Ilmmünster
Ein ganzes Dorf auf der Bühne

Zum Jubiläum läuft der Film vom Theaterstück 1996 im Freilichtkino

19.07.2021 | Stand 23.09.2023, 19:51 Uhr
Ilmmünsterer auf der Bühne: Beim Theaterstück "Das sterbende Kloster" wirkte 1996 unter anderem Anton Steinberger (kniend vor Franz Schuhbauer) mit. −Foto: privat

Ilmmünster - Es ist ein Vierteljahrhundert her, aber noch heute bekommen die Aktiven von damals glänzende Augen: Mit dem Theaterstück "Das sterbende Kloster" ist den Ilmmünsterern ein Riesenspektakel gelungen. Mit großer Freude blicken die Beteiligten von damals daher auf die Freilichtkinotermine, bei denen der Film gezeigt wird - nämlich an diesem Wochenende, 23. und 24. Juli, jeweils zur Dämmerung auf der Festwiese hinter dem Rathaus.

Beinahe ganz Ilmmünsterauf der Bühne

Einmal mussten die Bürger von Ilmmünster singend auf die Bühne gehen. "Das Lied kann ich heute noch", sagt Peter Winkelmair. Gemeinsam mit seiner Frau Marianne gehörte er beim Theaterstück zum Volk, er spielte den Westermeier und sie die Haselbergerin. "Wir hatten zum Glück nicht so viel Text, da mussten wir nicht so viel lernen", erinnert sich Peter Winkelmair mit einem Lachen. Um einiges mehr Text hatte hingegen Brigitte Oberleitner, inzwischen Wallner, in der weiblichen Hauptrolle als Magdalena. "Sie hatte jedes Mal so viel Herzklopfen", erzählt Marianne Winkelmair. "Sie hat immer gesagt: ,Ich geh da nicht raus, ich geh da nicht raus.'" Aber letztlich sind doch alle Schauspieler auf die Bühne getreten. "Das war schon schön, das war ein Ereignis", sagt Marianne Winkelmair noch heute. "Wenn man sieht, was ein Dorf auf die Füße bringt - das schafft keine Stadt."

Dutzende Ilmmünsterer wirkten mit beim Freilufttheater im Pfarrhof, von Tassilo Retzlaff als jüngstem Darsteller über die vielen Helfer im Hintergrund bis zu Hedwig Herrler als ältester Theaterspielerin. "Die Hedwig hat bei der Probe einmal ihren Text vergessen", weiß Marianne Winkelmair noch ganz genau. Nebenan war während der wochenlangen Proben eine Baustelle gewesen. "Und als nun die Hedwig ihren Text nicht mehr wusste, da ruft ihr ein Bauarbeiter die Zeilen vom Gerüst aus vor. Die hatten die Szenen schon so oft gesehen, da konnten sie fast schon mitspielen", sagt Winkelmair.

Ständiger Kontakt mit der Wetterwarte

Mit auf der Bühne stand damals auch Anton Steinberger, inzwischen Altbürgermeister - und 1996 eigentlich mitten im Kommunalwahlkampf, schließlich wollte er Bürgermeister werden. "Ich hatte schon immer wieder Theater gespielt", sagt er heute. "Aber das war meine größte Rolle." Als Theoderich Mair schlüpfte er in das Gewand des Probstes. "Während einer Aufführung war gleichzeitig das EM-Finale gegen Tschechien", erinnert er sich. Aber die Zuschauerränge waren in Ilmmünster trotzdem voll. "Während dem Theaterstück gab es dann einen Riesenschrei in der Nachbarschaft - da hat man gewusst, dass Deutschland gerade Europameister geworden ist." Aber nicht nur auf der Bühne übernahm Steinberger eine wichtige Rolle. Als Gemeinderat gehörte auch zum Festausschuss rund um das Jubiläum und half beim Theater auch bei der Organisation. "Es war ja eine Freiluftaufführung - also mussten wir immer schauen, was das Wetter macht", sagt er. Aber 1996 gab es noch kein Internet und keine App für ein Regenradar. "Martin Wolf und ich haben dann immer bei der Wetterwarte vom Flughafen angerufen und nach dem Wetter gefragt", erzählt Steinberger. Wenn die Aussichten gut standen, gab es im Rathaus einen Telefonanschluss mit entsprechender Bandansage - und die Flaggen im Pfarrhof wurden gehisst. So wussten die Ilmmünsterer, heute wird gespielt. "Einmal haben wir die Aufführung abgesagt, obwohl am Nachmittag strahlender Sonnenschein war", sagt er. "Die Leute konnten es daher nicht nachvollziehen - aber am Abend kam tatsächlich ein großes Unwetter."

Großer Auftritt für Franz Schuhbauer

Einer, der auf der Bühne vollkommen aufging, war Franz Schuhbauer, wie Steinberger und auch die Winkelmairs noch genau wissen. Als Sixtus von Tannberg spielte er den Bischof von Freising. "Teil seiner Rolle war, dass er die Zuschauer segnet. Da hat er sicherheitshalber vorher den Ilmmünsterer Pfarrer gefragt, ob er als Nichtgeistlicher das überhaupt darf", sagt Steinberger. Noch Jahre nach dem Jubiläumstheater schwelgte Schuhbauer in Erinnerungen, wie Marianne Winkelmair erklärt. "Er saß immer in seiner Wirtschaft und hat seinen Gästen gern erzählt, wie das mit dem Theater so war."

Auch für Regisseur Martin Wolf war Schuhbauer als Bischof von Freising die perfekte Besetzung. "Der wollte eigentlich selbst eine Theaterbühne in seiner Wirtschaft bauen, aber die Familie wollte eine Kegelbahn", erzählt Wolf. Die Besetzung als Sixtus von Tannberg war dann beinahe Schicksal. "Er ist zur ersten Probe gekommen und konnte den ganzen Text", sagt Wolf. Auch nach dem Theater habe Schuhbauer diese Erfahrung in Ehren gehalten: "Das Foto von sich als Bischof hatte er immer in seiner Gaststätte hängen gehabt."

Mit viel Liebe zum Detail

Damit es auf der Bühne und für die Zuschauer fehlerlos ablief, gab es vor 25 Jahren auch einen ganzen Stab für die Arbeit hinter der Bühne und zur Organisation. Als Regieassistentin packte Elisabeth Retzlaff mit an. Diese Erfahrung und gerade die Zusammenarbeit mit Martin Wolf als Regisseur prägten sie für die Zukunft. "Ich war bei der dann gegründeten Dorfbühne auch als Regieassistentin dabei - und habe dann über mehrere Jahre selbst Regie geführt", sagt sie. "Ich habe sehr viel vom Martin gelernt: Er konnte konsequent sein um seine Vorstellungen umzusetzen - aber er war trotzdem offen für die Ideen anderer." Beim Jubiläumstheater war Elisabeth Retzlaff die Frau für die Details. "Ich habe mich darum gekümmert, dass die richtigen Requisiten am richtigen Ort sind", sagt Retzlaff. "Schon bei den Proben habe ich zu den Männern gesagt, dass sie keine Eheringe oder Armbanduhren tragen dürfen", erinnert sie sich. "Das haben manche übertrieben gefunden - aber sie sollten sich schon für die Aufführung daran gewöhnen." Es sollte alles in die Zeit des Stücks passen, so Retzlaffs Anspruch: von den Schuhen - die sie zum Teil selbst nähte - bis zu den kleinen Köstlichkeiten, die auf der Bühne serviert wurden. Die bekam wiederum ihr Mann zu essen: Jörg Retzlaff war als Marquart Hinzenhauser der Landrichter von Pfaffenhofen und durfte sich auf der Bühne von den "drei Grazien" Agnes Krönauer (heute D'Alessandria), Bernadette Schenk und Martina Lachner (heute Kreitmayr) verköstigen lassen.

Ilmmünsterer Helden in Strumpfhosen

Was auf der Bühne so elegant rüberkam, bedeutete hinter den Kulissen aber auch viel Überzeugungsarbeit. "Das Schlimmste war, die Strumpfhosen anzuziehen - das war sehr gewöhnungsbedürftig", sagt Jörg Retzlaff noch heute. Seine Frau sieht das aus einer etwas anderen Perspektive: "Die Männer haben ein Gestell gemacht deswegen, die haben sich geniert", erzählt sie mit einem Lachen.

Dass dieses Theaterstück so große Ausmaße annimmt, hatte zu Beginn der Planungen wohl keiner gedacht. In ihren Gemeinderatsunterlagen von 1994 hat Elisabeth Retzlaff notiert: "historisches Spektakel mit vielen Beteiligten". Letztlich wurde daraus ein halbes Jahr harte Arbeit mit Vorbereitungen und Proben, ein Sommer voller Aufführungen mit Zuschauern weit über die Landkreisgrenzen hinaus - und schließlich entstand daraus auch die Ilmmünsterer Dorfbühne, die es bis heute gibt. "Erst sagt man sich bei einem Theaterstück: Hoffentlich ist es bald vorbei, weil es so viel Arbeit ist", sagt Jörg Retzlaff. "Aber wenn es dann rum ist, fällt man in ein Loch."

PK

Claudia Lodermeyer