Ingolstadt
Ein Schuss vor den Bug

17-Jähriger spürt spät die Folgen eines ausländerfeindlichen Postings

05.05.2021 | Stand 08.05.2021, 3:33 Uhr

Ingolstadt - Die jugendliche Unbekümmertheit ist so alt wie die Menschheit, doch in rechtsstaatlichen Gemeinwesen kann sie nicht stets und ständig Verfehlungen entschuldigen, die vom Gesetz gezogene Linien überschreiten.

Das musste jetzt auch ein 17-jähriger Ingolstädter spüren, der sich wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht zu verantworten hatte. Er hatte als 15-Jähriger über ein soziales Netzwerk im Internet ein kompromittierendes Foto eines afrikanischen Kindes mit abfälligen Anmerkungen gepostet - für die Staatsanwaltschaft eine strafwürdige Handlung.

Auch Jugendrichter Christian Schilcher sah das letztlich so und brummte dem jungen Mann für seine rassistische Schmähung 20 gemeinnützige Arbeitsstunden und acht Termine beim Verein Jugendhilfe auf, wo er unter Anleitung und Aufsicht jeweils Lektionen zu lesen hat, die seine soziale Bildung fördern sollen. Solch eine richterliche Weisung ist noch keine wirkliche Strafe, sondern muss als Schuss vor den Bug verstanden werden, der einem Jugendlichen als Anstoß dienen soll, künftig nicht mehr gedankenlos strafbewehrte Handlungen zu begehen.

Der Fall wirft nur ein Schlaglicht auf ein wahres Dickicht von Entgleisungen und Geschmacklosigkeiten aller Art, die sich in Foren im Internet, eben auch in den bei jungen Leuten besonders beliebten Netzwerken, leicht finden lassen, wenn man nur danach sucht. Dass es unter Kindern oder Heranwachsenden mitunter als "cool" gilt, wenn man sich grenzwertige oder noch schlimmere Dinge zupostet, ist ein seit Jahren schwelendes Problem, dem die Justiz nicht tatenlos gegenüberstehen will.

Laut Jugendrichter Schilcher gibt es mittlerweile regelrechte Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die krasseren Fällen nachgehen und so mitunter ganze Täterketten nachvollziehen können. Je nach Lage der Dinge kommt es dann (bei Strafmündigen) auch zu Ermittlungsverfahren, die die Beschuldigten einholen, wenn diese vielleicht schon gar nicht mehr an ihre einstigen Postings denken. Auch im vorliegenden Fall lag das Anlassdelikt ja bereits rund zwei Jahre zurück.

hl