Berlin
Ein Joint auf dem Pausenhof

Drogenkriminalität an deutschen Schulen weiter gestiegen Cannabis zunehmend auf dem Vormarsch

23.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:45 Uhr

Berlin (DK) Es ist ein oft vernachlässigtes Problem - in vielen Bundesländern hat die Drogenkriminalität an Schulen weiter deutlich zugenommen. Grund sei neben mangelnder Prävention vor allem eine gefährliche "Verharmlosung" des Konsums von Cannabis, warnt nun die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die CSU-Politikerin Marlene Mortler.

n Hat sich der Drogenkonsum in Deutschland verändert? Seit einigen Jahren greifen immer weniger Jugendliche zur Zigarette, auch der Alkoholkonsum ist bei ihnen rückläufig. Dafür ist Cannabis auf dem Vormarsch: Rund 600 000 Menschen weisen laut dem Drogenbericht der Bundesregierung vom vergangenen Jahr einen problematischen Konsum von Cannabis und anderen illegalen Drogen auf. Besonders beunruhigend ist für Experten die Zunahme harter Drogen. 2015 starben 1226 Menschen am Rauschgiftkonsum, 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Heroin und Kokain wurden häufiger konsumiert, Crystal Meth hingegen wieder seltener.

n Wie entwickelt sich die Drogenkriminalität an Schulen? Nicht alle Bundesländer führen Statistiken, auch aus Bayern liegen keine Zahlen vor. Unter den Ländern mit einem starken Anstieg sticht Baden-Württemberg hervor: Dort wurden im vorvergangenen Jahr 939 Fälle registriert, das waren dreimal so viele wie 2011. In Nordrhein-Westfalen hat sich die Zahl von 2011 bis 2012 von 443 auf fast 900 Delikte verdoppelt, seitdem ist die Zahl relativ konstant. Fast immer waren die Täter Jugendliche. Kinder unter 14 Jahren sowie andere Schulangehörige - also etwa Lehrer oder Hausmeister - waren in seltenen Einzelfällen involviert.

n Was steckt hinter der aktuellen Entwicklung? Eine einfache Erklärung gibt es nicht: Ein Grund liegt aber darin, dass Schulleitungen nicht mehr wegschauen, sondern energischer durchgreifen, was zu einer höheren Zahl an registrierten Delikten führt. Gleichwohl warnt Drogenbeauftragte Mortler vor einer gefährlichen Verharmlosung von Cannabis durch Politik, Hanflobby und Medien. Marihuana und Haschisch würden als Lifestyle-Produkt dargestellt. "So entsteht bei den jungen Menschen der Eindruck, das sei alles halb so wild", beklagte Mortler gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.

n Warum ist Cannabis so gefährlich? Der frühe Konsum kann das noch nicht ausgewachsene Gehirn schädigen, meinen viele Forscher. In Einzelfällen könne Cannabis zu Psychosen führen, weil das jugendliche Gehirn noch besonders verletzlich ist. Als weitgehend unbestritten gilt, dass die Lern- und Gedächtnisleistung zumindest vorübergehend beeinträchtigt wird. Überdies kann Cannabis gerade bei jungen Menschen Hemmungen vor härteren Drogen senken.

n Wie sollten Eltern mit dem Problem umgehen? Der Lehrerverband Bildung und Erziehung nimmt die Eltern in die Pflicht, intensiv mit den Kindern über die Gefahren von Drogen zu sprechen und ein Vorbild zu sein. Auch Drogenbeauftragte Marlene Mortler mahnt einen offenen Umgang mit dem Thema an.