Ingolstadt
Ein Koenig für Ingolstadt

Für die Ochsenschlacht leistete sich die Stadt einst das Werk eines international renommierten Künstlers

29.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr
Kunst auf dem Pausenhof: Der ehemalige Direktor des Apian-Gymnasiums, Franz Riederer, sitzt auf dem Sockel der Plastik von Fritz Koenig. −Foto: Hauser, Johannes, Ing (Hauser)

Ingolstadt (DK) Fritz Koenig war ein Bildhauer von internationalem Rang. Sein berühmtestes Werk steht in New York, aber auch in Ingolstadt kann man seine Arbeit bewundern. Seit 40 Jahren ziert seine Plastik "Begegnung" das Schulzentrum Südwest.

Mitte der 1970er-Jahre starteten vier Gesandte der Stadt Ingolstadt zu einer Exkursion in kultureller Mission: Kulturreferent Rudolf Koller, Baudirektor Hans Straub, Franz Motzet, Leiter der Schulabteilung des Kulturamtes, und Franz Riederer, der Direktor des Apian-Gymnasiums machten sich auf Richtung Landshut, genauer gesagt nach Ganslberg, einem Ortsteil von Altdorf, nordwestlich der niederbayerischen Hauptstadt. Sie besuchten den schon damals international bekannten Bildhauer Fritz Koenig, der wenige Jahre zuvor etwa seine Plastik "Große Kugelkaryatide" vor dem World Trade Center in New York errichtet hatte. "Koller war ein begeisterter Anhänger von Koenig", erinnert sich Riederer 40 Jahre nach der gemeinsamen Autofahrt. Die vier Herren aus Ingolstadt besuchten den Künstler, um ihn für ein Werk vor dem Schulzentrum Südwest zu gewinnen. Die Ochsenschlacht war zu diesem Zeitpunkt gerade im Bau. Der Künstler sei von der Idee "angetan" gewesen, berichtet der langjährige Direktor des Apian-Gymnasiums, das damals noch in der Hohen Schule untergebracht war und in das neue Zentrum umziehen sollte.

Besonders angetan hatte es Koenig offenbar der Erdwall entlang der Gustav-Adolf-Straße, auf dem seine Plastik frei gegen den Horizont stehend, platziert werden sollte. Koenig bat sich allerdings aus, in seiner Themenwahl für das Kunstwerk völlig freie Hand zu bekommen.

Im April 1977, zehn Monate vor der Eröffnung des Schulzentrums, reiste abermals eine Delegation aus Ingolstadt nach Ganslberg. Oberbürgermeister Peter Schnell und die Mitglieder des Kulturausschusses nahmen ein Modell der Plastik in Augenschein. Die vier Meter hohe Skulptur, für die 100 000 Mark veranschlagt wurden, setzt sich aus zwei Elementen zusammen, die sich als zwei menschliche Figuren interpretieren lassen. "Begegnung" war das Motto der Arbeit, erklärt Riederer. "Mit etwas Fantasie könnte es ein Mensch sein, der einen anderen bei einer herzlichen Begrüßung in die Höhe hebt." Ein Motiv, das ihm stets gefallen habe und auch gut zum Schulzentrum passe, in dem sich schließlich vier Schulen, das Apian, eine Hauptschule, die Staatliche Realschule II sowie die Fachoberschule begegneten. Später kam noch die Don-Bosco-Förderschule dazu.

Bei der etwas chaotischen Eröffnungsfeier des Schulzentrums - eine Bombendrohung zwang die Organisatoren zu einiger Improvisation - schwebte Koenigs Plastik im Oktober 1977 schließlich an einem Kran hängend effektvoll ein. "Die Festgäste schauten der Maßarbeit bewundernd zu", schrieb der DONAUKURIER damals. Die nächsten Jahrzehnte wachte die Figur von ihrem erhöhten Platz aus über die Ochsenschlacht. Mancher Aufkleber und schnell hingeworfene Graffiti wurden Koenigs Werk hinzugefügt und langsam überwucherten Büsche und Bäume die Plastik. Für die Neubauten der Real- und der Hauptschule wurde der Erdwall im Jahr 2010 schließlich abgetragen und die Plastik vor den Eingang des Apian-Gymnasiums versetzt, wo sie noch heute steht.

Auch Koenigs "Große Kugelkaryatide" wanderte. Bei den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 begruben Trümmer das Kunstwerk. Es wurde wieder ausgegraben und in ihrem demolierten Zustand als "The Sphere" (Die Kugel) als Mahnmal im Gedenken an die Terroropfer im Battery Park von Manhattan aufgestellt. Anfang September 2017 wurde sie zurück an ihren ursprünglichen Standort gebracht, neben das neue World Trade Center. Gestern wurde es ein weiteres Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Fritz Koenig erlebte die dritte feierliche Enthüllung seiner Skulptur nicht mehr. Er starb im Februar dieses Jahres im Alter von 92 Jahren.