Ein behagliches Heim zur Rast und Unterkunft

20.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:06 Uhr

Die Eichstätter Jugendherberge, errichtet 1937/1938, vor der Kulisse der Willibaldsburg hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. - Foto: Historischer Verein

Eichstätt (DK) Die Geschichte der Eichstätter Jugendherberge beginnt nicht erst mit dem stattlichen Bau im Schatten der Willibaldsburg, errichtet in nationalsozialistischer Zeit. Die so genannte Hitlerjugendherberge wurde im Juli 1938 eröffnet. Doch schon im Oktober 1881 hatte die Kolpingfamilie im "Gesellenhaus" eine Herberge für Wandergesellen bereitgestellt.

ANNO DAZUMAL

Das Wandern der jungen Handwerker war einst Pflicht, vor allem wenn einer Meister werden wollte. In Eichstätt fanden die Gesellen auf Durchwanderung ein Nachtlager. Im Stadtarchiv werden zu dem Thema Dokumente aufbewahrt. So sorgte 1913 die Verwaltung dafür, dass Durchziehende ein Bett bekamen. Herbergsgeber waren die Gastwirte Karl Pfaller, Anton Dorrer und Jakob Maisenberger. Die Wanderer erhielten im Rathaus "Herberge-Billette", mit deren Hilfe die Gastgeber abrechneten. Mit der Jugendherberge im klassischen Sinn sind diese Unterkünfte nicht vergleichbar.

Aber im April 1923 ging beim Stadtmagistrat ein Brief aus Degerloch ein: "Im Namen der wandernden deutschen Jugend stelle ich an die Stadt das dringende Ersuchen, eine Jugendherberge einzurichten." Bei "Unmöglichkeit" solle die Stadt aber wenigstens dafür Sorge tragen, dass private Haushalte Jugendliche aufnehmen.

Die Geschäftsstelle des Zweigausschusses für deutsche Jugendherbergen in Nürnberg stellte 1923 ebenfalls den Antrag, eine Jugendherberge zu errichten. Die Eichstätter Antwort vom 25. Mai 1923: "Der Stadtrat bedauert mit Rücksicht auf die hohen Kosten, der Errichtung nicht stattgeben zu können."

Nun wurde das staatliche Landbauamt auf der Suche nach einem Haus für eine Jugendherberge eingeschaltet. Ins Gespräch gebracht wurde die Willibaldsburg. Die Behörde antwortete, dass bereits ein entsprechendes Gesuch der Pfadfinderschaft München abschlägig beschieden worden sei. Das vor allem deshalb, weil eine Wasserversorgung fehle, ferner seien keine benutzbaren Aborte vorhanden.

Damals stellte allerdings die Stadt ein Übernachtungslokal für Durchreisende im so genannten Stockhaus A 10 (Schlaggasse 6) zur Verfügung. Dazu schrieb das Armenreferat der Stadt am 16. September 1924: "Durch den großen Zuspruch von mittellosen Wanderern ist das Stockhaus verlaust und verwanzt." Der Raum müsse unbedingt desinfiziert und gereinigt werden. Das Haus werde jeden Tag von sechs bis zehn Durchreisenden aufgesucht. Zur Zeit lägen die Strohsäcke auf dem blanken Boden. Dringend notwendig sei eine Putzfrau. Erst der Eichstätter Gesellschaft "Wanderer" gelang es mit eigenen Mitteln, eine Jugendherberge einzurichten. Das war im Juli 1926. Diese Unterkunft "für die singende und musizierende Jugend" befand sich im Rosental Nummer 1 (vormals Strafanstalt, Irrenhaus und Lazarett) und "war spartanisch einfach ausgestattet". Daraus sollte ein "behagliches Heim zur Rast und Unterkunft werden". Deshalb veranstaltete die Gesellschaft "Wanderer" am 1. August 1926 im Rosental ein Werbefest. Es wurden ein fröhlicher Nachmittag und Abend mit Spielen und Musik.

Wie lange die Herberge in Betrieb war, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Jedenfalls schrieb der Caritasverband am 6. Mai 1931 an den Stadtrat, die Caritas möchte das Haus Rosental 1 erwerben, "und sobald regere Wanderlust einsetzt, die so dringend notwendige Jugendherberge wieder eröffnen". Die Stadt wurde um 600 Mark gebeten. Die Antwort vom 11. Juni 1931: "Dem Gesuch kann nicht entsprochen werden, da bei der außerordentlichen Belastung mit Fürsorgelasten Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen."

Die Caritas eröffnete dennoch die Jugendherberge am 1. August 1931 mit einem 120 Quadratmeter großen Schlafraum mit Massenlager, mit Brausebädern und Spülklosetts. Als erste kamen 20 Schüler der Technischen Hochschule Danzig. Im Rosental richtete die Caritas zugleich ein Heim für 60 erholungsbedürftige Eichstätter Volksschulkinder ein.

Die Grundsteinlegung für die Jugendherberge, wie sie heute am Burgberg steht, war am 11. April 1937, im Juni 1938 wurde sie eröffnet. Während des Krieges war das Haus Unterkunft der Hitlerjugend und Lazarett. Die Wiedereröffnung als Jugendherberge konnte im September 1949 gefeiert werden. Ein Speisesaal, 100 Betten (vier bis sechs Betten je Zimmer), Brausebäder, Dampfheizung, Wasch- und Toilettenanlagen sowie eine gut ausgestattete Küche standen bereit.