Ingolstadt
Ein neuer Sound

Tobias Hofmann macht einen Liederabend über die 68er-Generation

03.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:17 Uhr
Das Personal aus dem Liederabend "Achtundsechzig": Ralf Lichtenberg, Dea Froh, Peter Reisser (oben, von links), Renate Knollmann, Richard Putzinger und Jan Gebauer (unten, von links). −Foto: Stadtheater

Ingolstadt (DK) 1968 ist ein bewegtes Jahr: Der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. stirbt bei einem Attentat in Memphis, Tennessee. Nur wenige Tage später wird auf Rudi Dutschke geschossen, er erleidet schwere Hirnverletzungen, an deren Spätfolgen er 1979 stirbt. Johnny Cash gibt ein legendäres Konzert im Folsom State Prison. Bei der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten siegt der Republikaner Richard Nixon. Mit Apollo 8 wird die erste bemannte Mondumkreisung durchgeführt. Und Italien gewinnt die Fußball-EM im eigenen Land.

"Achtundsechzig" heißt der neue Liederabend von Tobias Hofmann, der am Donnerstagabend im Kleinen Haus des Stadttheaters Ingolstadt Premiere feiert. Der Musiker und Regisseur hat sich mit der Musik des letzten Jahrhunderts sehr grundsätzlich beschäftigt. Für "Abends, wenn die Lichter glühn" waren das die Lieder aus den den 20er- und 30er-Jahren. "Eine schöne Zeit, weil da die Texte frech sind und die Musik sehr pfiffig und unterhaltsam ist", meint er. Der zweite Liederabend beleuchtete die Wirtschaftswunderzeit. "Stilistisch ist das deutlich enger gewesen, weil man sich eingekapselt hatte in so einer Wohlfühlblase. Man wollte nach den Schrecken des Krieges der Wirklichkeit nicht mehr gern ins Gesicht gucken und hatte sich eine Scheinwelt aufgebaut." Schon während dieser Arbeit hatte sich Tobias Hofmann Gedanken über die Fortsetzung gemacht.

Und hatte zugleich Bedenken. "Die Betrachtung des Jahres 1968 ist keine einfache - zumal sich da sehr viele Leute um die Deutungshoheit streiten. Und das sind sehr verbitterte ideologische Kämpfe. Das hat mich eigentlich ein bisschen ausgebremst." Trotzdem hat er nun einen Liederabend über das Jahr 1968 konzipiert. "Natürlich hat es nicht den Anspruch einer realistischen Darstellung, und in Liedern gibt es ja immer eine kleine Zuspitzung."

In "Achtundsechzig" geht es um einen jungen Mann, einen Studenten, der zu Hause bei den Eltern lebt und in Kontakt kommt mit einer anderen Welt - "nämlich der neuen deutschen Jugend, die sich aufmacht, das Neue zu entdecken, den Widerstand zu suchen und zu kultivieren", berichtet Tobias Hofmann. "Das ist es, was die Zeit für mich ausmacht: Dass man zwei Welten hat, die im Grunde auch ein bisschen nebeneinander stehen und letzten Endes unversöhnlich bleiben. Und man hört Lieder, die eben genau die zwei Welten für mich ausmachen. "

Schlager von Peter Alexander, Heintje und Freddy Quinn, die in diesem Jahr en vogue waren, auf der einen Seite, Musik von den Rolling Stones, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Franz Josef Degenhardt ("der für mich so ein bisschen der Chronist des Jahres ist") auf der anderen. "1968 waren es vor allem die englischsprachigen, amerikanischen Sachen, die diesen Protest ausgedrückt haben. Im deutschsprachigen Bereich kommt vieles - beispielsweise Rio Reiser - erst später", erklärt Tobias Hofmann.

Während die Schauspieler Andrea Frohn, Renate Knollmann, Jan Gebauer, Ralf Lichtenberg, Peter Reisser und Richard Putzinger singen, wird er selbst in seiner vierköpfigen Band am Schlagzeug sitzen. Gibt es auch ungewöhnliche Instrumente? "Die E-Gitarre ist für diese Zeit ein neues Instrument. Und so setzen wir sie auch ein. Der Sound, den diese elektronische Musik plötzlich in die deutsche Wirklichkeit bringt, der ist für deutsche Ohren etwas Neues", meint Tobias Hofmann.

Und wie geht es weiter auf der musikalischen Zeitreise? "Man könnte in die 70er gehen und die Hippie-Zeit auf die Spitze treiben. Das ist im aktuellen Liederabend noch sehr zart. Die 80er kann ich mir auch gut vorstellen. Die sind politisch - schon wegen der Maueröffnung - sehr spannend. Aber dann verläuft es sich. Das Heute ist so komplex, man ist manchmal überfordert mit dem Vielklang. Es ist bunt - aber lässt sich nicht klar fassen."

Premiere ist am Donnerstag um 20 Uhr im Kleinen Haus des Stadttheaters. Kartentelefon (0841) 30547200.

Anja Witzke