Ein Konzert der Superlative

12.03.2008 | Stand 03.12.2020, 6:04 Uhr

Begeisterte und rührte zu Tränen: Too-ry-ah mit Matthias Eckelmann, Lena und Eva Hinterheller, Timo Hausbeck und Sebastian Schrenk (v.l.). - Foto: Hammerl

Karlshuld (ahl) Sie erzählen von Liebe und Leid, Schmach und Enttäuschung, aber auch von Hingabe und Ausgelassenheit, von sanften Hügeln und kriegerischen Elfenvölkern, von Whiskey, Rüpelhaftigkeit und vom bösen Vater, der seine Tochter mit dem Falschen verheiraten will. Irisches Lebensgefühl, Tradition und Charakter spiegeln sich im Irish Folk. Musik, die auch deshalb auf dem Kontinent viele Freunde hat, weil sie so überaus emotional, so ergreifend ist.

Das wird den Musikern von Too-ry-ah fast zum Verhängnis, die sich am Ende des Konzertes in der Christuskirche in Karlshuld vor den stürmischen Beifallsbekundungen des stehenden Publikums nur retten können, indem sie Pfarrer Gunther Wiendl zu Hilfe rufen, nachdem sie sich bereits drei Zugaben herauslocken ließen. Ein Konzert der Superlative, dessen ersten Teil Frank Worch und Florian Appel gestalteten. Eingeführt hat sie Gunther Wiendl, der Worch, als "seit Jahrzehnten zum Inventar der Christuskirche gehörend" vorstellt und an dessen klassische Zeit erinnert, und auch Appel nach dreimaliger musikalischer Gottesdienstbegleitung inzwischen Hausrecht eingeräumt hat. Das nutzen die beiden für einen eher melancholischen Ausflug nach Baton Rouge, um dann umso temperamentvoller die Irish Rose zu besingen. Von Irland geht es weiter nach Liverpool, das die beiden mit "Leaving Liverpool" gleich wieder verlassen.

Tragisch wie die inoffizielle Hymne der Stadt Dublin, "Molly Malone" oder nachdenklich wie "The town I loved so well" – die beiden Gitarristen erweisen sich als vielseitig, was sie auch mit einer Eigenkomposition unter Beweis stellen. Mit der Zugabe begeben sie sich nach eigener Aussage "auf dünnes Eis", und lassen Reinhard Meys Kampfansage an das Militär: "Nein, meine Söhne geb’ ich nicht" erklingen.

Der Wechsel von den beiden Lokalmatadoren auf Too-ry-ah gelingt mühelos. Die fünf Musiker spielen zunächst einmal munter zu einem irischen Tanz auf, nicht ohne bei Wiendl rückzufragen, ob das für die Kirche okay sei? Waren Matthias Eckelmann, Lena und Eva Hinterheller, Timo Hausbeck und Sebastian Schrenk doch erst am Vorabend in einem Pub zu Gast und genießen nun die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer in der Kirche. Evi Hinterhellers wunderschöne Solostimme erzählt eine traurige Geschichte aus Amerika, deren Einzelheiten Ansager Timo Hausbeck dem Publikum lieber verschweigt, weil sie gar so traurig sei. Dann wird es wieder lebhaft. In schwungvollen Marschklängen eines schottischen Instrumentalstückes berichten die Musiker vom wenig geordneten Rückzug eines englischen Generals, der vor den Schotten davonlief. Das Auf und Ab der Gefühlwelt, die Intensität, mit der das Ensemble agiert, lassen das Publikum in einem Moment das Taschentuch zücken und im nächsten frenetisch mitklatschen. Ein gigantisches Konzert, dessen Nachhall noch eine ganze Weile begleiten wird.