Teugn
Ein Grandseigneur der Politik tritt ab

Der frühere Staatssekretär und langjährige stellvertretende Landrat Gerhard Merkl ist tot

08.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

Foto: DK

Teugn (DK) Er verstand sich selbst als Staatsdiener und Volksvertreter, hielt nichts von parteipolitischem Geplänkel. "In der Politik machen die Fanatischen Karriere, aber das widerstrebte mir", sagte Gerhard Merkl einst. Doch auch mit dieser etwas eigenwilligen Haltung arbeitete sich der Teugner im Freistaat bis fast nach ganz oben. Jetzt ist der frühere Staatssekretär und langjährige stellvertretende Landrat gestorben. Am Montagabend schlief er nach langer Krankheit friedlich ein. Gerhard Merkl wurde 76 Jahre alt.

Mit dem gebürtigen Regensburger verliert der Landkreis einen seiner profiliertesten Politiker - und einen großen Naturfreund. Seine Liebe zur hiesigen Tierwelt ist vor allem den Riedenburgern ein Begriff. Über Jahre hinweg kümmerten sich Merkl und seine Frau Ingrid in der Dreiburgenstadt um die Fütterung von Wildvögeln, erst vor knapp einem Jahr übergaben sie diese Aufgabe an die Kommune. Im heimischen Teugn teilten die Merkls ihr Heim lange Zeit mit mehreren Hunden, zuletzt noch mit einigen Katzen. Tiere, die ihren eigenen Kopf haben und mit denen der promovierte Jurist und Vegetarier vielleicht gerade deshalb so gut auskam. Denn auch Gerhard Merkl ließ sich Zeit seiner politischen Laufbahn selten in eine Schublade stecken, machte sich aber vor allem dadurch im Herbst seiner Karriere einen Namen als Grandseigneur der Kelheimer Kommunalpolitik, dessen Wort über alle Parteien hinweg Gewicht hatte.

Angefangen hat das jahrzehntelange Engagement für die Bürger im Jahr 1974. Damals zog er nach jeweils drei Jahren als Staatsanwalt und als Richter am Landgericht in Regensburg in den bayerischen Landtag ein. Der Politneuling Merkl, immerhin erst 34 Jahre alt, erarbeitete sich den Ruf eines fairen, aber auch harten Verhandlungspartners. Selbst Jahrzehnte später äußerten sich Weggefährten alles andere als schmeichelhaft über den Teugner. Erst mit den Jahren sei dieser milder geworden.

In der CSU-Fraktion arbeitete sich der fleißige Rechtsexperte Merkl kontinuierlich nach oben. Unter anderem als Vorsitzender des Ausschusses für Geschäftsordnung und Wahlprüfung machte er sich einen Namen, so dass sein Wort selbst bei komplexen juristischen Themen schnell Gewicht hatte. Das fiel auch einem gewissen Edmund Stoiber auf, mit dem Merkl seit dem gemeinsamen Einzug ins Maximilianeum eine Freundschaft verband. Mehrmals verbrachten die beiden Familien sogar ihre Ferien gemeinsam in Italien; das endete erst, als Stoiber zum Generalsekretär der Partei aufstieg. Doch 1993 erinnerte sich der Wolfratshausener als frischgebackener Ministerpräsident an seinen Freund und berief ihn als Staatssekretär ins Kabinett - erst im Justizministerium, dann im Sozialministerium. Von 1995 bis 1998 engagierte sich Merkl auch als Behindertenbeauftragter der Staatsregierung.

Mitte der 1990er-Jahre galt der Parlamentarier aus dem kleinen Teugn bei Kelheim längst als ministrabel und bestens geeignet für wichtigere Aufgaben. Doch dann erlitt die Union bei der Bundestagswahl 1998 eine schallende Ohrfeige und verlor das Kanzleramt an die SPD. Die Folge war eine Verjüngungskur, die auch vor dem Freistaat nicht haltmachte. Und Merkl, der mit gerade mal 58 Jahren nur ein Jahr älter als sein Parteifreund Stoiber war, musste seinen Posten räumen. Fünf Jahre später folgte der Rückzug aus dem Parlament. "Ich habe auf meine Frau gehört und aufgehört", sagte er später unserer Zeitung. Ein Schritt, den er alles andere als bedauern sollte.

Mit dem Aus für seine landespolitische Karriere übernahm Merkl jedoch eine Hauptrolle auf der kommunalpolitischen Bühne. Sowohl 2002 als auch 2008 wählte ihn der Kreistag zum stellvertretenden Landrat. Eine Aufgabe, die Merkl als kluger Taktiker und Diplomat im Dienste der Bürger bestens meisterte. Ungeachtet aller parteipolitischen Interessen meisterte er den Spagat zwischen der eigenen Fraktion und FW-Landrat Hubert Faltermeier. 2014, als Merkl dem Gremium bereits 42 Jahre lang angehörte, verabschiedeten ihn dessen Mitglieder mit lang anhaltendem Applaus. Faltermeier, den eine Duzfreundschaft mit dem Teugner verband, würdigte damals dessen Loyalität und politischen Sachverstand. Vor allem von den nach wie vor guten Kontakten in die Landeshauptstadt hatte der Landkreis immer wieder profitiert.

Gerhard Merkl hinterlässt neben Frau Ingrid und zwei erwachsenen Söhnen vielfältige Spuren einer beispielhaften politischen Karriere. Und er hinterlässt die Erinnerung an einen über die Kreisgrenzen hinaus respektierten Staatsmann, der sich partout nicht in ein Rollenklischee einfügen wollte. "Ich habe stets gesagt, was ich denke", erklärte Merkl vor einigen Jahren. Und genau dafür schätzten ihn seine Mitstreiter ebenso wie seine Gegner.