Ingolstadt
Ein schmutziger Scheidungskrieg

Beleidigende Aktion in der Öffentlichkeit bringt Ehemann vor den Strafrichter

12.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:58 Uhr

Ingolstadt (DK) Szenen einer Ehe vor Gericht - allerdings nicht vor dem Familienrichter. Vielmehr war es Strafrichter Michael Fein, der sich gestern bei der Verhandlung gegen einen 46-jährigen Mann aus dem Landkreis Eichstätt mit viel schmutziger Wäsche aus einem Scheidungskrieg konfrontiert sah.

Es ging um ein Delikt, das die Staatsanwaltschaft als Beleidigung eingestuft und mit einem Strafbefehl über 50 Tagessätze geahndet hatte: Der Ehemann soll demnach seine Noch-Gattin mit Sexspielzeug aus dem vormals gemeinsamen Schlafzimmer kompromittiert haben - und das quasi in der Öffentlichkeit.

Die Frau arbeitet als Erzieherin in einem Kindergarten im Ingolstädter Umland; zum angeblichen Tatzeitpunkt war sie noch in der Probezeit. Ihre Kolleginnen sollen dort im vergangenen Sommer eines Morgens vor Öffnung der Betreuungseinrichtung den Eingangsbereich mit allerlei einschlägigen Artikeln aus einem Sexshop dekoriert vorgefunden haben - dazu die Handynummer der neuen Kollegin mit Farbe auf den Asphalt aufgesprüht.

Noch bevor Kinder und deren Eltern auftauchten, wurde die eigenwillige "Ausstellung" entfernt. Die offensichtlich mit der Aktion gemeinte Frau hatte sofort ihren Noch-Ehemann in Verdacht, der sich bereits zuvor im Umgang mit ihr und den beiden Kindern einige fragwürdige Eskapaden geleistet und immer wieder mal mit Selbstmord gedroht haben soll.

Der Mann stritt zwar alles ab und verdächtigte vielmehr den neuen Freund seiner Frau, die geschmacklose Schau abgezogen zu haben - um damit ihn, den Ehemann, in ein schräges Licht zu rücken. Die Ermittler bei Polizei und Staatsanwaltschaft konnten dieser Deutung allerdings nicht viel abgewinnen und fanden es viel schlüssiger, dass der Gatte in dem mit "Rosenkrieg" wohl viel zu freundlich beschriebenen Scheidungsdrama eine neue Eskalation gesucht hatte und dabei zu weit gegangen war.

Vorsitzender Fein hörte gestern die kompromittierte Frau ausführlich an und erfuhr dabei, dass sie sich durch die häufigen depressiven Phasen und Selbstmorddrohungen ihres Mannes im Laufe der Zeit selbst unter enormem Stress gesehen hatte. Der Angeklagte wollte das alles offenbar nicht wahrhaben und wiegelte immer wieder ab. Für den Amtsrichter rundete sich allerdings das Bild einer äußerst belasteten Beziehung, bei der letztlich vom Ehemann auch die Grenze zum Strafrecht überschritten worden war. Er riet dem Angeklagten dringend, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß zu beschränken.

So kam es dann auch. Der Mann gab zwar weiterhin nichts zu, zeigte sich aber letztlich bereit, ein milderes Urteil zu akzeptieren. Jetzt soll er einen kleineren Tagessatz zahlen. Ein geringes Strafmaß sei mit Blick auf seine Arbeit "im Sicherheitsbereich" bedeutend, hatte er in der Verhandlung zu bedenken gegeben. Er deutete auch an, dass er erst jüngst beruflich bedingt eine Waffenbesitzkarte erhalten habe. Das ließ Gericht und Staatsanwaltschaft natürlich aufmerken.

Allerdings war in diesem Verfahren nicht zu klären, warum jemand, der - jedenfalls nach den Einlassungen der Ehefrau - möglicherweise größere psychische Probleme hat, von seinem Arbeitgeber in die Lage versetzt wird, an Schusswaffen zu gelangen. Da ist jetzt offenbar die zuständige Verwaltungsbehörde gefragt.