New York (dpa
"Ein brillanter Mann"

Der Ausnahme-Dirigent und Komponist Lorin Maazel starb am Sonntag mit 84 Jahren

13.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:28 Uhr

New York (DK) Der Star-Dirigent Lorin Maazel ist tot. Maazel sei am Sonntag im Alter von 84 Jahren in seinem Haus im US-Bundesstaat Virginia gestorben, teilten die Veranstalter des Castleton Festivals auf dem Anwesen des Dirigenten mit. Nach einer Lungenentzündung seien Komplikationen aufgetreten.

Bis zuletzt hatte Lorin Maazel für das jährlich stattfindende Castleton Festival geprobt, das seit Ende Juni läuft. 2013 hatte er noch mehr als 100 Konzerte geleitet. Im Juni aber hatte Maazel, der als einer der brillantesten Dirigenten und Komponisten seiner Zeit galt, sein Amt als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker aufgegeben.

Der am 6. März 1930 in Neuilly-sur-Seine nahe Paris als Kind amerikanisch-jüdischer Eltern geborene Maazel hat zahlreiche große Orchester der Welt geleitet und war vielfach preisgekrönt. Insgesamt dirigierte er in seiner mehr als 70 Jahre andauernden Karriere rund 150 Orchester bei mehr als 5000 Opern und Konzerten. Dazu nahm er rund 300 Alben mit klassischer Musik auf. Zudem komponierte er dutzende Stücke und ganze Opern.

Bereits als kleines Kind hatte Maazel Klavier- und Violinunterricht. Mit noch nicht einmal zehn Jahren, nach nur zwei Jahren Unterricht bei dem Russen Vladimir Bakaleinikoff, dirigierte der damals weithin als „Wunderkind“ angesehene Maazel sein erstes großes Konzert. Mit elf dirigierte er Arturo Toscaninis berühmtes Sinfonieorchester beim US-Netzwerksender NBC. Mit zwölf ging er auf US-Tournee und trat mit mehreren berühmten Orchestern auf, als 15-Jähriger debütierte er als Violinist.

Später studierte er auch Mathematik und Philosophie und lernte zahlreiche Sprachen, unter anderem Deutsch. Sein Gedächtnis war so gut, dass er meist ohne Noten dirigierte. „Er ist eindeutig ein brillanter Mann“, schrieb die „New York Times“ 1979. Maazel galt aber auch als von sich selbst überzeugt, stur und manchmal arrogant. Legendär und gefürchtet waren seine Wutausbrüche.

Maazel leitete unter anderem das heutige Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, war Generalmusikdirektor der Deutschen Oper in Berlin und Chef von Orchestern in London, Wien, Cleveland und Pittsburgh. 1960 holten ihn die Bayreuther Festspiele als ersten US-Amerikaner ans Pult. Zwischen 1993 und 2002 war er Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und übernahm danach die New Yorker Philharmoniker. Er dirigierte auch an der Mailänder Scala und leitete Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker. Unter anderem wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Mitte Juni hatte Lorin Maazel sein Amt als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker aufgegeben, war von seinem Drei-Jahres-Vertrag zurückgetreten, mit dem er das Orchester in ruhigere Bahnen hatte leiten sollen bis zur Übernahme des Dirigats durch Waleri Gergijew zur Saison 2015/2016. Auch alle Tourneen hatte er abgesagt, aber die Hoffnung geäußert, bei dem einen oder anderen Konzert wieder am Pult stehen zu können.

Auch in Ingolstadt verbindet sich sein Name mit Neuerungen: Vor 24 Jahren, am 15. Juni 1990, hatte Lorin Maazel mit Webers „Oberon“-Ouvertüre das damals frisch aus der Taufe gehobene Festival der Audi-Sommerkonzerte im Festsaal Ingolstadt eröffnet. Regelmäßig war der US-Star in den 90er Jahren zu Gast an der Donau.

Der Dirigent war dreimal verheiratet. Die Ehen mit den Pianistinnen Miriam Sandbank und Israela Margalit wurden geschieden. 1986 heiratete er die deutsche Schauspielerin Dietlinde Turban. Maazel hinterlässt sieben Kinder und vier Enkel.