Rebdorf
Ein Gefängnis wird zur Schule

Vor sechzig Jahren startete die Knabenrealschule Rebdorf - Pater Rupert Schabl war der Gründungsdirektor

06.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:27 Uhr
  −Foto: Sammlung Ettle

Rebdorf (EK) Eine schmerzhaft empfundene Lücke in der Bildungslandschaft von Stadt und Kreis Eichstätt wurde vor sechzig Jahren durch die Eröffnung der Knabenrealschule Rebdorf geschlossen.

Abertausende Buben und junge Erwachsene erwarben seitdem dort den mittleren Schulabschluss mit hervorragenden Chancen im Berufsleben. Viele machten Karriere in den höchsten Etagen von Wirtschaft und Behörden.

Eichstätt hatte zuvor schon eine Realschule und zwar ab 1874, die fünfzig Jahre später rund 200 Schüler unterrichtete. Nach dem Zweiten Weltkrieg aber blieben die Tore dieser Schule im ehemaligen Eucharischen Krankenhaus gegenüber der Maria-Hilf-Kapelle geschlossen. Da war es ein Segen, dass die Herz-Jesu-Missionare am 21. August 1958 den großen Rebdorfer Komplex vom Freistaat Bayern erwarben, um die Knabenrealschule mit Internat und das Mutterhaus der neu gegründeten Schwesterngemeinschaft Missionarinnen Christi darin zu errichten. Mit einem gewaltigen Kraftakt schafften es die Planer, Bauhandwerker und das Mitarbeiterteam des Klosters, dass in kürzester Zeit, nämlich am Dienstag, 15. September 1959, Schüler und Lehrer in neu geschaffene Klasszimmer einziehen konnten. Das Gefängnis war zur Schule geworden.

Nach der Verkleinerung und schließlich dem Auszug der Insassen des Arbeitshauses, das seit 1857 Arbeitsscheue und Kleinkriminelle - in den letzten Jahren auch Frauen - verwahrte und einige Jahre noch Staatserziehungsanstalt war, wurde um die weitere Verwendung der ehemaligen Gebäude und Felder der Augustinerchorherren gepokert. Ideen wurden diskutiert und wieder verworfen, wie etwa die Ansiedlung des Großversandhauses Quelle oder Aufteilung des Landes an Bauern. Eingezogen sind schließlich 1945 Flüchtlinge, vor allem aus Litauen, und 1951 Polizisten zur Ausbildung, bis 1958 die Herz-Jesu-Missionare mit ihrer Idee einer Realschule kamen.

Entfernt wurden als Erstes die ausbruchsicheren massiven Gitter an Fenstern und Toren. Die Schüler sollten nicht den Eindruck bekommen, in ein Gefängnis geraten zu sein. Die Zellen waren zu Zimmern vergrößert worden. Für die Internatsschüler waren Küche, Speise- und Schlafsäle eingerichtet, es gab Studierzimmer und Aufenthaltsräume. Freilich roch es in den ersten Schulwochen noch nach Farbe und es standen an den Außenmauern noch Gerüste. 174 Schüler starteten an der neuen Schule im Eichstätter Vorort Rebdorf, der zur Gemeinde Marienstein gehörte. Rund 90 Buben kamen aus vielen Ecken Bayerns und bezogen das Internat. Einen jungen Hamburger hatten seine Eltern angemeldet. Wie der EICHSTÄTTER KURIER damals berichtete, waren die prominentesten Schüler ein Bub aus Kanada und einer aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Schwestern des Ordens der Missionarinnen Christi kümmerten sich um die Internatsschüler. Im Juli 2007 schloss das Internat mangels Nachfrage die Pforten.

Der Unterricht wurde im ersten Jahr 1959 von drei Patres der Herz-Jesu-Missionare, von zwei Schwestern und drei weltlichen Lehrkräften erteilt. Auf allgemein bildende Fächer war großer Wert gelegt worden, ebenso auf technische Wissenschaften wie Mathematik, Physik und technisches Zeichnen. Eine Verknüpfung gab es mit dem kaufmännischen Bereich, mit Buchführung, Tippen auf der Schreibmaschine und Kurzschrift. Religionsunterricht, Turnen und Musik kamen nicht zu kurz.

Die Leitung der Schule lag in Händen von Direktor Pater Dr. Rupert Schabl. Beim allerersten Schulgottesdienst in der Kirche Sankt Johannes war von Schwung, Optimismus und der Aufforderung an die Jugend, "frisch und munter an die Arbeit zu gehen", die Rede. Männer des Aufbaus in Rebdorf waren Pater Provinzial Christian Moser und Pater Superior Adolf Hanne, die beide ihr Werk nicht weiter wachsen sehen konnten, da sie bereits 1961 starben.

Mittlerweilen hat die große und so erfolgreiche Bildungsstätte im ehemaligen Kloster aus dem Jahr 1156 und der Zwangsarbeitsanstalt von 1857 ein zweites Standbein: Im Jahr 2014 zogen die Mädchen der Realschule Maria Ward vom Residenzplatz nach Rebdorf. Beide Schulen sind in Trägerschaft der Diözese Eichstätt.

Josef Ettle