Neuburg
Ein Feuerwerk der Klänge

Hochkarätige Musiker begeistern Publikum beim Gitarren-Festival "Barock bis Rock" im Museumsgarten

22.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:53 Uhr
Josef Heumann
Klassische Musik interpretiert das Alegrias-Guitar-Trio im Museumsgarten neu. Ein Zusammenspiel auf zwölf Saiten in höchster Perfektion präsentieren Julia Toaspern und Tony McManus und starke Lieder. −Foto: Heumann

Neuburg (DK) Drei Gitarren-Formationen an einem Abend, also praktisch nur ein Instrument.

Und alle kommen irgendwie aus der Klassik, haben Jazz im Repertoire, verstehen natürlich zu grooven. Klingt ziemlich nach Einerlei - doch dem ist nicht so, ganz im Gegenteil. Ein Feuerwerk an gerade durch ihre Individualität faszinierenden Möglichkeiten auf sechs Stahlsaiten brannte das kleine, aber feine Gitarren-Festival "Barock bis Rock" im Neuburger Museumsgarten schon an seinem ersten Abend ab.

Dabei waren die Möglichkeiten noch bei weitem nicht ausgereizt, zu denken etwa an pure Klassik, Barock, echten Flamenco, Tango - kein Zweifel also, dass dem Gitarren-besessenen Veranstalter Noppo Heine Stoff wie Lust so rasch ausgingen. Die oft beschworene Idylle der Veranstaltungs-Location, der Wehrmauer bestandene Museumsgarten trägt stimmungsmäßig einiges noch bei; ein bisschen Party gehört bei diesem Gute-Laune-Festival einfach dazu. Mit so ein bisschen Lagerfeuer-Geklampfe hat ein in der Tat bei aller Gemüt- und Genüsslichkeit hochkarätiges Event wie hier im Museumsgarten wenig gemein. Und doch weiß man schon seit jenen Lagerfeuer-Tagen, dass die Gitarre eigentlich die Antworten und in manchen Momenten schier die einzigen Antworten auf jegliche Lebenslagen kennt: ob stürmisch drängend gerade die Welt erobernd oder sich hingebungsvoll dem fatalsten Weltschmerz auszuliefern. In diesem Sinne sorgte das Alegrias Guitar Trio gleich mal für die richtige Einstimmung in dieses Festival der "Spielfreude", was das Wort "Alegrias" ins Deutsche übersetzt in etwa bedeutet. Das aus der Augsburger Musikhochschule hervorgegangene Trio mit Dimitri Lavrentiev, Takeo Sato und Klaus Wladar bleibt am nächsten an der klassischen Musik, Schwerpunkt Romantik, schon im Übergang auch zur Moderne. Nun bringen die Drei keineswegs eine Eins-zu-eins-Übersetzung, wie man die elf Noten einer Tonleiter auf so ziemlich allen Instrumenten spielen kann, im Prinzip zumindest. Das Trio beschreibt eine sublim wie individuell sensible Aneignung der einzelnen Stücke, erschafft dazu sein ganz eigenes Kolorit und bleibt doch dem Charakter der Werke treu. Eine eigene Sichtweise ja, aber die Drei nehmen bei aller "Alegrias" sich selbst nie wichtiger als den Komponisten.

Da zeigt Sönke Meinen schon mehr Ego, aber bei zumeist Selbstgeschriebenem darf er das auch. Auch er kommt aus der Klassik, beim Aufbau seiner Akkorde hört man "beste Schule" heraus. Offen für Vieles, erzählt Meinen Balladen, schlägt aber rasch gegen allzu viel Romantik einen trockenen Beat an, in perfektem Fingerstyle kultiviert er Bebop-Einflüsse, beherrscht als Virtuose stets die Kitsch-Bremse. Und wenn seine Musik dann auch noch so viel erzählt als die oft ellenlangen Verbal-Einleitungen davor, kann Sönke Meinen mal ein ganz Großer werden.

Zum Finale oder besser gesagt zum finalen Höhepunkt: Tony McManus im intimst aufwühlenden Dialog mit Julia Toaspern. Ein Frage-und-Antwort-, dann wieder Rede-und-Gegenrede-Spiel, Thema con Variatione in vollendeter Duo-Kultur, gepaart mit jeder Menge Spontanimpuls. Ausgangspunkt ist Celtic-Folk, wozu eigentlich die typischsten Instrumente fehlen, auch wenn Julia Toaspern auch mal auf die Geige wechselt. Aber beider Spiel schafft ein ganz eigenes Idiom, weitet sich zu einer Weltreise der Musik. Wenige Grundnoten genügen oftmals, ein ganz kurzes Zitat auch, um daraus in häufig engst geführten Modulationen die raffiniertesten Webmuster zu formen. Es sind Klang-Teppich - und wie bei einem persischen oder türkischen Teppich: Jeder ist anders, ist ein Unikat und trägt doch so markant seine identifizierbare Handschrift. Hohe Finger-Kunst eben.

Josef Heumann