Ingolstadt
Ein schwieriger Charakter

Ehedrama-Prozess: Angeklagter macht es Gericht und Verteidiger recht schwer - Polizisten sagen aus

21.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:19 Uhr
Schauplatz eines wilden Kampfes: Auf einer Weide zwischen Brunnen und Hohenried bemühen sich Rettungskräfte im Juli 2016 um eines der Opfer des mutmaßlichen Ehedramas. −Foto: Hofmann / Archiv

Ingolstadt (DK) Tag zwei im Berufungsprozess um das Ehedrama auf der Viehweide bei Hohenried im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen (DK berichtete am Mittwoch): Die 3.Strafkammer des Landgerichts hat sich gestern viel Zeit für die minutiöse Anhörung der an der Protokollierung und Aufklärung des Falls beteiligten Polizisten genommen.

Dabei wurde klar, dass die Beamten der Schrobenhausener Inspektion, die am 4. Juli 2016 die ersten Eindrücke am Ort des Geschehens gewonnen hatten, sehr schnell auf Umstände aufmerksam geworden waren, die auf einen kriminellen Hintergrund der kuriosen Karambolage der früheren Eheleute deuteten.

Die kleine Gemeindestraße nach Hohenried, von der die beiden beteiligten Autos auf die benachbarte Weide geschossen waren, verlaufe in diesem Abschnitt kerzengerade; sie sei an diesem Sommermorgen trocken und sauber gewesen, sagten die Streifenpolizisten und der bei dem Fall als Einsatzleiter hinzugestoßene stellvertretende Inspektionsleiter aus. Nichts habe Anlass zu der Vermutung gegeben, dass äußere Umstände den Ausflug der beiden Autos in die Botanik verursacht haben könnten.

Durch die bereits am Unfallort tätigen Rettungssanitäter des BRK, so hieß es unisono, sei die Aufmerksamkeit der Polizisten dann bald auf die verletzte Frau gelenkt worden, die einen Ersthelfer angeblich deutlich um Hilfe gebeten hatte, als ihr Ex-Mann sie nach dem Unfall aus ihrem Auto zerren wollte. Gegenüber einem Beamten, der dann mit der bereits im Rettungswagen behandelten Frau sprach, soll sie nach anfänglichem Widerstreben deutlich geäußert haben, dass ihr geschiedener Mann ihren Wagen von der Straße gedrängt und sie anschließend mit einer leeren Mineralwasserflasche traktiert habe. Er habe, so erinnerte sich der Streifenbeamte, deutlich vernommen, dass der Mann seine "Ex" angeblich habe "umbringen" wollen. Die Frau habe bei diesen Anschuldigungen auch "nicht hysterisch" gewirkt, ihre Angaben seien "plausibel" gewesen, so der Beamte, der damals auch die Verletzungen der Frau am Hals und am rechten Ohr fotografiert hatte.

Einige Tage nach dem Vorfall, als die Ermittlungen der Kripo in Richtung Straßenverkehrsgefährdung und eines möglichen Tötungsversuchs bereits in vollem Gange waren, wollte die verletzte Frau allerdings nichts mehr von ihren Vorwürfen und einer Strafverfolgung wissen. Ihr geschiedener Ehemann mache "so etwas normalerweise nicht", habe wohl einen "Aussetzer" gehabt, sagte die Geschädigte nach Auskunft des Sachbearbeiters der Kripo bei einem Telefonanruf.

Die Polizei konnte ihre Arbeit an diesem Fall allerdings nicht mehr einstellen - zu viel sprach nach den bereits vorliegenden Erkenntnissen für ein Offizialdelikt mit zwingendem Ermittlungsauftrag. Die Staatsanwaltschaft sah es ebenso, weshalb es 2017 auch zum Prozess vor dem Neuburger Schöffengericht gekommen war. Gegen dessen Urteil - zwei Jahre und vier Monaten Haft - geht der verurteilte Mann jetzt im Berufungsprozess an.

Der inzwischen 62-jährige Angeklagte aus dem Donaumoos ist ein in mancher Hinsicht auffälliger Zeitgenosse: Er fordert dem Vorsitzenden Konrad Riedel und auch seinem Pflichtverteidiger im Prozess mit seiner ignoranten, verstockten Art immer wieder viel Geduld ab. Oft vergehen viele Sekunden, bevor er auf Fragen reagiert; mitunter scheint er Zusammenhänge und gerade ausführlich besprochene Sachverhalte nicht zu verstehen oder nicht verstehen zu wollen.

Der bisweilen regelrecht zermürbt wirkende Verteidiger ließ sich dieserhalb gestern zu einer Äußerung hinreißen: "Ich gebe die Erklärung ab, dass ich keine Erklärung abgebe, weil es mir nicht möglich ist, den Willen meines Mandanten zu erfahren. " Angesichts des offenbar schwierigen Charakters des Angeklagten sind Prozessbeobachter auf die psychiatrische Beurteilung durch den Landgerichtsarzt gespannt. Das Verfahren wird am 28. März fortgesetzt.
 

Bernd Heimerl