Hilpoltstein
Ein schier aussichtsloses Unterfangen

Die Luftpistolenschützen der FSG Hilpoltstein starten an diesem Wochenende als krasser Außenseiter in die 1. Bundesliga

30.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:44 Uhr

Die Stammmannschaft des FSG Hilpoltstein für die 1. Bundesliga Süd der Luftpistolenschützen: Karl Schmidt aus Obermässing, Stefan Schwab aus Dittenheim, Maxim Konradi aus Oberasbach, Sebastian Burger aus Hechlingen, Alexander Engel aus Hilpoltstein und Trainer Rainer Leonhardt aus Roth (von links oben nach rechts unten). Nicht im Bild sind die beiden Ersatzschützen Stefan Lutz und Tobias Maisel - Fotos: FSG Hilpoltstein

Hilpoltstein (HK) Bundesligasport in Hilpoltstein – das gibt es nicht nur bei der Tischtennisabteilung des TV: Zum zweiten Mal in der Geschichte der FSG Hilpoltstein hat sich das Luftpistolenteam für die 1. Bundesliga Süd qualifiziert. Allerdings sind die sportlichen Aussichten vor dem Saisonstart am Wochenende so schlecht wie beim ersten, sieglosen Gastspiel vor neun Jahren.

Der Aufstieg in die erste Bundesliga ist für die meisten Sportler ein Lebenstraum. Wer sich nun aber bei den Hilpoltsteiner Luftpistolenschützen auf die Suche nach der Aufstiegseuphorie begibt, der kann seine Suche nach einem Gespräch mit Robert Landmann eigentlich gleich wieder einstellen. Denn noch bevor am Samstag der erste Schuss in der neuen Erstligasaison abgefeuert ist, geht der Hilpoltsteiner Schützenmeister schon fest davon aus, dass es für sein Team auch dieses Mal nichts zu holen gibt. „Eigentlich sind wir in der ersten Liga völlig fehl am Platz“, sagt Landmann, der die erste Luftpistolenmannschaft der FSG Hilpoltstein schon seit vielen Jahren betreut. „Aber wir nehmen es halt, wie es kommt.“

Wie es mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen wird, liest Robert Landmann aus den vielen Listen ab, die er in einem dicken Ordner gesammelt hat. Darin enthalten sind unter anderem die Aufstellungen der gegnerischen Mannschaften und ihre durchschnittlichen Leistungen in der vergangenen Saison. Und wenn man diese Listen also durchgeht, bleibt nicht mehr viel Platz für sportliche Träumereien. Nicht weniger als 27 internationale Spitzenschützen, die bis aus Japan kommen, haben die Hilpoltsteiner Konkurrenten in ihren Reihen. Viele davon könnten Durchschnittsleistungen aufweisen, die von den meisten der Hilpoltsteiner Aufsteigern in ihrer gesamten Karriere noch nicht geschossen wurden. Neben der FSG, die mit Karl Schmidt (48), Stefan Schwab (39), Maximi Konradi (38), Sebastian Burger (30) und Alexander Engel (38) in unveränderter Stammbesetzung antritt, gibt es nur noch ein einziges Team, das ebenfalls auf ausländische Unterstützung verzichtet.

Mit dieser ersten Liga, die unter den Luftpistolenschützen als stärkste Liga der Welt gilt, „haben wir eigentlich nichts am Hut“, sagt der Schützenmeister der FSG. Aber wenn sie schon mal da sind, wollen die Hilpoltsteiner wenigstens die Gelegenheit nutzen, um weitere Erstligaerfahrungen zu sammeln. Auch wenn es wohl wieder nichts zu gewinnen gibt wie schon beim ersten Gastspiel in der Saison 2006/07. Sieben Wettkämpfe, sieben Niederlagen, so lautete damals die Bilanz. Gleich elf Niederlagen drohen jetzt, nachdem die 1. Liga wegen einer Reform des Deutschen Schützenbundes von acht auf zwölf Teams aufgestockt wurde. Deshalb reichte den Hilpoltsteinern im vergangenen Jahr auch schon der vierte Tabellenplatz zum Aufstieg. „Eigentlich sind wir ja eher raufgehoben worden“, sagt Landmann. „Dabei fühlen wir uns in der 2. Liga viel wohler.“

Nicht zuletzt, weil der organisatorische Aufwand für Mannschaftsbetreuer Landmann in der 1. Liga um ein Vielfaches größer geworden ist. Einen ganzen Ordner voller Papiere muss er bei jedem Wettkampf dabei haben. Von den einheitlich gestalteten Rückenschildern bis zur Anti-Doping-Erklärung, die neben den Schützen auch Trainer Rainer Leonhardt und Betreuer Landmann unterzeichnen müssen.

Auch finanziell ist die 1. Liga eine Herausforderung für die FSG Hilpoltstein, auch wenn sich die Kosten im Vergleich zu anderen Sportarten äußerst bescheiden ausnehmen. Rund 6000 Euro wird die Erstligasaison den Schützenverein kosten. Zum Vergleich: Der Saisonetat des Hilpoltsteiner Tischtennisteams in der 2. Bundesliga ist etwa zehn Mal so hoch. Bei einigen potenziellen Sponsoren in Hilpoltstein und der Umgebung hat der Schützenmeister auch zu hören bekommen, dass nach einem Zuschuss für die Tischtennisspieler jetzt leider kein Geld mehr da sei für die Schützen. Ein paar Gönner hat die FSG dann aber doch noch gefunden. Wenigstens 2000 Euro kamen so zusammen, den Rest der Kosten wird der Schützenverein tragen. „Das wird uns nicht ruinieren.“

Gespart werden soll trotzdem, auch weil der Verein wie geplant die zinslosen Darlehen seiner Mitglieder für den Kauf des Schützenhauses am Kreuzwirtskeller abbezahlen will. An den meisten Wettkampfwochenenden, die auswärts stattfinden, fahren die Hilpoltsteiner Schützen am Samstagabend wieder heim und am Sonntagfrüh wieder hin, um die teure Übernachtung zu sparen. Insgesamt kommen so aber rund 2200 Kilometer zusammen, die im gemieteten Kleinbus zurückgelegt werden müssen. „Das ist schon eine Tortur, wenn man weiß, dass man so gut wie sicher absteigt“, sagt Robert Landmann. Seit der ersten Hilpoltsteiner Erstligasaison sind alle Aufsteiger sofort wieder abgestiegen, die meisten davon ohne Sieg. „Deshalb wäre es schon schön, wenn wir wenigstens einen Sieg erhaschen könnten.“ Und wenn es erst beim Hilpoltsteiner Heimwettkampf zum Saisonabschluss am 9./10 Januar 2016 in der Stadthalle ist.

Eine wahre Sensation wäre es, wenn es mit dem erträumten Erfolgserlebnis gleich zum Saisonstart an diesem Wochenende in Kelheim klappen würde. Denn am Sonntag ab 13 Uhr ist der Gegner der amtierende deutsche Meister SV Kelheim-Gmünd. Und kaum größer scheinen die Chancen am Samstag ab 17.30 Uhr im Duell mit dem SV Altheim Waldhausen, zumal die Hilpoltsteiner nicht in Bestbesetzung antreten können. Mannschaftsbetreuer Robert Landmann muss auf Sebastian Burger und auch auf den ersten Ersatzmann Stefan Lutz verzichten. Einspringen müssen der 65-jährige Trainer Rainer Leonhardt und Tobias Maisel, der somit seine Wettkampfpremiere für die FSG Hilpoltstein gleich in der 1. Bundesliga bestreiten darf. Nach seinem beruflich bedingten Umzug nach Hilpoltstein war er in den vergangenen beiden Jahren noch für seinen Heimatverein in Bayreuth in den Rundenwettkämpfen angetreten. „Aber egal in welcher Besetzung und wie es am Ende rausgeht – dieses Team ist so gut zusammengewachsen, dass wir auch einen Abstieg gut verkraften“, sagt Robert Landmann, der an den drittletzten Tabellenplatz, der zum Klassenerhalt reicht, gar nicht erst zu denken wagt.