Ein hohes Gut

Kommentar

27.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Eine Million Euro für den Altkanzler. Dieses Urteil ist ein Paukenschlag. Noch nie wurde eine derart hohe Entschädigung verhängt.

Das Kölner Landgericht folgt im Rechtsstreit über die Veröffentlichung von Tonband-Protokollen von Gesprächen, die der Autor Heribert Schwan mit ihm geführt hatte, woraus er dann pikante Zitate veröffentlichte, der Position von Helmut Kohl.

Tatsächlich ist das Persönlichkeitsrecht ein hohes Gut. Was vertraulich gesprochen wird, gehört nicht in die Öffentlichkeit. Gelangt es trotzdem dorthin, noch dazu in einem reißerisch aufgemachten Beststeller, liegt ein schwerer Vertrauensbruch vor. Sollte Schwan die Aussagen auch noch manipuliert haben, wäre das eine weitere Grenzüberschreitung. Zugespitzt, in Teilen erfunden oder aus dem Zusammenhang gerissen - so beurteilen die Richter die Zitate über Unionspolitiker.

Eine Schweigeverpflichtung hätte er nie unterschrieben, argumentiert der Autor. Kohl nimmt für sich in Anspruch, dass bei den Gesprächen Vertraulichkeit vereinbart worden sei. Das Gericht verweist auf Indizien, die zumindest auf eine stillschweigende Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen Kohl und Schwan hindeuten.

Dass es zu einer Revision kommen wird, ist nahezu sicher. Der Kampf um Kohls Erinnerungen und die Deutungshoheit über sein politisches Leben ist mit der Kölner Entscheidung nicht beendet.