Ingolstadt/München (DK) Die Opposition setzt Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) wegen ihrer früheren Beteiligung an der Firma Sapor Modelltechnik unter Druck. SPD und Grüne verlangten gestern im Sozialausschuss des Landtags Auskunft über ihre Rolle in dem Unternehmen, sie kamen allerdings nicht weit.
Es ist eine schwer durchschaubare Geschichte, von der vor zwei Monaten scheibchenweise immer mehr Details an die Öffentlichkeit gelangten. Mitte Mai hieß es zunächst, ausschließlich Hubert Haderthauer, Mann der Sozialministerin und Leiter der Landgerichtsärztlichen Dienststelle in Ingolstadt, habe über die Firma Sapor Modelltechnik Modellautos vertrieben, die federführend ein verurteilter Dreifachmörder in der Psychiatrie produziert hatte. Eine übliche Arbeitstherapie, die Haderthauer, in den 80er Jahren junger Assistenzarzt am Ansbacher Bezirksklinikum, ins Leben gerufen hatte. Unüblich ist wohl nur, dass der gleiche Psychiater sich daraufhin an einer Firma beteiligte, über die die teuren Autos vertrieben wurden. Bei Auktionen in den USA erzielen diese Luxusmodelle bis zu 35 000 Dollar – Haderthauer beteuert jedoch, dass sein Erlös viel niedriger gewesen sei und er etwa 7000 Euro im Jahr damit verdient habe.
Soweit die Geschichte von Hubert Haderthauer – doch dann kam seine Frau Christine Haderthauer ins Spiel. Die Sozialministerin wollte sich zunächst nicht äußern, weil es sich, so ihre Darstellung, ausschließlich um die Geschäfte ihres Mannes handle, sie also nicht beteiligt gewesen sei. Ein paar Tage später tauchten allerdings Unterlagen auf, in denen sie als Teilhaberin der Firma erschien. Auch dazu hieß es: „Keine Stellungnahme.“ Ihr Mann sprach stattdessen und behauptete, sie sei „stille Teilhaberin“ gewesen, nie aber aktiv in die Geschäfte der Firma eingebunden. Wieder ein paar Tage später tauchten weitere Unterlagen auf, die dafür sprachen, dass Christine Haderthauer sich auch um die Geschäfte der Firma kümmerte – was auch Roger Ponton bestätigt, ein früherer Teilhaber der Firma. Erst nachdem auch dieses Detail bekannt geworden war, äußerte sich die Sozialministerin zu dem Fall. Trotz der Dokumente, die der Spiegel veröffentlicht hatte, ließ sie ihre Pressestelle ausrichten: Ausschließlich ihr Mann habe die Geschäfte geführt, sie sei lediglich an dem Unternehmen beteiligt gewesen.
Doch die Angelegenheit war damit nicht zu Ende. Weitere Details gelangten an die Öffentlichkeit: Da ist die Rede von unüblich vielen Freigängen, die der Dreifachmörder gehabt haben soll, und von Privilegien wie dem freien Zugang zum Telefon. Mehrmals, so Ponton, soll es Geschäftsessen mit Hubert Haderthauer und dem verurteilten Täter gegeben haben – außerhalb der Klinik. Informationen der SPD zufolge soll er einmal auch auf eine Modellbaumesse ins Ausland gereist sein.
Der französische Geschäftsmann fühlt sich „arglistig getäuscht“ – weil seine Geschäftsanteile angeblich hinter seinem Rücken verkauft wurden und er nichts davon gewusst haben will, dass Haderthauer insgesamt 130 Modellautos verkauft haben soll. Nach einem Schreiben seines Anwalts 2011 waren Haderthauers zu einem Vergleich bereit – und zahlten laut „Spiegel“ 20 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft Ansbach, bei der die Haderthauers angezeigt wurden, hat kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil kein Anfangsverdacht einer Straftat bestehe. Strafrechtlich ist die Sache damit erledigt.
Doch haben diese Geschäfte, die vor Haderthauers Zeit als Sozialministerin liegen, dafür gesorgt, dass sie die ihr obliegende Fachaufsicht für die Bezirkskliniken vernachlässigt hat? Das wollten die SPD und die Grünen mit ihren Anträgen prüfen. Die Ausschussmehrheit aus CSU und FDP lehnte diese gestern aber ab. Es kam allerdings kurz zu einem Schlagabtausch: Haderthauer müsse für Aufklärung sorgen, mögliche Gewinne des Unternehmens zurückzahlen und „ihre Tätigkeit als Sozialministerin beenden“, forderte die Grünen-Abgeordnete Renate Ackermann.
Die SPD schloss sich der Rücktrittsforderung nicht an. Es gehe nicht darum, „eine Person zu sabotieren, zu vernichten oder in Zweifel zu ziehen“, sagte der SPD-Abgeordnete Horst Arnold. Es gehe ihm um die Bedingungen im Maßregelvollzug für psychisch kranke Schwerverbrecher, für deren Aufsicht Haderthauer zuständig ist. „Es geht darum, wie man mit diesen Menschen umgeht – im Sinne der Würde des Menschen“, so Arnold. Haderthauer selbst kam nicht zu der Sitzung, sie sprach währenddessen bei der Eröffnung des umgebauten Ingolstädter Hauptbahnhofs. Sie ließ eine Erklärung verlesen, in der sie betonte, dass „der gesamte Komplex“ die Zeit vor ihrer Tätigkeit für den Landtag betreffe. Und daraus „in keinerlei Hinsicht etwas Kritikwürdiges abzuleiten“ sei.
Artikel kommentieren