Ein Mord ohne Leiche

"Polizeiruf 110" als Sozialstudie einer Dorfgemeinschaft

09.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:08 Uhr
Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) befragt Bauer Paul Funke (Urs Rechn). −Foto: ARD

(DK) Mit einer klassischen Whodunit-Geschichte beendet die ARD ihre Sonntagskrimi-Sommerpause.

Bereits der Titel macht klar, wo die Reise hingeht, denn im neuen "Polizeiruf 110" aus Magdeburg treffen die Kommissare auf eine "Mörderische Dorfgemeinschaft". Doch um den (die? ) Täter zu überführen, brauchen sie eine Leiche.

"Hier möchte man nicht tot überm Zaun hängen", sagt Kommissarin Doreen Brasch, als sie mit ihrem Kollegen Dirk Köhler in einen Wald fährt, wo ein PKW entdeckt wurde mit dem Kofferraum voller Blut. Halter des Wagens ist ein gewisser Jurij Rehberg. Der ist verschwunden. Im Dorf, in dem er lebte, war er nicht nur beliebt. Seine schwangere Verlobte Annette (Katharina Heyer) sorgt sich, anderen scheint sein Schicksal egal zu sein.

Der Russe wusste, wie man Menschen einfing und benutzte. Ein windiger Bursche, der den Frauen den Kopf verdrehte und sich Feinde machte. Der Dorfbäcker sah ihn als seinen Freund an, seine Mutter (Jutta Wachowiak) und seine Frau mochten ihn nicht. Der Kfz-Mechaniker war auf ihn nicht gut zu sprechen. Und Anettes Vater beunruhigt sein Verschwinden nicht sonderlich. Da stellt sich heraus, dass das Blut im Auto von Jurij stammt. Doch von der Leiche fehlt jede Spur. "Keine Leiche - kein Mord, kein Mord - kein Mörder! ", sagt einer der Verdächtigen. So beginnt die Suche ohne die Mithilfe durch die Menschen im Dorf. Katrin Bühlig, erfolgreiche Drehbuchautorin (Fernseh-Preis für "Bella Block: Weiße Nächte") und Regisseurin (Grimme-Preis für den Dokumentarfilm "Restrisiko") hat dieses Krimidrama geschrieben, ein Psychogramm einer Dorfgemeinschaft samt tödlicher Gruppendynamik. Die Ermittlungen werden zur Sozialstudie. Regisseur Philipp Leinemann ("Wir waren Könige") findet atmosphärische Bilder, setzt auf warme Farben und gut eingesetzte Rückblenden, mit denen man sich ein Bild von Jurijs Charakter machen kann.

"Am Ende wollen wir alle nur geliebt werden", sagt die von Claudia Michelsen gespielte Doreen Brasch. An ihrem Verhältnis zu Kollegen Dirk Köhler, mit dem sie sich fünf Folgen lang Psycho-Duelle lieferte und erst jetzt entspannter umgeht, kann sie nicht mehr arbeiten. Matthias Matschke scheidet als Kommissar aus dem "Polizeiruf 110" aus, auch wenn man das in diesem Fall nicht mitbekommt.

Polizeiruf 110: Mörderische Dorfgemeinschaft. ARD, Sonntag, 11. August, um 20.15 Uhr.

Volker Bergmeister