Neuburg
Ein "Sommernachtstraum" als Leseprobe

Burghofbühne Dinslaken gastiert im Neuburger Stadttheater mit dem Shakespeare-Stück

19.01.2022 | Stand 23.01.2022, 3:35 Uhr
Der zornige Oberon und der zu allem Schabernack bereite Kobold Puck schmieden einen Plan, wie sich der Elfenkönig an seiner Frau rächen kann. −Foto: Budke

Neuburg - Verworren ist die Handlung in dem berühmten Shakespeare-Stück "Ein Sommernachtstraum" ohnehin, denn verschiedene Handlungsstränge sind mehrfach miteinander verwoben. In der Inszenierung von Mathias Spann mit der Burghofbühne Dinslaken wird eine weitere Rahmenhandlung hinzugefügt. Anscheinend verwirrte dies das Publikum im Neuburger Stadttheater nicht allzu sehr, denn das Gastspiel wurde mit reichlich Applaus belohnt.

Nach und nach finden sich die Schauspieler der Burghofbühne Dinslaken auf der Bühne im Neuburger Stadttheater ein und setzten sich an einen Tisch. Dabei ist der Zuschauerraum noch hell beleuchtet, das Publikum in den mit viel Abstand besetzten Reihen rechnet nicht mit dem Beginn der Vorstellung. Erst nach und nach verstummen die Gespräche im Parkett, man schaut neugierig auf die Darsteller, die in Skripten blättern, lesen, etwas Smalltalk betreiben und zu warten scheinen. Erst als der letzte Schauspieler die Bühne betritt, wird der Zuschauerraum abgedunkelt und es ist klar: Die Inszenierung hat schon längst begonnen. Das Ensemble trifft sich, so heißt es, zur ersten Leseprobe und jeder sieht: Die Vorfreude auf das Probieren und Spielen ist groß.

Mehr Figuren als Schauspieler

Als der Spielleiter prüft, ob jeder weiß, welche Rolle er spielt, schnellen die Arme der Darsteller nach oben. Weil aber der "Sommernachtstraum" weit mehr Figuren vorsieht als Schauspieler anwesend sind, kommt es zu Doppelt- und Dreifachbesetzungen - das ist der Moment, in dem sich mancher im Publikum fragt, ob er der Aufführung wird folgen können. Doch keine Sorge: Es gelingt. Selbst wer hier und da den Faden verliert, findet wieder herein und hat vor allem eins: Spaß an der ungewöhnlichen Umsetzung durch die Burghofbühne.

Die sieben Akteure toben sich in Alltagskleidung auf der Bühne aus. Sie lachen und jammern, lieben und hassen, umarmen und streiten, diskutieren, üben, probieren und es macht in jeder Minute Spaß, dem Ensemble zuzuschauen. Die Betonungen sind punktgenau, Mimik und Gestik sagen alles, was das Stück braucht und nehmen den Zuschauer mit auf die Reise nach Athen zu Theseus (Arno Kempf) und Hippolyte (Christiane Wilke), die heiraten wollen. Oder zu der Handwerkertruppe, die für das Hochzeitsfest ein Bühnenstück einübt. Zu Helena (Talisa Lara Schmid), die Demetrius (Matthias Guggenberger) liebt, aber an Lysander (Markus Penne) vergeben werden soll.

Zu Hermia (Norhild Reinicke) und Lysander, die sich lieben und davonlaufen möchten. Und zu dem Elfenkönig Oberon (Arno Kempf) und seiner Frau Titania (Christiane Wilke), deren Streit und die daraus folgenden Rachegedanken von Oberon der Verwirrung in dem Stück endgültig die Krone aufsetzen: Er beauftragt den Kobold Puck (Asim Odobasic), den Staub einer Blüte zu beschaffen, um Titania ein Streich zu spielen. Auf die Augen der Schlafenden gestreut, bewirkt der Zauber, dass sie sich in das erste Wesen verliebt, auf das ihr Blick beim Erwachen fällt. Dumm nur, dass Puck alles bestäubt, was ihm vor die Kartons kommt. Am Ende ist fast jeder mit dem Staub bedeckt - die Shakespeare-Geschichte nimmt ihren Lauf und die arme Titania verliebt sich in einen Esel.

Sprachliche Modernisierung im Text

Dessen Darstellung durch Arno Kempf macht den Zuschauern viel Spaß ebenso wie seine vielfachen "Fuck"-Rufe in der Rolle des Oberon - wohl gemerkt mit betontem u, damit es sich auf Puck reimt - als er erkennt, was er angerichtet hat.

Das ist schon sehr gelungen, wie sich sprachliche Modernisierungen in den Text einschleichen, ohne das Original zu stören. Es passt zu der ungebremsten Spielfreude des gespielten und das realen Ensembles, denn es unterstreicht den frischen Eindruck von Spontaneität. Etwa geht die Begeisterung in der Leseprobe mit Demetrius ein wenig durch und er erschießt Helena, die ihm mit ihrer Verliebtheit maßlos auf die Nerven geht, mit einer Taschenlampe. Das kommt beim restlichen Ensemble nicht gut an und wird wieder gestrichen. Tatsächlich ist das, was den Freund klassischen Theaters zunächst irritieren mag, ein gelungener Schachzug von Mathias Spann, der für die Inszenierung verantwortlich zeichnet: Durch den Rahmen der Leseprobe steht die Freude am Spiel im Mittelpunkt und sorgt so für eineinhalb Stunden Unbeschwertheit.

DK