Scheyern
Ein Blick in die Scheyrer Schatztruhe

Die Jubiläumsausstellung ist noch vier Wochen zu sehen - mit vielen einzigartigen Exponaten

24.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:08 Uhr
Einen spannenden Einblick in den heutigen Alltag des Klosters gewährt ein kurzer Film. Frater Stephan ist in seiner Buchbinderwerkstatt zu sehen. −Foto: GFS FILM

Scheyern (PK) Etwa 2000 Besucher waren schon da, schätzt Pater Lukas: Seit 1. Mai zeigen die Benediktiner im Kloster Scheyern einige ihrer besondersten Schätze und gewähren einen Einblick in Bereiche des Klosters, die sonst eigentlich verborgen sind.

Grundsätzlich ist die Ausstellung nach Jahrhunderten aufgebaut: Die Zeit seit 1119 wird etappenweise erzählt und analysiert. Ein besonderer Beitrag ist dabei der Film, der die Gegenwart zusammenfasst. In einer knappen Viertelstunde erzählen die elf Mönche ihren persönlichen Lebensweg, zeigen ihre Werkstätten und ihre Hobbys. Man sieht die Mitbrüder beim Karteln, beim Gebet, beim Essen. Die Filmemacher Kerstin Schnapp und Florian Schaipp beweisen hier viel Liebe zum Detail - und auch Sinn für Humor. So erzählt Abt Markus beispielsweise in seiner Schreinerwerkstatt mit Arbeitskittel und Bleistift, dass ein Abt ja eigentlich der Stellvertreter Christi im Kloster sein soll. Auch das Leben der Mönche im Ort mit Feuerwehr, Jugendtreff, Ministranten und anderen spielt eine Rolle - genauso das Volksfest, die Brauerei und vieles andere.

Die Ausstellung ist noch bis 23. Juni zu sehen. Geöffnet ist immer samstags und an Sonn- sowie Feiertagen mit Einlass von 11 bis 16 Uhr über den Klosterladen. Werktags ist auf Anfrage ein Besuch möglich. Der Eintritt kostet für Erwachsene fünf Euro, für Schüler und Studenten drei Euro und Kinder bis 14 Jahre sind frei. Es gibt außerdem die Möglichkeit, vorab eine Führung mit einem der Mönche zu buchen - hier sind unter der Woche noch Termine frei, am Wochenende nur noch vereinzelt.

BESONDERES MESSGEWAND

Es ist eigentlich schon ein Gemälde: Auf einer Kasel sind unzählige Engelsgesichter samt Flügel zu sehen, in der Mitte die Gottesmutter mit dem Jesuskind - und viele andere Details. "Entworfen hat das Augustin Pacher", erzählt Frater Joachim. "Der hat Kirchenfenster gestaltet, genauso Missalen und vieles andere - der war ein kirchlicher Allround-Künstler." Das liturgische Gewand aus dem Jahr 1910 im Jugendstil ist aber auch handwerklich hervorragend gearbeitet: "Das sind ganz flach aufgelegte Stickereien, das wirkt wie ein Gemälde", lobt Frater Joachim die Arbeit - gestickt wurde das alles übrigens damals im Kloster Hohenwart. Die schönere Seite ist dabei die Rückseite: Früher stand der Pfarrer die meiste Zeit mit dem Rücken zu den Kirchenbesuchern. "Dieses Gewand ist für sich ein Zeitdokument für die wirtschaftliche Blüte um 1900."

BETE UND ARBEITE - UND STUDIERE

Es ist ein Glücksfall, dass die Bibliothek als Raum so noch erhalten ist: Denn als das Kloster 1803 aufgelöst wurde, war die Zukunft dieses Zimmers in der Schwebe. Der Buchbestand ist zwar teils vernichtet, verkauft oder an andere Bibliotheken verteilt worden - doch der Raum selbst blieb glücklicherweise erhalten. In der Folge diente er als Betsaal oder auch als Kaffeezimmer für Ausflügler aus Pfaffenhofen. Nach der Neugründung kamen schließlich wieder Bücher zurück in den Raum, heute sind es etwa 7000 Schriften in diesem Zimmer und mehr als 200000 insgesamt im Kloster. "Bücher gehören zur Grundausstattung in jedem Kloster", sagt Frater Joachim. "Das Motto ist nicht nur ,Ora et labora', die geistige Lesung und das Studium sind selbstständige Komponenten im Leben eines Mönches. Daher hat das Buch eine Heimat in jedem Kloster."

GESCHICHTSTRÄCHTIGER STRUMPF


Es sieht aus, wie ein Lappen - ist aber ein historisches Artefakt mit besonderer Bedeutung: der sogenannte Scheyrer Strumpf. "Der Legende nach soll Konrad III das Scheyrer Kreuz selbst hergebracht haben - und zwar versteckt in einem Strumpf", erzählt Pater Lukas. Das Textil ist genauso wie das Kreuz noch immer in Scheyern und wurde inzwischen auch wissenschaftlich untersucht. "Es ist tatsächlich eine bayerische Arbeit von der Mitte des 12. Jahrhunderts. Das lässt sich feststellen beispielsweise über den Blütenstaub, den man im Stoff gefunden hat." Neben dem Strumpf ist auch die äußere Hülle des Scheyrer Kreuzes zu sehen: gefertigt vor 1150 in einer Goldschmiede in Jerusalem. Das Kreuz selbst ist aus Birnenholz hergestellt und mit vergoldetem Metall beschlagen. "In dieser Kombination ist das so noch nie gezeigt worden."

 

 

 

SCHRIFTEN VON LUTHER UND JOHANNES ECK


Auf einem Fenstersims finden sich gleich mehrere Schrifststücke, die jedes für sich genommen schon ein Schatz ist. Von Anton Koberger stammt beispielsweise die erste bebilderte Bibel - entstanden 1483 in Nürnberg. "Im 16. Jahrhundert hat sich Abt Johannes Turbeit mit Luther auseinandergesetzt", erklärt Pater Lukas. Aus dieser Zeit stammen beispielsweise einige Flugschriften: "Die behandeln theologische Themen aus der Sicht von Martin Luther." Es kam in diesem Zuge auch zu einer Diskussion zwischen dem Abt und dem Ingolstädter Theologen Johannes Eck. Dem Kloster gehört beispielsweise ein Buch mit handschriftlichen Anmerkungen Ecks - samt dem damals üblichen Digitus, einem skizzierten Fingerzeig am Seitenrand. "Abt Turbeit hat die katholische Gemeinschaft zusammengehalten und einem inneren Zerfall entgegengewirkt", erklärt Frater Joachim.
 

Claudia Lodermeyer