Ein Bachelor im Doppelpack

17.01.2008 | Stand 03.12.2020, 6:12 Uhr
Ein Bachelor im Doppelpack −Foto: upd

Ingolstadt (DK) Sie wissen nicht, worauf sie sich genau eingelassen haben, sind aber unglaublich stolz, die ersten Studenten zu sein, die die Chance haben, bald einen deutsch-chinesischen Doppel-Bachelor als Abschluss in der Tasche zu haben.

Claudia Smarsly, Diana Beketova, Tobias Beners, Leo Hubensteiner, Alexander Breiter und Sebastian Kienzlen sind die ersten Studenten der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, die für dieses bundesweit einzigartige Studienangebot ausgewählt worden sind. Sie fliegen im September nach Shanghai, um nach zwei Jahren als krönenden Abschluss den Bachelor of Science der KU und den Bachelor of Management von der Tongji Universität zu bekommen. Die Sechs studieren im dritten Semester BWL an der WFI und setzen im Wintersemester ihr Studium in China fort. Im Gegenzug kommen Studenten der Tongji Universität nach Ingolstadt.

Acht Semester müssen die Studenten für den Bachelor im Doppelpack büffeln – das sind zwei Semester mehr als für den deutschen Abschluss. "Eine Investition in Bildung, die sich ganz bestimmt auszahlen wird", meint Prof. Michael Kutschker, Prodekan für Internationlisierung an der WFI, Gleichzeitig ist es ein Zugeständnis an die Partner in Shanghai, deren Bachelor auf vier Jahre ausgelegt ist.

Die Studenten sehen das nicht als Nachteil, sondern sind sich sicher, dass der Doppel-Bachelor ein großes Plus in ihrem Lebenslauf und in ihren Bewerbungen sein wird: "Wir haben nicht nur ein Praktikum im Ausland gemacht, sondern zwei Jahre dort verbracht. Dazu kommt, dass wir die bekannt gute deutsche Ausbildung haben und Land, Leute, Kultur und Sprache von China kennen." Das Praktikum wird ihnen dennoch nicht erspart, sondern stellt vielmehr den Abschluss des Auslandsstudiums dar, da die Studenten bei diesem Unternehmen auch ihre Bachelor-Arbeit schreiben. "Unser langfristiges Ziel ist es", erklären die sechs Studenten lachend, "dass dann unsere Chinesisch-Kenntnisse so gut sind, dass wir unsere Bachelor-Arbeit in dieser Sprache auch verteidigen können."

Seit dem ersten Semester büffeln die Studierenden Chinesisch an der WFI – zur Zeit fünf Stunden in der Woche. "Die Schriftzeichen muss man einfach auswendig lernen, da kommt man nicht drumrum", meint Diana Beketova. Eine Affinität zu China hatten alle schon vor dem Studium. Bei Leo Hubensteiner ist es die Mutter, die aus Taiwan kommt: "Aber Chinesisch ist immer noch eine Fremdsprache für mich." Claudia Smarsly hatte schon in der Schulzeit viele Freunde aus China. Ein Kommilitone bringt es auf den Punkt: "China macht ein Sechstel der Weltbevölkerung aus, da kommt man einfach nicht daran vorbei." Deshalb nehmen sie alle Informationen über China dankend auf und haben auch schon ihre Umgebung für dieses Land sensibilisiert. "Wenn eine Sendung im Fernsehen über China kommt oder ein Bericht in der Zeitung steht, ruft meine Familie gleich an", meint Claudia Smarsly.

Die Studenten sehen es als große Herausforderung an, eine fremde Sprache, Kultur, Leute kennenzulernen und mit der dortigen Mentalität zurechtzukommen, ohne in ein Fettnäpfchen zu treten oder missverstanden zu werden. Die WFI-Studenten, die sozusagen als "Vorhut" nach Shanghai geschickt werden, hängen sich rein, um den Anforderungen gerecht zu werden, beobachtet auch Doktorand Daniel Schwenger, der diesen Studiengang an der WFI koordiniert und aus Solidarität einen "Baby-Chinesischkurs" belegt hat. Bis die Studenten zum großen Flug abheben, müssen sie noch eine Menge erledigen: Zwölf Klausuren auf Anhieb bestehen – wiederholen können sie in ihrem Fall nicht – Chinesisch pauken, um den Sprachtest erfolgreich abzulegen, einen Gesundheitscheck und einen AIDS-Test machen, sich impfen lassen, Visum beantragen . . . Und eine Wohnung haben sie auch noch nicht. Zwei Dreier-WGs schweben ihnen vor, weil die Studenten-Wohnheime dort nicht ganz dem europäischen Standard entsprechen sollen.

Neben Studium und Praktikum wollen sie die Zeit nutzen, um das Land richtig kennenzulernen. Einen Heimaturlaub innerhalb der zwei Jahren wollen sie sich allerdings gönnen.