Ingolstadt
Ein Berg von einem Propheten

Sascha Borysenko hadert mal wieder mit seiner Heimatstadt, weil er am Stadttheater nicht mitmachen darf

12.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:55 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Während das Stadttheater mit seiner Freilichtaufführung von „Cyrano de Bergerac“ die Ingolstädter verzückt, grummelt einer der einst bekanntesten Bürger: Stuntman Sascha Borysenko hatte seine Unterstützung für diese und andere Produktionen angeboten – und ging leer aus. Mal wieder.

Urplötzlich steht er in den Redaktionsräumen und füllt das Großraumbüro mit seinen breiten Schultern beinahe aus. Den Rest erledigt die laute Stimme. Sascha wedelt mit einem Briefkuvert. Darin sei der Schriftwechsel mit dem Stadttheater, sagt er. Ihm habe man abgesagt. Schon wieder. Da müsse man was schreiben!

Die älteren Ingolstädter kennen den Mann mit dem markanten Schnauzbackenbart nur zu gut, seit er sich vom Hänfling zum Muskelmann hochtrainierte und berühmt wurde. Die jüngeren Schanzer erleben Sascha inzwischen eher, wenn er mit weiter Hose, großer Gürtelschnalle und Piratenkopftuch auf seinem Fahrrad durch die Stadt kurvt.

Sascha Borysenko klopft auf das Kuvert. Er habe sich Hoffnungen gemacht, wollte mit dem Stadttheater an alte Zeiten anknüpfen. Der Gründer der ältesten Stuntschule Deutschlands (seit 1970) hatte einst kleinere Rollen in „Derrick“ oder „Der Alte“. Mit seinen Stuntleuten sorgte er für Prügelszenen, baute auf Kommando spektakuläre Autounfälle.

Auch Theaterregisseure engagierten den Muskelmann. „Pina Bausch! Weltstar!“, ruft Sascha. Die legendäre Tanztheaterikone holte Borysenko samt Stuntmen für ihr Werk „Nelken“ (1983) auf die Bühne. Unter Intendant Ernst Seiltgen bekam er immer wieder Engagements am Ingolstädter Stadttheater. Sascha studierte zum Beispiel Fechtszenen mit Schauspielern ein. Das hätte er beim „Cyrano de Bergerac“ oder bei „Der Mann von La Manche“, das Freiluftstück 2014, auch gemacht. Und „Wie es euch gefällt“ (ebenfalls im neuen Spielplan in Ingolstadt) wäre genauso seine Sache. Sascha zückt eine Kopie eines alten Zeitungsartikels: Er habe einst eine Gastrolle an der Theaterbühne Bonn gehabt. „Generalintendant Heyne zahlte mir schon 1979 für sechs Vorstellungen 3500 Mark pro Monat – plus Wohnung in Bad Godesberg!“

Und in Ingolstadt? Borysenko schickte ein Bewerbungsschreiben. Theaterintendant Knut Weber antwortete: „Herzlichen Dank für Ihr Interesse an den von ihnen genannten Produktionen. Leider haben die Regieteams sich bereits anders entschieden.“

Mit dieser Absage hadert Sascha. Intendant Weber habe doch die Stadt mehr einbauen wollen. „Das ist wieder echt Ingolstadt!“, sagt Borysenko. Seine Heimatstadt hat ihm zuletzt Kummer bereitet. Bei der 750-Jahr-Feier der Stadtrechte Ingolstadts ging sein Beitrag (eine Show im Schlosshof) in der öffentlichen Würdigung unter. Borysenko verleugnete in der Folge, aus Ingolstadt zu kommen. Obwohl er in anderen Städten immer wieder mal für Mittelalterfeste engagiert wird, ging in der Heimat kaum mehr was. Saschas Fazit: „Ich gelte im eigenen Land noch immer nichts!“

Doch das letzte Wort ist nicht gesprochen: „Ihre Unterlagen behalten wir sehr gerne“, lässt Intendant Weber den Muskelmann doch noch wissen.