Hilpoltstein
Ein Druckhaus soll P3 Logistic Parks verdrängen

Wie Allersbergs Grüne die Flächensuche des Nürnberger Pressehauses für ein Druck- und Logistikzentrum nutzen wollen

04.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:14 Uhr
Seit 1949 hat das Nürnberger Pressehaus seinen Sitz direkt vor den Toren der Altstadt. Begrenzt von Marienstraße, Badstraße, Blumenstraße und Gleißbühlstraße erstreckt sich das Betriebsgelände auf eine Gesamtfläche von knapp 1,8 Hektar. Für den möglichen Neubau eines Druck- und Logistikzentrums erkundet der Verlag jetzt freie Flächen rund um Nürnberg. Nach Informationen des Allersberger Grünen-Ortsverbandes ist auf vier Hektar ein klimaneutrales Gebäude mit Photovoltaikanlagen, Dachbegrünung und Blockheizkraftwerk geplant. Die Anzahl der Mitarbeiter solle zunächst bei rund 200 liegen, weitere könnten in einer späteren Ausbaustufe hinzukommen. Das Nürnberger Pressehaus erklärt jedoch zur Mitteilung der Grünen, sie würde "einen völlig falschen Eindruck" erwecken. −Foto: Karmann, dpa

Hilpoltstein/Allersberg - Werden die "Nürnberger Nachrichten" und die "Nürnberger Zeitung" künftig im Landkreis Roth gedruckt?

 

Eine Pressemitteilung des Allersberger Ortsverbandes der Grünen hat jetzt ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, dass das Nürnberger Pressehaus sein Interesse an Gewerbeflächen bekundet - allerdings nicht nur im Landkreis Roth, sondern in der ganzen Umgebung von Nürnberg.

"Auf einer Fläche von rund vier Hektar will die Nürnberger Pressehaus GmbH bis 2023 ein Druck- und Logistikzentrum errichten", schreibt Tanja Josche von den Allersberger Grünen, die auf eine Ansiedlung im geplanten Gewerbegebiet West II bei Altenfelden hofft. Die Anfrage des Pressehauses, die Josche wie zugeschnitten für Allersberg erachtet, richtet sich aber mitnichten nur an die Marktgemeinde, wie Karl Scheuerlein von der Unternehmerfabrik des Landkreises Roth betont. Er habe am Montag alle 16 Gemeinden über das Interesse des Pressehauses informiert.

Viele Bürgermeister hätten auf das "hochinteressante Projekt" geradezu blitzartig reagiert. Zwölf Rückmeldungen seien Scheuerlein bis zum Donnerstag schon vorgelegen. So mancher Bürgermeister bat darin gleich um ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Unternehmerfabrik, um zusätzliche Informationen über das geplante Druck- und Logistikzentrum "auf der grüne Wiese" (Scheuerlein) zu erfahren. Andere Gemeinden schickten dagegen eine Absage, weil sie schlicht keine Gewerbeflächen mehr in der geforderten Größe haben. Seine Aufgabe sei es nun, sagt Scheuerlein, eine Präsentation über die verfügbaren Flächen zu erstellen.

Was aber noch lange nicht heißt, dass tatsächlich ein neues Druck- und Logistikzentrum gebaut wird, betont Stefan Kulla, Leiter der Logistik im Nürnberger Pressehaus, und verweist auf die offizielle Stellungnahme des Unternehmens: "Es ist keinerlei Entscheidung getroffen, ein neues Druckzentrum errichten zu wollen oder irgendeine Gewerbefläche kaufen zu wollen", heißt es darin. Die Pressemitteilung der Allersberger Grünen würde deshalb "einen völlig falschen Eindruck" erwecken. Der Verlag sei erst in einer Sondierungsphase. "Es wird eine Realisierungsstudie erstellt, die lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Innerhalb dieser Studie werden lediglich Möglichkeiten sondiert. "

Doch es kommt nicht von ungefähr, dass der Nürnberger Verlag im Zuge seines hausinternen Umstrukturierungsprozesses zumindest überlegt, die Bereiche Druck und Versand von der Innenstadt aufs Land zu verlagern. Logistikleiter Kalla selbst räumt ein, dass er mit den beengten Bedingungen auf dem Betriebsgelände direkt vor den Toren der Altstadt "nicht glücklich" ist. So benötigt das Pressehaus beispielsweise ein separates Papierlager für die Zeitungsproduktion draußen am Nürnberger Hafen, weil der Platz am Stammsitz nicht ausreicht, wie Mitarbeiter des Verlags berichten.

Hatte der 2018 gestorbene Verleger Bruno Schnell beim Neubau des Druckhauses zur Jahrtausendwende noch darauf bestanden, dass die größte Investition in der Geschichte des Unternehmens nicht zur räumlichen Trennung von Verlag, Redaktion und Druck beziehungsweise Produktion führen dürfe, wie es auf der Internetseite des Verlags heißt, hätten sich die Zeiten längst geändert, wie Scheuerlein findet. Ein Logistikzentrum heutzutage noch mitten in der Stadt zu betreiben, sei "problematisch".

Als wichtige Voraussetzungen, die vom Pressehaus bei der Flächensuche gefordert werden, nannte der Chef der Unternehmerfabrik einen ÖPNV-Anschluss und eine gute Anbindung zu Autobahn oder Bundesstraße. Aus dem Landkreis Roth kämen da vor allem Allersberg, Roth und Georgensgmünd als mögliche Bewerber ins Spiel, sagt Scheuerlein. Auf einen möglichen Favoriten aus diesem Trio will er sich zum jetzigen Stand aber nicht festlegen - auch wenn Scheuerlein an anderer Stelle das neue Allersberger Gewerbegebiet bereits als die vielleicht interessanteste Fläche überhaupt in Bayern zwischen Bamberg und München bezeichnet hat.

Was derweil die Allersberger Grünen dazu bewegt, die Anfrage des Pressehauses öffentlich zu machen und frühzeitig für eine Ansiedlung des Druckhauses im Gebiet West II bei Altenfelden zu werben, liegt auf der Hand. Denn sie spekulieren darauf, dass sich auf diesem Weg - trotz des verlorenen Bürgerentscheids vor drei Wochen - das Gebiet West I wenigstens ohne den umstrittenen Immobilienentwickler P3 Logistic Parks zustande bringen lässt.

So ist in der aktuellen Pressemitteilung von "neuen Möglichkeiten" die Rede. Geht es nach der Idee der Grünen, ließe sich der Interessent Chefs Culinar im Gebiet West I einplanen, wo viele Allersberger bei einem Zuschlag des Marktgemeinderats für P3 Logistic Parks ein großes Logistikzentrum des US-Konzerns Amazon mit vielen Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich befürchten. Ob diese Rechnung der Grünen tatsächlich auch mit den Vorgaben aus dem Bayerischen Landesentwicklungsprogramm zusammenpasst, ließ sich am Donnerstag aber nicht mehr mit der Marktgemeinde Allersberg klären, da Bürgermeister Daniel Horndasch im Urlaub ist.

Doch es taucht auch so schon die nächste Schwierigkeit auf, die nicht zuletzt die Grünen in einen Gewissenskonflikt bringen dürfte. Denn der Logistikleiter des Nürnberger Pressehauses sprach auf Nachfrage unserer Zeitung ausdrücklich davon, dass man sich nach einer Fläche in einem Industriegebiet umsieht, weil in einem solchen Druckhaus an sieben Tagen die Woche quasi rund um die Uhr gearbeitet werde. Ein Gewerbegebiet, für das deutlich höhere Maßstäbe bei den erwarteten Umweltbelastungen angesetzt werden, komme deshalb nicht in Frage.

Mit dem für die Marktgemeinde bindenden Bürgerentscheid haben sich die Wählerinnen und Wähler zuletzt zwar für eine gewerbliche Entwicklung bei Altenfelden auf der maximal möglichen Fläche von bis zu 33 Hektar ausgesprochen. Korrigiert wurde mit dem Bürgerentscheid jedoch ein Beschluss des Marktrats, wonach die Marktgemeinde kein Industriegebiet mehr, sondern lediglich ein Gewerbegebiet bei Altenfelden ausweisen darf.

HK

 

 

 

Jochen Münch