Mühlried
Ein gestandener Fußballliebhaber

Begeisterter Schiedsrichter und leidenschaftlicher "Sechszgerfan": Reinhard Fröschl im Gespräch

09.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:58 Uhr

Ihn kann nahezu nichts aus der Ruhe bringen: Schiedsrichter und Löwenfan Reinhard Fröschl vom SC Mühlried. - Foto: M. Schalk

Mühlried (SZ) Offiziell heißt er Reinhard Fröschl. Aber auf den Fußballplätzen im Altlandkreis Schrobenhausen kennt man den 49-Jährigen eigentlich nur als "Froooscheee". So wird er liebevoll genannt - und aufgrund seiner unaufgerechten, sympathischen Art mögen ihn nahezu auch alle. Ihn, den für den SC Mühlried pfeifenden Kultschiedsrichter aus Ostschwaben, der sich als Unparteiischer auf dem Feld nicht zu wichtig nimmt. Für den Fußball noch das ist, was es eigentlich sein soll: nur ein tolles Hobby, einfach die schönste Nebensache der Welt. Daran kann auch der aktuelle Absturz seines Herzensklubs, des TSV 1860 München, nichts ändern. Dementsprechend hat Fröschl viel rund um seine Lieblingssportart zu sagen.

Herr Fröschl, diese Frage muss zu Beginn leider sein: Wie fühlen Sie sich momentan als gestandener "Sechszgerfan"?

Reinhard Fröschl: Einfach nur besch . . . Da brauchen wir gar nicht lange um den heißen Brei herumzureden.

 

Hätten Sie solch einen Absturz Ihres Lieblingsvereins jemals für möglich gehalten?

Fröschl: Ich musste mit den Löwen ja schon einiges erleben - aber dass es einmal so schlimm werden würde? Das ist selbst für mich unglaublich. Vor ein paar Wochen bin ich noch zu Auswärtsspielen nach Berlin, Bielefeld und Düsseldorf gereist - nun geht's eben nach Buchbach, Schalding-Heining oder Pipinsried. Sehen wir's positiv: Unsere Ziele sind ab sofort nicht mehr ganz so weit entfernt, sind also schneller zu erreichen.

 

Werden die Löwen-Anhänger bei diesen Touren durch die bayerische Provinz dem Klub wirklich treu bleiben?

Fröschl: Ich gehe davon aus. Jetzt wird sich zeigen, wer die echten Fans sind.

 

Und wie sieht es bei Ihnen persönlich aus? Wie ausgeprägt ist Ihre Leidensfähigkeit in Sachen Münchner Löwen?

Fröschl: Ich war bereits als kleiner Bub Sechszgerfan, und ich werde es immer sein - notfalls sogar in der C-Klasse. Mir ist völlig egal, wo wir spielen: Ich werde diesem Verein immer die Daumen drücken, so lange es ihn gibt. Wie heißt es immer so schön: Einmal Löwe, immer Löwe (lacht).

 

Dann hoffen wir mal, dass es den Verein wirklich noch sehr lange gibt . . .

Fröschl: Dass uns jetzt einige sehr schwere Jahre bevorstehen, dürfte klar sein. Wir müssen uns wohl auf eine sehr lange Zeit einrichten, in der es bei den Löwen nur Amateurfußball zu sehen gibt.

 

In den achtziger Jahren hatte es ja bereits eine ähnliche Situation für den TSV 1860 München gegeben . . .

Fröschl: Stimmt. Damals hatten wir wegen eines Lizenzentzugs gleich mehrere Spielzeiten in der damals drittklassigen Bayernliga verbringen müssen. Und ganz ehrlich: So schlecht war diese Zeit nicht.

 

Mit stimmungsvollen Heimspielen im altehrwürdigen Grünwalder Stadion . . .

Fröschl: Ja. Und dorthin sollten wir jetzt, wenn wir in der Regionalliga ran müssen, unbedingt zurückkehren. Das ist die Heimat des Vereins, und dann kommen auch die echten Fans wieder. Natürlich, offiziell müssten wir in der Allianz Arena bleiben. Aber stellen Sie sich einmal vor: Ein Heimspiel der Löwen gegen den FC Pipinsried in Fröttmaning, in einem 75 000-Mann-Stadion. Das wäre doch kompletter Schmarrn.

 

Auf jeden Fall sollten dann diejenigen "Sechszgerfans" nicht mehr erscheinen, die im letzten Relegationsmatch gegen den SSV Jahn Regensburg beinahe für einen Spielabbruch gesorgt hatten - oder?

Fröschl: Richtig. Die Zuschauerausschreitungen bei dieser Partie haben mich noch mehr aufgeregt als unser Abstieg an sich. Gewalt ist definitiv das Allerletzte. Es ist klar, dass an jenem Abend jeder Löwe frustriert war. Ich selbst war mit den Nerven ebenfalls am Ende - aber das rechtfertigt dieses miese Verhalten in unserer Nordkurve in keinster Weise.

 

Als waschechter Anhänger des TSV 1860 müssen Sie also richtig leiden. Ist es als Schiedsrichter auf den Fußballplätzen der Region ähnlich?

 

Fröschl: Schmarrn, überhaupt nicht. Das macht mir hundertprozentig Spaß. Wenn es anders wäre, würde ich dieses Amt definitiv nicht ausüben. In meiner Freizeit mache ich nur Dinge, die mir gefallen.

 

Stimmt es also nicht, dass Schiedsrichter gerade in den unteren Klassen immer wieder mit Beleidigungen und Anfeindungen fertig werden müssen?

Fröschl: Ich kann nur für mich sprechen - und da gibt es nichts Negatives, obwohl ich im Kreis Ostschwaben doch sehr viele Spiele pfeife. Dass man beim Fußball hin und wieder anderer Meinung ist, das gehört doch dazu. Irgendwie ist's sogar ganz gut so, denn dadurch gibt es auch nach den Partien immer etwas zu reden.

 

Folglich sind Sie kein Freund des TV-Beweises, wie er für den Profibereich geplant ist?

Fröschl: Überhaupt nicht - selbst wenn es in diesen Ligen um eine Menge Geld geht.

 

Sie werben ja immer wieder leidenschaftlich dafür, dass junge Leute Schiedsrichter werden sollen. Warum?

Fröschl: Weil die aktuellen Unparteiischen wie ich immer älter werden (lacht) und wir wollen, dass weiterhin so viele Spiele wie möglich mit offiziellen Unparteiischen besetzt werden können.

 

Nur was hat ein junger Mensch davon, der die Schiedsrichterprüfung ablegt?

Fröschl: Er kann viel Spaß haben, viele Leute und Orte kennenlernen, mit zahlreichen Leuten kommunizieren, seine eigene Persönlichkeit stärken. Ich bin 1992 Schiedsrichter geworden, mache es also jetzt seit 25 Jahren - und sehe es immer noch als supertolles Hobby an.

 

Die Manieren auf den Fußballplätzen sind in all der langen Zeit tatsächlich nicht schlechter geworden?

Fröschl: Nein. Ich kam in all den 25 Jahren nicht einmal ansatzweise in die Gefahr, ein Spiel abbrechen zu müssen. Dass mal der Schiedsrichter einen nicht ganz so perfekten Tag erwischt, dass mal bei den Spielern nicht alles nach Wunsch läuft, das gehört einfach dazu. Grundsätzlich kann man jedoch über alles reden, es darf halt nur nicht beleidigend werden.

 

Sie leiten Fußballspiele nicht nur selbst, sondern fungieren auch oftmals als Schiedsrichter-Assistent an der Linie. Was ist Ihnen lieber?

Fröschl: Als Linienrichter bin ich Teil eines Teams, da will ich meine Sache natürlich besonders gut machen. Andererseits ist die Aufgabe an der Seitenlinie extrem anspruchsvoll.

 

Das bedeutet?

Fröschl: Ich mache beide Sachen exakt gleich gerne (lacht).

 

Und nach den Partien geht es meist noch rein in die jeweiligen Vereinssportheime. Ihre Facebook-Nachrichten von dort haben mittlerweile ja fast schon Kultstatus. Zahlreiche Fußballfans aus dem Altlandkreis Schrobenhausen verfolgen regelmäßig voller Interesse mit, wo Sie gerade wieder im Einsatz waren . . .

Fröschl: Wenn das so ist, dann freut es mich. Aus meiner Sicht gehört es einfach dazu, dass man sich nach den Partien noch miteinander unterhält, schließlich haben wir alle das gleiche schöne Hobby - nämlich Fußball. Wenn Du als Schiedsrichter nur schnell an einen Ort hinfährst, das Spiel leitest, Deine Gage kassierst und sofort wieder abhaust - dann finde ich das ganz persönlich einen Schmarrn. Das ist nichts für mich, deshalb mache ich dieses Amt nicht.

 

Und jetzt haben Sie bald Sommerpause - mit viel Sonne, Sand und Strand?

Fröschl: Nicht wirklich. Es stehen zunächst noch ein paar Juniorenspiele auf dem Programm - dann beginnen im Erwachsenenbereich bereits die Vorbereitungspartien auf die neue Saison, die ja ebenfalls geleitet werden müssen. Und ganz ehrlich: Ich bin sogar ganz froh drum, wenn es wieder so richtig los geht.

 

Das Gespräch wurde geführt von Roland Kaufmann.