Er galt als "Macher". Als einer, der Ingolstadt wirtschaftlich weit nach vorne gebracht hat. Erst als Wirtschaftsreferent, dann zwölf Jahre lang als Oberbürgermeister, wo Alfred Lehmann die Stadt geführt hat wie ein Wirtschaftsunternehmen.
Und durch die Vielzahl neu gegründeter GmbHs als Tochtergesellschaften den Begriff "Konzern Stadt" geprägt hat. Der CSU-Politiker galt auch als Machtmensch - was ihm schließlich den Beinamen "Sonnenkönig" einbrachte. Alfred Lehmann, eine Respektsperson, die über die Region hinaus hohes Ansehen genoss. Und dann so ein tiefer Fall!
Jetzt muss Lehmann mit dem Makel leben, die Hand aufgehalten zu haben. Ein korrupter Politiker zu sein. Die Vorbildfunktion, die er auch beim Thema Compliance von Mitarbeitern in Führungspositionen einforderte, erfüllte er selbst nicht. Das hat er, wenn auch spät, eingestanden, nachdem er bis kurz vor knapp im Gericht absolut überzeugt schien, völlig zu Unrecht auf der Anklagebank zu sitzen.
Wer zu weit oben steht, verliert leicht die Bodenhaftung, heißt es. Und manchmal auch die Wahrnehmung, wie der Fall Lehmann zeigt. Das Gericht hat die Vorwürfe gegen den früheren Ingolstädter Rathauschef akribisch aufgearbeitet, hat Gutachten der Staatsanwaltschaft durch eigene, in Auftrag gegebene ergänzt und den Sachverständigen mehrmals in den Zeugenstand gerufen. Man hat Berge vorgelegter Akten, E-Mails und Notizen auf jedes kleine Detail geprüft und bewertet - völlig unabhängig von der Person, die da auf der Anklagebank sitzt. Und ist letztlich zu einem fairen Urteil gekommen.
Doch wie kann es überhaupt soweit kommen, dass ein OB sein Amt für eigene Zwecke missbraucht? Wo bleibt die Kontrolle durch die Aufsichtsgremien? Da ist zum einen das undurchsichtige Geflecht zumeist kommunaler GmbHs. Die legen zwar regelmäßige Berichte im Stadtrat vor, tagen aber in der Regel nicht-öffentlich. Was eine Kontrolle durch politische Gremien nicht eben leichter macht. Übrigens nicht nur in Ingolstadt.
Dass allerdings in Ingolstadt Alfred Lehmann sogar nach der Amtsübergabe an seinen Ziehsohn Christian Lösel nicht zuletzt im Klinikum noch hinter den Kulissen die Strippen ziehen konnte, gibt zu denken. So wurde er beispielsweise von Klinikums-Mitarbeitern vor Aufsichtsratssitzungen stets in einem gläsernen Besprechungsraum an der Seite des früheren Geschäftsführers Heribert Fastenmeier gesehen, als längst Lösel dem Gremium vorstand. Auch wenn Lehmann nicht mehr an der Spitze von Zweckverband und Aufsichtsrat stand, war seine Meinung also immer noch sehr gefragt.
Warum Lehmann sein Engagement gerade für die Belange des Klinikums so wichtig war, erscheint nun in einem anderen Licht. Der "Sonnenkönig" hat sich selbst in den Schatten manövriert.
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