Ingolstadt
Ein Fall für Miss Marple

"Ein Mord wird angekündigt": Beim Gastspiel in Ingolstadt ist Erol Sander als Inspektor Craddock zu erleben

01.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr

So ein Tohuwabohu: Miss Marple (Christl Bergmeier) geht in Deckung hinter Detektive Constable Berkley (Steps Lossin, Mitte), der versehentlich Inspektor (Erol Sander) bedroht. - Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Jede Menge skurrile Bewohner weist das frühviktorianische Haus Little Paddocks im eigentlich beschaulichen englischen Dörfchen Chipping Cleghorn auf. Mit einem Mord rechnet hier eigentlich niemand, schon gar nicht mit einem in der örtlichen Zeitung angekündigten.

Mit der Annonce, die für 18.30 Uhr zu einem Mord auf Little Paddocks einlädt, beginnt die Kriminalkomödie, oder besser gesagt Parodie einer Komödie, "Ein Fall für Miss Marple - Ein Mord wird angekündigt" des Tourneetheaters "Komödie Wasserburg" im nahezu ausverkauften Ingolstädter Festsaal. Während sich die herrlich überkandidelte Dora Bunner (Kirsten Lossin), genannt Bunny, die die Anzeige entdeckt hat, fürchterlich aufregt, bewahrt Hausbesitzerin Letitia Blacklock (glaubhaft cool: Gabriele Preuß) die Ruhe - auch als immer mehr Telefonanrufer mit den seltsamsten Anliegen auf sie zukommen. Man sei leider verhindert, persönlich zu kommen, aber ob Letitia vielleicht Fotos von dem Mord machen könne?

Erheiternd auch die temperamentvoll-kapriziösen Auftritte der ungarischen Köchin Mitzi (Constanze Baruschke), die sofort befürchtet, sie sei als Opfer auserkoren, und sich nur durch schmeichelhafte Kochaufträge ablenken und davon abhalten lässt, sich in ihrem Zimmer einzusperren. Natürlich ist es nicht Mitzi, die kurz darauf tot im Wohnzimmer liegt - sie darf weiter kräftig mit Knoblauch würzen und Torten mit Namen "Köstlicher Tod" servieren.

Rätsel gibt der Mann auf, der tatsächlich ziemlich pünktlich nach funkensprühendem Stromausfall und mehreren Schüssen zu Füßen der entsetzten Gesellschaft liegt, während Letitia mit einem blutenden Ohr davongekommen ist. "Zu spät", kommentiert Miss Marple, just in dem Moment von ihrem Arzttermin zurückkommend, den Ruf nach einem Doktor, "sagen Sie ihm, er muss einen Totenschein ausstellen." Christl Bergmeier fühlt sich offensichtlich wohl in der Rolle der schrulligen Privatdetektivin, deren Attitüden sie wunderbar auslebt, vom energischen Schritt und kurzsichtigen Blinzeln über das kecke Näschen, das sie überall hineinsteckt, bis zum tatkräftigen Einsatz von Regenschirm und Handtasche. Herrlich ihre Pas de deux mit Inspektor Craddock, mit dem sie die Klingen kreuzt, der aber relativ schnell zu dem Schluss kommt, lieber mit ihr zusammenzuarbeiten. Alle Figuren werden stark überzeichnet, doch Erol Sander setzt noch eins drauf mit seinen hektisch-abrupten Bewegungen, unmotiviertem Anschreien der Zeugen und Anschmachten der Zeuginnen. Weniger wäre da sicherlich mehr, wie der zweite Teil nach der Pause zeigt - oder vielleicht hat sich das Publikum da bereits an die überzogene, von ihm als Filmschauspieler völlig ungewohnte Theatralik gewöhnt.

Insgesamt bietet das Stück gut zwei Stunden amüsante Unterhaltung dank Agatha Christies trockenem britischen Humor, der immer wieder durchblitzt, dank des spielfreudigen Ensembles, dem die überzeichneten Typen gut gelingen. Passend besetzt auch die Nebenrollen; Steps Lossin als wehrhafter Colonel, der mit seinem Gewehr über die Bühne stolpert oder als Detektive Constable Berkley schweigt und isst, ohne Nennenswertes zur Aufklärung der beiden Morde beizutragen. Welche Geheimnisse Julia Simmons (Nathalie Dorff), Patrick Simmons (Andreas Schwankl) und Philippa Haymes (Karin Killy) verbergen, klärt sich am Ende, und dem Muttersöhnchen Edmund Swettenham (Peter Fritsch) gelingt (hoffentlich) der Befreiungsschlag. Wenn auch der Spannungsbogen nicht allzu hoch steigt, so entwickelt und klärt sich die Geschichte überzeugend nach guter alter Agatha-Christie-Logik, und das Ensemble wird mit verdientem Applaus belohnt.