Schrobenhausen
Ein Holzsteg unter schattigen Bäumen

20.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:56 Uhr
Malerisch liegt der Holzsteg etwas versteckt unter einer großen Weide hinter einem Schilfgürtel. Kathrin Gassner gefällt es hier. −Foto: Budke

Viele Menschen aus dem Schrobenhausener Land haben ihre Lieblingsplätze im Goachat, auch Kathrin Gassner. Sie zeigt uns den Lieblingsplatz ihrer Kinder. Hier also ein weiterer Beitrag über Menschen, die uns zu ihrem Herzensort im Naherholungsgebiet vor den Toren der Stadt mitnehmen.

 

Eigentlich ist es der Lieblingsplatz der drei Kinder von Kathrin Gassner, aber weil Antonia, Anna-Lena und Maximilian alle - endlich mal wieder - gerade in der Schule sind, zeigt die Mutter den Weg zu dem kleinen Steg über den Rettenbach. Vom Bauernhof am Hans-Sachs-Weg ist es nicht weit und es lohnt sich: Wasser plätschert, Enten suchen nach Futter und die Weiden bilden ein schönes Schattendach.

Viel Zeit hat Kathrin Gassner nicht: Auf dem Bauernhof gibt es immer etwas zu tun, dazu arbeiten ihr Mann Georg Voll- und sie Teilzeit und eines ihrer drei Kinder kommt heute schon wieder früh aus der Schule. Die 34-jährige Mutter ist schon froh, dass wieder ein bisschen Normalität einkehrt: "Du hast eigentlich Deine Arbeit geplant, dann musst Du aber Schule machen", nennt sie das Problem, dass viele Eltern in den vergangenen Wochen mit ihr teilen. Dazu kommt, dass eine Tochter auf den Übertritt zusteuert: "Sie ist in der vierten Klasse - das ist ja eigentlich sowieso schon Horror", meint sie mit Blick auf den umfangreichen Stoff. Überhaupt war die Zeit ohne Schule schon eine besondere Herausforderung: "Die ersten drei, vier Wochen zuhause waren wirklich gut, da hat man gemeint, das geht schon. Dann ist aber die Laune schon ein bisserl abgesunken", sagt sie lachend, " wenn man immer aufeinander pappt, dann ist das nicht so einfach."

 

Etwa 100 Bullen haben die Gassners auf ihrem Hof zu versorgen, circa 20 Monate bleiben die überwiegend braungefleckten Tiere und haben in der Zeit alle Zugang zur frischen Luft. "Am liebsten sind sie am Abend draußen." Kathrin Gassner kommt gebürtig aus Alteneich, ihre Eltern haben dort ein Baugeschäft, die Arbeit auf einem Bauernhof war für sie etwas Neues. Die Lage des Bauernhofes am Rand von Schrobenhausen und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Goachat findet Kathrin Gassner sehr schön, ein Leben in der Stadt könnte sie sich nie vorstellen: "Ab halb zwei sind wir immer draußen", sagt sie. Die Kinder sind fünf, sieben und zehn Jahre alt, haben auf dem Hof viel Platz zum Spielen. Die Älteste, Antonia, hilft gern beim Packen der Gemüsekisten, die Kathrin Gassner verkauft, Zusammen gehen sie in den kleinen Wald auf der anderen Straßenseite. Dort liegen ein paar halb zugewachsene Betonklötze - wohl Überbleibsel eines verfallenen Gebäudes: "Die Kinder mögen das: Wenn sie raufklettern, können sie in das Wasser schauen." Hinter dem Wald beginnt nämlich gleich das Goachat, die Paar und ihre viele kleinen Armen breiten sich dort aus.

Die Gassners haben einige Wiesen dort: "Die, die jetzt noch nicht gemäht sind, gehören uns"" sagt die junge Frau mit einem gewissen Humor. "Wir schaffen es oft nicht eher, denn wenn man Zeit hat, muss ja das Wetter passen." Wenn möglich, versuchen sie, nicht so früh zu mähen, aus Rücksicht auf die Natur. Nach dem Regen am Wochenende sind einige Wiesen zu nass; eine Fläche ist problematisch, weil "der Biber dort gern einen Damm baut. Da müssen wir schauen, wie fleißig er schon wieder war", sagt Kathrin Gassner: Quer über die Wiese vom Wald durch zwei Wasserläufe verläuft eine breite Spur und man erkennt genau, wo der Biber die Böschung herunter ins Wasser gleitet: Der Zugang ist selbst für einen Laien erkennbar breiter als der, den etwa eine Bisamratte machen würde. "Da hat er wieder Holz hergezogen", ist sich Gassner sicher. Der Weg, den das Tier zurücklegt ist ganz schön weit. "Man muss den Biberberater anrufen, der schaut sich den Damm an und entscheidet, ob man abräumen darf. Meistens dauert es danach aber nur drei Tage und dann ist der Damm wieder da", kennt Kathrin Gassner das Spiel mit dem fleißigen Baumeister.

 

Am Ende der Wiese stehen Weiden und ein Schilfgürtel deutet schon von weitem auf den Wasserlauf dahinter. Der Rettenbach schlängelt sich hier her, nach einem kleinen Schlenkerer zwischen dem Schilf hindurch ist der Blick plötzlich frei auf den Bach und den kleinen Holzsteg darüber. Das ist idyllisch und zugleich ein toller Spielpatz: Aus einem Entwässerungsrohr plätschert Wasser in einem Nebenarm: "Das ist der Lieblingsplatz von meinem Sohn, da kann er sich lang beschäftigen", erzählt die Mutter. "Die Kinder dürfen ihre Füße ins Wasser hängen. Ganz rein lasse ich sie nicht, weil es doch ein bisschen verschlammt ist." In dem klaren Wasser erkennt man den matschigen, sumpfigen Grund gut. Ein paar kleine Fische schwimmen herum. Wenn man auf dem Steg steht, hängen die Zweige einer großen Weide über dem Kopf, in drei Richtungen hat man eine abwechslungsreiche Aussicht: Geradeaus über eine weitere Wiese in der so typischen "Goachat-Aufmachung" mit Schilf, Weiden, Totholz und niedrigem Gebüsch. Auf dem Bach schwimmen Stockenten und suchen zwischen Seerosen nach Insekten. Folgt man dem Bach in die andere Richtung, erkennt man die Embleme der Autohändler und den Lebensmittelmarkt an der Augsburger Straße, den Verkehrslärm von der B300 hört man fast gar nicht. "Ja, das ist also der Lieblingsplatz von meinen Kindern", sagt Kathrin Gassner und auch ihr gefällt es hier gut: "Es ist immer ein wenig schattig hier, wir sind gern da."

Auf dem Rückweg zum Hof deutet sie mit dem Arm weit über die Wiesen Richtung B300 und erzählt: "Als das letzte Hochwasser war, war hier alles bis zum Edeka überschwemmt. Meine Neffen sind mit dem Schlauchboot bis ganz zur anderen Seite rüber gekommen." Das klingt nach Spaß und Abenteuer und sie kann das auch recht sorgenfrei sagen, denn der Hof der Gassners hat mit Hochwasser keine Probleme: "Die Böschung ist zum Goachat niedriger - da hat das Wasser Platz." Damals waren ihre Kinder noch zu klein und durften nicht mitpaddeln und auch jetzt darf nur die älteste Tochter allein hier raus: "Die Mittlere ist ein bisschen verträumt, die sieht einen Schmetterling und läuft dem nach."

SZ