Neuburg
Ein Blick auf die Ursachen der Flucht

CSU-Bundestagsabgeordneter Tobias Zech spricht über seine Erfahrungen in Krisenregionen

28.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

Berichtete aus eigener Erfahrung aus dem zerstörten Irak: Bundestagsabgeordneter Tobias Zech in Neuburg. - Foto: Hamp

Neuburg (rhp) Die Junge Union (JU) Neuburg hatte mit dem 36-jährigen Tobias Zech einen Politiker eingeladen, der sich mit profunden Kenntnissen und persönlichem Engagement für eine Lösung der gewaltigen Probleme im Nahen Osten, speziell in Syrien einsetzt. Die frisch gewählte Neuburger JU-Vorsitzende Marie-Luise Stadler konnte ihn und etwa 25 Gäste im Cafè Mary begrüßen.

Sie sprach zunächst hiesige Probleme beim Straßen- und Wohnungsbau und den nahenden Bundestagswahlkampf an, worauf auch Tobias Zech einging. Doch bald schon kam er über das Thema Flüchtlinge auf das brennende Problem Naher Osten zu sprechen. Der absolut positive Kontrast dazu sei Europa. "Die EU ist der Friedensgarant, Europa das größte Friedensprojekt", stellte er klar. Bei allen Fehlern und Querelen dürfe man dies nie vergessen. Weltweit steigen die Flüchtlingszahlen, vor allem im Nahen Osten, aber auch in Afrika und Südamerika. Kriege und Armut seien die Auslöser. Für uns am bedeutendsten sei zurzeit der Bürgerkrieg in Syrien. Die Flüchtlinge von dort würden aber keineswegs alle nach Europa, vor allem Deutschland kommen. Die meisten Menschen würden im eigenen Land oder in den Nachbarländern Hilfe suchen. Hauptaufnahmeland sei mit 2,3 Millionen Flüchtigen die Türkei. Die Menschen würden in der Türkei gut betreut. Sie haben, so der Abgeordnete, in den Lagern Wasser und Strom, psychologische Betreuung, und die Kinder könnten Schulen besuchen. Er habe das selber gesehen. Allerdings sei für die Menschen die Zukunft hoffnungslos, solange die Fluchtursachen nicht bewältigt würden.

Im Durchschnitt bleibe ein Flüchtling rund 17 Jahre im Lager. Nach der Türkei nehme Pakistan mit 1,6 Millionen und Deutschland mit 1,2 Millionen die meisten Flüchtlinge auf. Im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung aber habe der Libanon einen einsamen Spitzenplatz. Bei nur vier Millionen Einwohnern nehme das Land mit 1,2 Millionen Menschen genauso viel auf wie Deutschland - bei 80 Millionen Einwohnern.

Die Situation in Syrien sei deshalb so kompliziert, weil dort viele Gruppen mit unterschiedlichen Interessen miteinander und gegeneinander kämpften: Neben den Regierungstruppen kämpft Al Nusra, die Kurden, die USA und Russland, aber auch die Kampfgruppen des sogenannten Islamischen Staats (IS). Seine Anführer wollten Ungläubige ausrotten und zwar zuerst die Jesiden, dann die Schiiten und schließlich die Christen. Die kurdischen Peschmerga-Milizen seien keine ausgebildeten Soldaten, sondern eben Milizen, zusammengesetzt aus Zivilisten, die sich gegen den IS stemmten.

Die Diskussion in Deutschland, ob man sie militärisch unterstützen oder nur humanitäre Hilfe leisten solle, verstehe er nicht. "Es nützt nichts, wenn die Leute gesund und sauber sind, bevor sie erschossen werden", stellte Tobias Zech unmissverständlich fest. Doch militärisch lasse sich der Konflikt bei diesen Kräfteverhältnissen niemals lösen. Auch wenn bisherige Verhandlungen stets gescheitert seien, müsse man weiter danach suchen. Und da könne auch Europa mithelfen. Hoffnungsschimmer seien die Genfer Verhandlungen und die Einrichtung von Sicherheitszonen in Syrien.

Tobias Zech prangerte die träge und fehlerhafte europäische Außenpolitik, vor allem gegenüber Afrika an. Die Bevölkerung werde sich dort in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln. Zusammen mit dem Klimawandel führe dies unweigerlich zu Hunger und Krieg. Wenn dort nicht massiv geholfen werde, wirtschaftlich, finanziell und kulturell, dann kämen die Probleme verstärkt zu uns - als Flüchtlinge. "Eine schlechte Außenpolitik wird dann bald zu einem Problem der Innenpolitik werden", so der Abgeordnete.

Ein Unruheherd sei zurzeit Libyen. Von dort kämen die allermeisten Flüchtenden, dort hätten die verbrecherischen Schlepper leichtes Spiel, weil das Land seit dem Sturz Gaddafis unregierbar sei, man könne mit niemandem ein Abkommen treffen. Wir schauten schon kaum noch hin, wenn im Mittelmeer Menschen ertrinken. Völlig aus dem Blick verloren hätten wir Europäer jedoch die viel größere Katastrophe, die die flüchtenden Menschen auf dem Weg durch die Sahara erleiden. Dort würden weit mehr Leute sterben als im Meer oder versklavt, die Frauen vergewaltigt.

In der anschließenden Fragerunde wurde auch nach der Rolle der UNO gefragt. Sie habe, so Tobias Zech, wenig Möglichkeiten, weil sie auf die Einigkeit der großen Mächte und auf deren Geld angewiesen sei. In der Frage nach einer Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland, legte sich Tobias Zech nicht fest. Man brauche eine Grenze, weil sonst die übrigen europäischen Staaten nicht mitmachen würden und weil sonst die Akzeptanz der Bevölkerung schwinde. Bayern habe in der Frage der Integration viel geleistet. So seien hier inzwischen 35 000 Jobs für Flüchtlinge entstanden, in Nordrhein-Westfalen dagegen nur rund 3000. Letztlich müsse es das Ziel sein, die Ursachen der Flucht zu beseitigen und die Flüchtige wieder in ihre Heimat zurückzubringen, um diese wieder aufzubauen.