Ein Genuss für alle Sinne

16.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:48 Uhr
„Der ganze Mensch muss drinstecken“: Erwin Huber aus dem Wolnzacher Ortsteil Gosseltshausen braut seit 20 Jahren Bier für den Eigengebrauch. −Foto: Grindinger

Das in Ingolstadt erlassene Reinheitsgebot für Bier wird heuer 500 Jahre alt. Der DONAUKURIER und seine Heimatzeitungen feiern das Ereignis unter anderem mit einer zwölfteiligen Serie. Heute steht Erwin Huber im Mittelpunkt. Er braut sein eigenes Bier im Keller – seine Frau Ingrid bereitet Schmankerl damit zu.

Erwin Huber aus Gosseltshausen, einem Gemeindeteil des Marktes Wolnzach (Kreis Pfaffenhofen) ist ein Mensch mit vielen Interessen. Seine besondere Leidenschaft gilt jedoch seit Jahren dem Bier. Seit 1996 braut er im heimischen Keller seinen eigenen Gerstensaft. „In ganz kleinem Rahmen und nur für den Eigengebrauch“, wie der 73-Jährige betont. „Viel zu kostbar“ ist ihm sein Bier, als dass er es an Unbekannte verkaufen würde, die es vielleicht nicht zu schätzen wissen. Seine Frau Ingrid zaubert aus dem hauseigenen Bier besondere Küchenschmankerl.

Etwa viermal im Jahr trifft sich Erwin Huber mit seinem Schwiegersohn zum gemeinsamen Bierbrauen. Pro Brauvorgang entsteht ein Hektoliter feinstes Bier, das in Fässern bis zum Genuss gelagert wird. Flaschen braucht „Da Huberbräu“ nicht, denn das Erzeugnis dient ausschließlich dem Eigengebrauch. Ein solcher Brautag beginnt spätestens um halb neun morgens und endet gegen 15 Uhr, wenn sich der Sud im Kühlschiff befindet. „Man muss immer dabei bleiben“, sagt Erwin Huber. Anstrengend oder kompliziert sei Bierbrauen an sich nicht. Der anstrengendste Arbeitsschritt ist das sogenannte Austrebern, bei dem der Treber – die Rückstände – aus dem Läuterbottich entfernt wird. „Das darf dann immer der Schwiegersohn machen“, sagt der 73-Jährige schmunzelnd. 

Die handwerklich gefertigte Brauanlage hat ihm 1996 ein befreundeter Braumeister aus Larsbach in den Keller gebaut. Der war es auch, der Erwin Huber in die Kunst des Bierbrauens einführte, gemeinsam mit ihm den ersten Probesud machte und so den Grundstein für einen enormen Wissensschatz legte. Da für die Lagerung konstant niedrige Temperaturen nötig sind, hat sich der Hobbybrauer neben der Anlage einen kleinen Kühlraum mit Zapfanlage eingerichtet.

Für sein Bier verwendet er immer die gleichen Zutaten: Leitungswasser, geschrotetes Malz, Hopfenpellets und Hefe. Trotzdem sei laut Erwin Huber „jeder Sud anders, nie gleich im Geschmack“. In seinem Keller entsteht ausschließlich „unreines“ Export Hell; das bedeutet, es wird auf den Filtervorgang verzichtet. „Das Bier ist so angenehmer, weicher im Geschmack, jedoch kürzere Zeit haltbar“, erklärt der Gosseltshausener. Sein Bier zeichnet sich durch „eine gewisse Stammwürze und einen feinporigen Schaum wie geschlagene Sahne aus.“ Auch wenn das Bierbrauen an sich einfach sei, könne ein Sud schon mal danebengehen, erzählt er. Dann ist sprichwörtlich „Hopfen und Malz verloren“ und man muss es wegschütten. Warum das manchmal so ist, kann kein Brauer nachvollziehen; vielleicht waren das Malz oder die Hefe fehlerhaft oder es wurde falsch gelagert. Wichtigste Eigenschaft für einen guten Bierbrauer ist in seinen Augen „absolutes Interesse. Der ganze Mensch muss drinstecken“.

In seinen Augen lebt das Bier. Vollkommenen Genuss bedeutet es für ihn, wenn er Gäste hat, die das Getränk ebenso schätzen wie er selbst. Auch kommt es auf verschiedenste Faktoren wie Trinktemperatur, Füllmenge oder das richtige Glas an. „Beim Glas kann man einige Generalfehler machen“, sagt Erwin Huber. So reinigt er Biergläser nie in der Spülmaschine oder poliert sie; es könnten Rückstände oder Fusel zurückbleiben, die den Geschmack trüben. Am besten spült man das Glas vorher kurz aus und macht es nicht zu voll. „All’ diese feinen Nuancen haben enormen Einfluss“, ist der Bierliebhaber überzeugt.

Erwin Huber und seine Frau Ingrid, die vielen Wolnzachern durch ihre Kochkurse für die Volkshochschule bekannt ist, haben gerne Gäste. Wenn Verwandte oder Bekannte kommen, gewähren die beiden bereitwillig Einblick in ihren Braukeller. „Führungen in großen Brauereien können gar nicht so in Tiefe gehen wie ich. Das ist schon ein Erlebnis“, sagt Erwin Huber. Währenddessen kümmert sich Ingrid Huber um das leibliche Wohl der Gäste, versorgt sie mit einer deftigen Brotzeit oder einem zünftigen Mittagessen. Die Gäste seien immer hellauf begeistert; oftmals hörten sie Sätze wie „Ein solches Bier hab’ ich noch nie getrunken“. Darauf sind Erwin und Ingrid Huber stolz.

Wie vielseitig Bier in der Küche ist, weiß die passionierte Köchin Ingrid Huber. Bier verleiht Speisen eine feine Geschmacksnote und eine besondere Farbe oder sorgt für eine gute Kruste beim Schweinebraten. Sie bereitet Speisen aller Art mit Bier zu, von Suppen über Schmorgerichte bis zu Desserts wie Weißbiertiramisu. „Wenn meine Frau ihr Bierfleisch zubereitet, duftet es im ganzen Haus herrlich nach Bier“, schwärmt Erwin Huber. Oder der Treber – eigentlich ein Abfallprodukt, das lange Zeit allenfalls als Tierfuttermittel verwendet wurde – eignet sich hervorragend zum Brotbacken. Erwin Huber schwebt auch eine Wurst mit Treber vor, die er zusammen mit einem befreundeten Metzger aus Augsburg herstellen möchte. Die experimentelle Phase soll nach Ostern starten.

Wie lange der rüstige Erwin Huber noch Bier brauen möchte, kann er nicht genau sagen: „So lange es geht, gelingt und Spaß macht.“ Wenn es denn mal so weit ist, steht die Nachfolge bereits fest. Schwiegersohn Hans-Jürgen wird die Hausbrauerei im Sinne von Erwin Huber fortführen. „Darüber bin ich sehr froh“, sagt er.
Am Donnerstag beleuchten wir Bier als Forschungsobjekt.