Nürnberg
Ein Poster für das Pellerhaus

An dem Renaissancegebäude scheiden sich die Geister - Altstadtfreunde wollen zurück in die Vergangenheit

27.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:13 Uhr
Den historischen Lückenschluss möchten die Altsstadtfreunde am Egidienplatz und die 50er-Jahre Fassade in der Mitte ausmerzen. −Foto: Foto: Noll

Nürnberg (HK) Die Kontroverse um die Rekonstruktion des Bürgerhauses in Nürnberg hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Nun soll ein Riesenfoto an der Fassade für den Wiederaufbau werben.

Der Vorsitzende der Altstadtfreunde, Karl-Heinz Enderle, will eine bedruckte Plane mit dem Bild der Originalfassade vor dem ungeliebten Nachkriegsbau anbringen lassen. Anschließend sollen sich die Bürger mit eigenen Augen eine Meinung bilden können. Enderle will damit die Stadtspitze von der Idee eines Wiederaufbaus überzeugen. Die CSU unterstützt den Antrag. Damit dürfte Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) unter Druck geraten.

Am Pellerhaus scheiden sich die Geister. Seit Jahren tobt in Nürnberg ein Streit um das Bürgerhaus. Die einen wollen die verlorene Renaissancefassade wieder aufbauen und das marode Nachkriegsgebäude dafür teilweise abreißen. Die anderen wollen den denkmalgeschützten Bibliotheksbau vor der Abrissbirne schützen und befürchten eine Geschichtsfälschung.

Vor zehn Jahren haben die Altstadtfreunde begonnen, den prächtigen Innenhof nach alten Plänen originalgetreu wieder aufzubauen. Die Stadt hatte die Altstadtfreunde nach heftigen Debatten schließlich gewähren lassen. Auch weil der Verein keinen Cent verlangte und die Kosten in Höhe von fünf Millionen Euro durch Spenden finanzierte. Nach dem gleichen Muster wollen die Altstadtfreunde den Entscheidungsträgern im Rathaus nun auch die Rekonstruktion der historischen Fassade schmackhaft machen. Bislang verfolgt man im Rathaus allerdings andere Pläne. Derzeit plant die Stadt eine Generalsanierung des maroden Nachkriegsbaus. Die Stadt rechnet mit Kosten in Höhe von rund 24 Millionen Euro. Anschließend soll in dem Bibliotheksgebäude mit seinen niedrigen Archivstockwerken ein "Haus des Spielens" entstehen.

Genau diese Pläne stellen Karl-Heinz Enderle und seine Altstadtfreunde mit ihrem verlockenden Alternativvorschlag in Frage. Anstatt der kostspieligen Restaurierung des Nachkriegsbaus bieten die Altstadtfreunde der Stadt eine kostenlose Rekonstruktion der Fassade an. Enderle ist sich sicher, dass er für den Wiederaufbau ebenfalls Spendengelder auftreiben könnte. Schließlich sei bereits bei der Rekonstruktion des Innenhofes die Spendenbereitschaft enorm gewesen. Allein die Nürnberger Unternehmerfamilie Diehl habe 1,5 Millionen Euro gespendet, sagt Enderle. In etwa zwei Jahren wollen die Altstadtfreunde mit dem Wiederaufbau des Innenhofes fertig sein. Dann könnten die Altstadtfreunde mit der Rekonstruktion der Fassade nahtlos weitermachen. Wenn die Stadt mitspielt.

Jürgen Dörfler von den Freien Wählern hat dem Kämmerer bereits empfohlen, das großzügige Angebot der Altstadtfreunde anzunehmen. "Wir würden weltberühmte Renaissance-Architektur zum Nulltarif bekommen", betont Dörfler.

Bislang hat sich die Stadtspitze von dem Gratis-Faktor nicht beeindrucken lassen. Deswegen hat Enderle einen neuen Vorschlag unterbreitet, der ebenfalls nichts kosten soll. Er will ein Poster mit dem Bild der historischen Fassade vor dem Nachkriegsbau anbringen lassen. Die CSU unterstützt diesen Vorstoß und hat die Verwaltung bereits aufgefordert, die notwendige Genehmigung zu erteilen. "Mit diesem Großdruck kann man die Frontansicht auf das Pellerhaus im Vorkriegszustand perfekt simulieren, ohne in das Gebäude einzugreifen", sagt CSU-Fraktionschef Marcus König.

Auf die Meinung der Bürger zielt Enderle mit seinem Poster-Vorschlag. Das Kalkül: Die Bürger wollen ebenfalls die historische Prachtfassade am Egidienberg zurück. Die Mehrheit der Nürnberger hätten den auf den Überresten des alten Pellerhauses errichteten Nachkriegsbau schon immer abgelehnt, behauptet Enderle und fragt die Stadt, mit welchen Argumenten diese die Visualisierung nun noch verhindern wolle? Enderle geht davon aus, dass die Reaktion der Bürger eindeutig zu seinem Gunsten ausfallen wird, wenn das Bild des berühmtesten Nürnberger Hauses als großformatiges Poster im Originalmaßstab zu sehen ist.

Nikolas Pelke