Stockholm (DK) Es ist Zeit, sich bei den Schweden zu bedanken. Das meint zumindest die Ingolstädter Media-Saturn-Holding (MSH).
Als gar nicht so kleines Dankeschön – genau genommen ist es 4500 Quadratmeter groß – für all die praktischen und schönen Dinge, die uns die Skandinavier in den vergangenen Jahrzehnten beschert haben, sowie für deren Gastfreundschaft hat sich die MSH nun mit der Eröffnung eines MediaMarkts am Donnerstag in Stockholm revanchiert.
"Tack, Sverige" ("Danke, Schweden") heißt die Werbekampagne zur Eröffnung des überhaupt ersten MediaMarkts in ganz Skandinavien, in deren Rahmen die Elektronikfachmarktkette die Klaviatur dessen, was man in Deutschland gemeinhin mit Schweden in Verbindung bringt, rauf und runter spielt.
Von Abba bis zur Königin
Da heißt es beispielsweise "Danke für Eure preiswerten Verkehrsschilder" (die mit dem Elch darauf, die einst an schwedischen Straßen vor den massigen Tieren warnten und jetzt die eine oder andere deutsche Wohnung zieren ). Oder auf dem Plakat mit dem Sechskantschlüssel: "Danke, dass Ihr uns gelehrt habt, Möbel zu montieren". Dann ist da noch das Poster mit Schloss Drottningholm, dem Wohnsitz des Königspaars, mit dem Spruch: "Danke, dass Ihr unserer Olympiahostess so ein schönes Zuhause gegeben habt". Und natürlich darf auch die Reminiszenz an Abba nicht fehlen: Auf der Werbung mit dem Plateauschuh heißt es "Tack, Sverige" und dann im Originalton "For the Music".
Doch was bietet MediaMarkt den Schweden laut den gleichen Plakaten als Gegenleistung? Die niedrigsten Preise, die Montage von Heimelektronikanlagen und das größte Entertainment-Angebot.
Ein neues Land (das mittlerweile 13., in dem die MSH an den Start ging), das alte Ziel: Der zuständige Landescoach Martin C. Rusterholz hat nämlich auch für Schweden als Ziel die Marktführerschaft ausgegeben, kaum dass Media-Saturn erstmals einen Fuß in das skandinavische Land gesetzt hat. Allerdings hat der Fußabdruck, den die Ingolstädter in der Film- und Einkaufsstadt Heron City vor den Toren der schwedischen Hauptstadt hinterlassen haben, gleich eine gehörige Größe: Auf zwei Stockwerken werden 45 000 verschiedene Artikel angeboten. Tausende von Kunden haben bereits am ersten Tag den insgesamt 588. Markt der Media-Saturn-Gruppe gestürmt.
Doch damit sie neben dem schwedischen Marktführer Elgiganten, der Tochter des europäischen Media-Saturn-Hauptkonkurrenten Dixons Group aus England, und den beiden anderen großen Anbietern Onoff und Siba eine weitere Wahlmöglichkeit beim Einkauf haben, war in der Media-Saturn-Zentrale eine Menge Vorarbeit nötig.
Vor etwa eineinhalb Jahren sei die Entscheidung, in Schweden als erstem skandinavischen Land einen MediaMarkt zu eröffnen, gefallen, erzählt Rusterholz. Dazu habe eine Task Force, "ein kleines Trüppchen", alles "aufgegleist", so der Schweizer, der bei Media-Saturn auch Landescoach für Spanien, Portugal und die Niederlande ist.
Dann sei er alleine einige Male nach Schweden geflogen, denn er brauche "ein Gespür für ein Land", so Rusterholz. "Ich wollte wissen, was der Schwede für einer ist." Diese Gesamteinschätzung holte er sich in verschiedenen Städten beim Einkaufen oder bei Restaurantbesuchen jeweils zu unterschiedlichen Tageszeiten. Irgendwann ist der Schweizer nach eigener Aussage dann "ins schwedische Fahrwasser gekommen".
Zu dieser Zeit hatten sich die Immobilienspezialisten der Holding bereits in Schweden nach geeigneten Standorten umgesehen. "Sechs bis sieben" in Stockholm und Göteborg sind schließlich in die engere Wahl gekommen.
Daneben ist die Suche nach der Landesgeschäftsführung angelaufen. Eine wichtige Aufgabe. Denn, "wenn diese Leute sich verstehen, läuft die Kiste", weiß Rusterholz. Mit Erwin Rauh (50) für den Vertrieb (zuvor Marktgeschäftsführer in Wien), Per-Erik Wernersson (41) für den Einkauf (vorher Sales Director bei Mitbewerber Onoff) und Christian Schrahe (33) für die Finanzen (bisher Projektleiter Schweden in der Media-Saturn Systemzentrale) glaubt Rusterholz die Idealbesetzung für den Markteintritt in Schweden gefunden zu haben.
Inzwischen hatten auch die Einkäufer der Holding ihre Hausaufgaben gemacht und Kontakt mit der dortigen Industrie aufgenommen. Denn die Erstbestückung des MediaMarkts in Heron City sei – wie bei jedem anderen neuen Markt – in Zusammenarbeit zwischen der Ingolstädter Zentrale und den Teamleitern des Marktes erfolgt. Künftig sind die sieben bis neun Teamleiter alleine dafür zuständig.
Geschäftsführer beteiligt
Sie stellen die Ebene unter den Marktgeschäftsführern dar, wobei letztere in Schweden vorläufig als Tandem auftreten und mit 9,95 Prozent an "ihrem" Markt beteiligt sind. Rusterholz, vor seiner Tätigkeit in Ingolstadt selbst Marktgeschäftsführer in der Schweiz, hält dies für einen hervorragenden Job. "Es ist das Größte, Marktgeschäftsführer eines 4500ers (gemeint ist die Quadratmeterzahl des Marktes) mit der dazugehörigen Mannschaft zu sein", versichert er.
Die Mannschaft war übrigens vier bis sechs Wochen vor Eröffnung an Bord. In Stockholm waren es beim Start über 100 Mitarbeiter. Dabei ist laut Rusterholz "trotz der erwarteten Fluktuation" kein Puffer eingebaut. "Wir arbeiten nicht mit dem Minimum oder dem Maximum, sondern mit dem Optimum, das ständig angepasst wird", erläutert er.
Im Vorfeld der Eröffnung in Heron City waren beim Aufbau im Übrigen auch Mitarbeiter aus anderen Märkten in den Niederlanden, in Griechenland, Deutschland und der Schweiz im hohen Norden, um dort Erfahrung zu sammeln. Umgekehrt hielten sich die Geschäftsführer in Märkten in der Schweiz, in Spanien und den Niederlanden auf, um Überraschungen zu vermeiden.
Ganz anders ist das bei den Stockholmern selbst. Sie wurden erst am 19. September mit der Nachricht, dass MediaMarkt in ihrer Stadt startet, überrascht. Erst seit diesem Tag läuft die Werbekampagne, "wer, wo, wann" zu ihnen kommt, wie es Rusterholz formuliert. Über Produkte und Preise hüllte sich sogar bis zum Eröffnungstag der Mantel des Schweigens. Erst dann informierte die Elektrofachmarktkette in den Tageszeitungen über ihre Angebote.
Göteborg folgt
Sorgen, dass es in Schweden nicht so gut laufen könnte, macht sich Rusterholz im Übrigen nicht, noch dazu "weil wir in die Weihnachtssaison hinlaufen". Bis freilich das vierte Lichtlein am Adventskranz brennt , hat der MediaMarkt in Heron City schon einen schwedischen Mitläufer. Nur einen Monat nach Stockholm wird nämlich bereits der zweite schwedische MediaMarkt in Göteborg eröffnet. "Das zeigt der Konkurrenz, dass wir mit Power herangehen", so Rusterholz.
Und nicht nur das: Ab 2007 wird der rote Schriftzug aus Ingolstadt nämlich auch an weiteren schwedischen Standorten zu sehen sein.
