Schrobenhausen
Ein Mann und viele Worte

Günter Grünwald erzählt von Deppen, Kate und Lang Lang Lang

21.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:55 Uhr

Redete sich in Rage: Günter Grünwald, bekannt als Botschafter des guten Geschmacks, in der Alten Schweißerei - Foto: De Pascale

Schrobenhausen (SZ) Von wegen: „Da sagt der Grünwald Stopp!“ Stopp – das dürfte so ziemlich das einzige Wort im kompletten deutsch-bayerischen Sprachschatz sein, das Günter Grünwald am Samstagabend in der ausverkauften Alten Schweißerei eben nicht sagte.

Und Stopp machte er auch nicht. Vor nichts und niemandem. Nicht vor Adligen, nicht vor dem gemeinen Volk und vor Promis schon gar nicht. Und wenn dann erst ein Vollidiot daher kommt – weder verbal noch inhaltlich scheint es für den Ingolstädter Kabarettisten dann noch Grenzen zu geben. Der harmlose Plauderer, als der Grünwald rein optisch wirken mag, ist er beileibe nicht. Schlicht in Jeans und schwarzes Hemd gekleidet vor tiefschwarzer Stoffwand gibt es nicht das geringste ablenkende Element bei Grünwalds Show. Und das ist gut so. Denn Konzentration ist nötig, wenn sich Günter Grünwald erst mal in Rage redet, über Gott und die Welt lästert, deftig, bayrisch, zweideutig und das alles ohne Punkt und Komma. Das Publikum liebt ihn dafür.

Auch wenn er den Leuten eingangs mal eben den Angstschweiß auf die Stirn treibt, indem er droht, jemanden auf die Bühne zu holen – „da herom mach i ihn dann fertig“. Und den Angstschweiß, den rieche er. „Der am meisten stinkt, is fällig“, so Grünwald. In die Tat setzt er das dann doch nicht um. Das Publikum atmet auf, darf fortan ganz Grünwalds satirisch-komischen Sprachkaskaden frönen.

Da startet Günter Grünwald an einem Punkt, um dann in alle möglichen Richtungen abzuschweifen, kommt vom Hundertsten ins Tausendste. Genial macht er das. Und wenn auch erst eine halbe Stunde später, irgendwann kommt er wieder auf den Ursprungsgedanken zurück, rundet so die Story ab. Wie kommt er bloß vom Thema Outsourcing über den Weltuntergang, den weihnachtlichen Geschenkestress bis hin zum Reifenwechsel? Dazwischen werden noch tschechische Kabarettprogrammschreiber oder die unbefleckte Empfängnis gestreift, und das alles – so scheint es zumindest – in einem Atemzug.

Köstlich auch, als sich Grünwald noch einmal die Hochzeit des britischen Thronfolgerpärchens William und Kate vorknöpft. Die Protagonisten im britischen Königshaus, die reden in Grünwalds Erzählungen – wie könnte es anders sein – so wie er: urig-bayrisch. So antwortet Kate auf Williams Annäherungsversuche: „I hab scho größere Deppen kennaglernt.“

Und Grünwald philosophiert auch gern. Über die Zeit zum Beispiel. Wie subjektiv doch das Empfinden ist, ob man jetzt mit der neuen Freundin beim romantischen Rendezvous sitzt oder „mit dem nackerten Arsch auf der Herdplattn“. Doch dann gibt es in Grünwalds Show auch die Phasen, in denen es hart an der Grenze des Erträglichen ist, was er da abliefert. Manchmal möchte man eigentlich nicht, dass er dieses oder jenes Thema noch weiter vertieft. Nein, so genau will man gar nicht wissen, was genau sich während des Sodbrennens wie in den Rachenraum ergießt. Und so bildlich bräuchte Grünwald auch nicht darstellen, wie Onkel Erwin, „ein selten blöder Hund“, mit seinem Glasauge die Kinder erschreckt. Man hätte es sich schon vorstellen können. Und doch kommt gerade in derartigen Sequenzen rüber, welch toller Schauspieler Grünwald auch ist. Nicht zuletzt ist auch Grünwalds Sprachgebrauch („des hundsdrecksverschissene Scheißdreckshandy“) ganz sicher nichts für zarte Gemüter.

Und: Günter Grünwald kann auch bitterböse sein. Ganz besonders beim „prominenten Idiotengschwerl“. Florian Silbereisen etwa, der sei „so natürlich wie 16 Doppelzentner Styropor“. Und Iris Berbens ihrem Sohn und Produzenten geschuldete Omnipräsenz im deutschen Fernsehen kommentiert er boshaft: „Bin i froh, dass da Uschi Glas ihr Sohn Verbrecher worden is“. Und schließlich wäre da noch die Familienstory um Pianist Lang Lang, samt großem Bruder Lang Lang Lang, kleinem Bruder Halblang und Onkel „Verdammt lang her“ bis hin zum in den 50er Jahren nach Schrobenhausens ausgewanderten Lang Schorsch – das Publikum kringelt sich vor Lachen.

Dass er nach der Vorstellung heimfahren kann nach Ingolstadt, darüber freut sich Günter Grünwald, auch, weil die Schrobenhausener ein super Publikum waren, bei dem es ihm „auch sechs Stunden nach der Show noch das Adrenalin naushaut“. Sagt er zumindest.