Ein Kreuzerl für die "Liebe"

25.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:07 Uhr

Nachdem nun jeder in Eichstätt - und dank meiner Heimatzeitung und diesem Internet - die ganze Welt mein echtes und wirklich markantes Erscheinungsbild kennt, will ich auch mit meiner Entscheidung zur Europawahl nicht hinterm Burgberg halten.

Auf meine alten Tage beschreite ich noch einmal neue Wege und mache mein Kreuzchen an einer anderen Stelle.

Mein Ur-ur-ur-ur-Enkel war ganz begeistert und hat mir ein Wahlkampfplakat dieser Partei-Partei gezeigt: "Digitalisierung nicht den Nullen überlassen". So ganz verstanden habe ich das ehrlich gesagt nicht, wer mit den Nullen gemeint sein könnte, aber ich vermute mal, die Großkopferten in München. Denn was mir im Kampf gegen die Franzosen 1796 die Ofenrohre waren, das sind den bayerischen Regierungsparteien die roten Knöpfe, die in sämtlichen Rathäusern Land auf Land ab medienwirksam gedrückt werden. Viel Lärm um nichts, um es mit Shakespeare zu sagen. Denn beim Breitbandausbau kriechen wir unseren Nachbarn in ganz Europa im Schneckentempo hinterher, da können die Ministerinnen und Minister so oft von der Datenautobahn parlieren, wie sie wollen: Sie stehen trotzdem im Stau. Da überholen uns die Niederlande, Ungarn und Kroatien auf der linken Spur.

Meine Mannen haben angesichts meiner Wahlüberlegungen große Augen gemacht - ich hatte sogar ihre Aufmerksamkeit, weil die "Game of Thrones"-Folge gerade mal wieder geruckelt hat. Und sie haben dann komplett verblüfft mit dem Kopf geschüttelt, als ich ihnen gezeigt habe, dass man den einen Meter langen Stimmzettel sogar noch weiter aufklappen kann als nur bis zur Bayernpartei.

Sapperlot, da kann man Interessantes entdecken! Zum Beispiel sage und schreibe fünf verschiedene Tierschutzparteien. Und "Graue Panther" habe ich zwar noch nie um meine Willibaldsburg streichen sehen, aber wer weiß, was der Klimawandel noch für uns bereithält. Oder wussten Sie, dass es eine Partei namens "Liebe" gibt? Da kann doch niemand was dagegen haben, gerade jetzt zu dieser Jahreszeit. Frühlingsgefühle, das wäre doch was für meine alten Haudegen. Händchenhaltend im Schwan auf der Altmühl schippern, ein Weißbier trinken im teuersten Klokiosk der Welt, das wäre doch was! Wenn's den denn nun doch noch weiter geben sollte. . .

Aber raus aus meiner beschaulichen Heimatstadt und zurück nach Europa - welch Entscheidungsmöglichkeiten tun sich da auf! Will ich nun eine "Menschliche Welt" oder doch "Gesundheitsforschung"? Das ist ja auch eine Altersfrage. Nun habe ich mich aber beinahe schon festgelegt: Ich werde wohl mein Kreuzerl bei der "Liebe" machen - oder vielleicht doch "Volt" wählen, denn die sind "paneuropäisch, pragmatisch und progressiv", genau wie ich. Außerdem werden sie von einem echten Adligen angeführt - von Freiherr zu Leutnant, das müsste doch klappen!

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach