 Uhr
Ein Anblick, der das Herz höher schlagen lässt: Spatzen aus vielen Ländern vereint auf dem Flugplatz in Schutzendorf. −Foto: Karch

Schutzendorf - Höher, schneller, weiter - das sind nicht die Kriterien, um die sich an diesen Tagen alles dreht.

Gelassen durch die Lüfte gleiten, fachsimpeln, die verschiedenen Maschinen vergleichen oder sich einfach freuen, dass man ein paar sonnige Tage unter Gleichgesinnten verbringen kann: Das prägt die Atmosphäre auf dem Flugplatz bei Schutzendorf. Dorthin hat der Aero-Club Greding zum 38. Internationalen Spatzentreffen eingeladen.

Für den Verein ist das Treffen eine Premiere, die sich aber wunderbar ins Jubiläumsjahr des Flugplatzes einfügt, wie Aero-Club-Vorsitzender Josef Schneider unterstreicht. Denn heuer wird der Flugplatz 50 Jahre alt (Bericht folgt). Zum ersten Mal findet diese Zusammenkunft in Schutzendorf statt, organisiert von Vereinsmitglied Thomas Schröder. Rund 25 Spatzen - von der Firma Scheibe-Flugzeugbau in Dachau hergestellte historische Segelflugzeuge - haben sich den Schutzendorfer Flugplatz für einige Tage als Ziel gesetzt. Sie kommen dabei nicht nur aus Deutschland, sondern zum Beispiel auch aus Frankreich oder den Niederlanden. Wobei einige Niederländer ihre Teilnahme wegen verschärfter Coronaregelungen und einer Quarantänepflicht wieder zurückgezogen haben.

Als Sieger der Wettbewerbe des Treffens im vergangenen Jahr hat der Aero-Club die Ausrichtung des Treffens quasi "gewonnen". Wobei Thomas Schröder bei dem Begriff "Wettbewerb" selbst ein wenig grinsen muss. Denn zu den Disziplinen gehört nicht nur ein möglichst langer Flug, sondern zum Beispiel auch eine Boulerunde. "Der mit den meisten Punkten richtet das nächste Treffen aus" - so einfach ist das.

Zwar hat der Aero-Club selbst keinen einzigen Spatz, dafür ist er Mitglied beim Verein zur Förderung des historischen Segelflugs (VFhS), einer Vereinigung begeisterter Segelflieger, die historische Maschinen fliegen, reparieren und erhalten. Dort können sich die Mitglieder des Aero-Clubs jederzeit eines der 30 historischen Flugzeuge ausleihen.

Warum ihm das Fliegen alter Maschinen so gefällt, darüber muss Thomas Schröder nicht lange nachdenken. "Für mich ist das der Geruch", sagt er bestimmt. "Der Geruch nach Holz und Holzleim. " Dass der Spatz mit dem schönen Namen "Bergfalke" gerade mal 60 Kilometer pro Stunde schnell wird, während moderne Segelflugzeuge locker das Doppelte schaffen, ist für den Liebhaber des historischen Segelflugs gerade das Schöne. "Es geht halt alles ein wenig langsamer. "

Für den Fliegerkollegen Bernd Müller, der aus der Nähe von Darmstadt kommt, ist es das Alter der Flugzeuge, das den besonderen Charme ausmacht. "Es gibt ja Technikfreaks, die moderne Flugzeuge wollen, aber so einer bin ich nicht", erklärt er und fügt schmunzelnd hinzu: "Ich kann ja nicht einmal ein Handy richtig bedienen. "

Und dabei ist er doch fast eine Amtsperson. "Meine Fliegerkollegen haben mich zum Bürgermeister von Spatzenhausen ernannt", erzählt der begeisterte Segelflieger. Und es gibt sogar eine WhatsApp-Gruppe der Liebhaber des historischen Flugzeugs mit dem Namen Spatzenhausener Amtsblatt. Als sich herausgestellt hat, dass es in der Nähe von Murnau wirklich eine Gemeinde mit diesem Namen gibt, hat sich Müller mit deren Bürgermeisterin Aloisia Gastl in Verbindung gesetzt und ihr versichert, dass sein Titel nur ein temporärer und kein stationärer sei. Also überhaupt kein Fall von Amtsanmaßung, versichert der temporäre Bürgermeister von Spatzenhausen.

Und er freut sich schon auf seinen Flug, "in aller Ruhe". Von oben könne man sich wunderbar die Gegend ansehen und feststellen, was sich alles verändert habe.

Eine ganz besondere Beziehung hat auch Michael Beutel. der nördlich von Stuttgart daheim ist, zu seinem Flugzeug. Das stammt eigentlich von seinem Schwiegervater. "Meine Frau hat es als Aussteuer mit in die Ehe gebracht", sagt er und lacht. "Leintücher wären viel langweiliger gewesen. " Und wo haben sich die beiden kennengelernt? Natürlich auf dem Flugplatz. Und weil seine Frau aus Frankreich stammt, ist auch sein Spatz, Baujahr 69 wie er selbst, ein Franzose.

Auf dem Flugplatz tummeln sich aber nicht nur Liebhaber alter Flugzeuge, sondern auch richtige Fachleute. Hartmut Sammet ist so einer. Seine Firma hat 2006 die Rechte für die Musterbetreuung der Segelflugzeuge und Motorsegler in Gemischtbauweise sowie die Rechte zur Herstellung des SF 25 C-Falken erworben und hat dafür die neue Firma Scheibe-Aircraft-GmbH in Heubach gegründet. Vor genau 70 Jahren, kurz nachdem das Segelfliegen in Deutschland wieder erlaubt war, hat der Diplomingenieur Egon Scheibe die Firma Scheibe-Flugzeugbau in Dachau auf die Beine gestellt. Bis in die späten 90er-Jahre stellte er Segelflugzeuge und Motorsegler für die Schulung sowie den Leistungsflug her.

Aero-Club-Vorsitzender Josef Schneider erinnert sich noch gut an den Spatz. "Mit dem habe ich meinen ersten Alleinflug gemacht. " Und er hat am eigenen Leib erlebt, woher der Spatz seinen Namen hat. "Beim Anflug auf den Flugplatz pfeift der manchmal wie ein Spatz. "

Von einem Pfeifen ist an diesen Tagen auf dem Flugplatz aber nichts zu hören, schließlich kennen die Flieger ihre Maschinen durch und durch. Und beherrschen sie meisterlich. Einer um den anderen wird in die Lüfte geschleppt, um von dort oben auf einen geschäftigen Flugplatzbetrieb herunterzuschauen.

HK

Andrea Karch