Neuburg
Ein musikalisches Feuer abgebrannt

Hofmusik, Hoftänzer, Madrigalchor, Windrose und Liederkanz gestalten zum 25. Schlossfest ein besonderes Abendkonzert im Schlosshof

07.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:41 Uhr
Josef Heumann
Vielschichtig, vielschillernd wie die Zeit, die da gefeiert wurde, gab sich die Serenade vereinter Schlossfest-Kräfte am Freitag im Schlosshof. −Foto: Heumann

Neuburg (DK) Jetzt ist pure Masse allein kaum ein Qualitätsmerkmal, jedenfalls selten in künstlerischen Dingen.

Aber wacker 120 Akteure auf der Bühne, die sich ganz alter Musik (und Tanz) verschrieben haben, sind gewiss nicht alltäglich und werfen deshalb ein beredtes Schlaglicht auf das Fest im Schlossfest - jenseits des lauten, fröhlichen, aber auch gewöhnlichen Spektakels.

Das sein soll, das sein muss, feiert eine Stadt ihre Geschichte und voran auch sich selbst, begeistert damit mehr denn je auch junge Menschen, für die das Fest eine zweimal sechzigstündige Dauerparty ist. Aber das Schlossfest entfacht auch ein fürwahr einmaliges Kreativpotenzial. Was sich die Leute nicht alles einfallen lassen, Altes ausgraben, Pseudoaltes neu wie zumeist höchst lustvoll erfinden, die Stadt wird zur Bühne.

Am Freitagabend nun eine Serenade, die wenn man so will, die musikalische Quintessenz der ganzen sechs Tage noch einmal filterte, kristallin funkeln ließ. Oder historisch absolut unkorrekt formuliert: ein echtes "Best-of bot". Dass dabei der Neuburger Hofmusik die Leaderfunktion zukam, hat seinen guten und ein Stück weit bewundernswerten Grund. Bildet die Formation - zusammen selbstredend mit dem Steckenreitertanz - die Keimzelle des kulturellen Schlossfestes.

Die Hofmusik war von Anfang an dabei. Waren diese Anfänge vielleicht auch etwas bescheiden, ist da und in jüngster Zeit nochmals forciert ein höchst formidabler Klangkörper herangereift. Darüber hinaus hat ganz entscheidend die Neuburger Hofmusik einen wahren Flächenbrand entfacht, dass es heute in der Region eine richtige Alte-Musik-Szene gibt. Da trugen mit der Zeit andere Impulse auch bei - aber einmal ehrlich: 1976 gab's da so viel noch nirgends. Plötzlich nun Notenbilder, die sich nur bedingt mit heutigen verstanden, und noch schlimmer dann im Ergebnis, wurde das Alte ganz mit der Neuzeit-Brille gespielt. Die Klangfarbe der bis dahin kaum gesehenen Instrumente war höchst gewöhnungsbedürftig, für Akteure wie Zuhörerschaft gleichermaßen - wenn etwas schon Krummhorn heißt (und genauso klingt). Es dauerte schon. Auch dem hartnäckig verfestigten Gefühl zu begegnen, dass die Musikgeschichte fortan mit gutem Grund mächtig voran und darüber hinweg geschritten war.

Besser als diese Serenade, Jahre, Jahrzehnte später jetzt im bestens besuchten Schlosshof kann schwerlich der Erweis gelingen, wie frisch, jung und alles andere als nur irgendwie altbacken ziemlich präzise 500 Jahre alte Musik sein kann. Es ist, wird sie gespielt, gesungen, betanzt wie jetzt in der vereinten Künstlerschaft von Hofmusik plus Madrigalchor plus Liederkranz plus Windrose, dazu die Hoftänzer und Vertreter des Feuertheaters. Jeder der Akteure, alle im Dienste der gleichen Sache im Grunde, bringt seine eigene Färbung herein, das Konzert ist erfreulich undogmatisch und doch so ganz authentisch.

Zweifelsohne tut Nicola Göbel der Hofmusik ausgesprochen gut, tut Gabriella Lay dem Madrigalchor ausgesprochen gut, stehen Liederkranz und längst auch die Windrose für Beständigkeit und Qualität gleichermaßen. Hier die stets wirkende romantische Chortradition, dort ein sich über die Jahre erhaltener jugendlicher Impetus - gleich aus welcher Ecke, da brennt ein Feuer fern jeder Pflichtübung, weil halt alle zwei Jahre Schlossfest ist. Das "Vivat hoch" aus 500 Kehlen galt allen und zwei Menschen doch im ganz Besonderen. Ulrike Stuhlfelder, Choreographin der Hoftänzer, und ihr Mann Jörg Lemke heirateten justament an diesem Freitag (wir berichteten) und tanzten jetzt ihren ganz besonderen, sicherlich einmaligen Hochzeitstanz. "Alles Walzer" - aus gegebenem Anlass diesmal garantiert nicht!

Josef Heumann