Eismannsdorf
„Ein furchtbarer Knall und ein gewaltiger Feuerball“

Augenzeugen erinnern sich: Vor 35 Jahren stürzte nahe Breitenbrunn ein Starfighter ab – Vogelschlag oder technischer Defekt?

04.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr
Die Lockheed F-104 Starfighter war ein ebenso rasantes wie elegantes aber unzuverlässiges Jagdflugzeug der Luftwaffe. Unser Archivbild zeigt eine Maschine nach der Landung in Manching im August 1981. Genau ein Jahr später zerschellte ein Jet gleichen Typs auf einem Feld bei Breitenbrunn. Der Pilot konnte sich damals mit dem Schleudersitz retten. −Foto: Schmatloch

Eismannsdorf (rat) An die Ereignisse des 4. August 1982 erinnert sich Johann Riepl als wären sie erst gestern gewesen.

„Ich habe mittags in Eismannsdorf in meinem Garten gearbeitet, als ich das Flugzeug kommen hörte. Aber dessen Geräusch war ungewöhnlich.“ Deshalb blickte der damals 39-jährige Landwirt in den Himmel und sah einen Starfighter, der sich rasch näherte und nur noch einige 100 Meter hoch flog. Damals seien regelmäßig Kampfjets über die Gemeinde Breitenbrunn gedonnert. „Doch dieses Flugzeug schlug hin und her, als würde es von Turbulenzen gebeutelt.“ Wenige Sekunden später stieg ein gewaltiger Feuerball auf. „Es hat furchtbar geknallt. Und dann sah ich den weißen Fallschirm herunterkommen.“ Glücklicherweise konnte sich der damals 30-jährige Pilot, Hauptmann Helmut Renger, mit dem Schleudersitz retten.

 

Viele seiner Kollegen hatten weniger Glück. Von den 916 Starfightern der Bundeswehr gingen 300 durch Unfälle verloren, davon 269 durch Abstürze. 166 Piloten bezahlten die Unzuverlässigkeit des Flugzeugs mit ihrem Leben. Die 2,2 Mach schnelle Lockheed F-104 hatte über Jahrzehnte einen traurigen Ruf als „Witwenmacher“ und wurde oft „Sargfighter“ genannt. Vor genau 35 Jahren zerschellte eine in Memmingen gestartete Maschine auf einem Getreidefeld nahe Breitenbrunn.

Johann Riepl lief damals zur Absturzstelle, Autos hielten an. „Der Pilot war 400 Meter entfernt gelandet.“ Er sei rasch abgeholt worden. Ein Löscheinsatz sei nicht nötig gewesen, berichtet Riepl, der damals auch Mitglied der Dorffeuerwehr war. Es sei lediglich das Kerosin verbrannt. Der Eismannsdorfer ist sicher, dass der Pilot die Absturzstelle auf freiem Feld bewusst gewählt und sich erst in letzter Sekunde aus der Maschine katapultiert hatte.

Auch Bürgermeister Johann Lanzhammer erinnert sich noch gut an die Ereignisse. Der Knall sei in Breitenbrunn laut zu hören gewesen. Bald darauf seien Bundeswehreinheiten aus Hemau angerückt, um das Gelände abzusperren. Auch Lanzhammer ist überzeugt, dass der Pilot den Starfighter in einem mutigen Manöver gerade noch über Dürn hinweg gezogen hatte, ehe er abstürzte.

Als er in Breitenbrunn den Schlag gehört hatte, fuhr der damals 28-jährige Josef Adler sofort zum Unglücksort. Den riesengroßen Krater im Boden sieht er noch heute vor sich. „Und überall lagen die Trümmer des Flugzeugs herum“, erzählt er.

Das Flugzeug hatte zuvor an einem Tiefflugtraining über dem Truppenübungsplatz Hohenfels teilgenommen. Als Absturzursache wurde damals Vogelschlag genannt. Doch möglicherweise ist auch der Unfall in Breitenbrunn auf einen technischen Defekt zurückzuführen. Auf der Webseite der International F-104 Society, auf der das Schicksal aller Starfighter erfasst ist, wird ein anderer Absturzgrund erläutert. Danach habe sich der Deckel einer Inspektionsöffnung gelöst, sei vom Triebwerk angesaugt worden und habe das Aggregat zerstört. Da der Starfighter nur über ein Treibwerk verfügte, war bei dessen Ausfall der Absturz unvermeidlich.

Der Acker, der zum Unfallort wurde, gehörte damals dem Breitenbrunner Landwirt Josef Gmelch. Sein Sohn Leonhard Gmelch weiß noch genau, dass nach dem Absturz ein umfangreicher Erdaushub vorgenommen worden sei, um alle Wrackteile zu bergen. Für das verbrannte Getreidefeld habe die Familie eine Entschädigung von 1000 Mark bekommen. Angesichts dieser beträchtlichen Summe habe Josef Gmelch damals gesagt: „Für 1000 Mark kann jedes Jahr ein Flugzeug in unser Feld fallen.“