Wolnzach
Ein Angriff gegen die Trauer

Immer wieder schlagen Vandalen auf Friedhöfen zu - und richten dort nicht nur finanziellen Schaden an

15.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:49 Uhr
Mittlerweile haben die Angehörigen das schmiedeeiserne Kreuz wieder aufrichten lassen. Neben dem finanziellen Schaden bleibt für sie die Frage nach den Tätern und deren Beweggrund offen. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe. −Foto: Trouboukis

Wolnzach (WZ) Es sind nur ein paar Zeilen im Polizeibericht, aber sie treffen die Angehörigen schwer: Unbekannte haben ein Kreuz auf einem Wolnzacher Familiengrab verbogen, die Polizei ermittelt. Viel schwerer als der finanzielle Schaden wiegt für Betroffene oft allerdings die Frage nach dem Warum.

Genau darauf weiß auch Klement Kreitmeier keine Antwort, trotz aller Erfahrung, die der Geisenfelder Polizeichef auch hat. "Solche Vorfälle gibt es leider immer wieder", sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. "Was die Menschen treibt, so etwas auf Friedhöfen anzustellen, das ist die Frage." Im aktuellen Fall haben sich die Täter an einem schmiedeeisernen Kreuz auf dem Wolnzacher Friedhof ausgelassen, haben auf dem Grab unterhalb der Aussegnungshalle getobt, das Kreuz absichtlich umgebogen, eine Laterne herausgerissen. Spaziergänger haben den Schaden am Wochenende entdeckt und gemeldet, die Grabbesitzer haben das Kreuz auf dem Grab der Eltern umgehend wieder aufrichten lassen. Rund 300 Euro mussten sie für die Schadensbehebung ausgeben, schätzt die Polizei.

Aber das ist nur der gegenständliche Schaden. Tiefer greift sehr oft der seelische, die quälende Frage der trauernden Angehörigen, wer gerade ihnen so etwas antut. "Recht oft nehmen vor allem ältere Menschen das sehr persönlich", weiß Kreitmeier. Mit Geld sei das nicht aufzuwiegen. Er erinnert sich an einen Fall, bei dem von einem Grab eine dort in Erinnerung an den Verstorbenen abgelegte Halskette gestohlen wurde. Ein persönliches Erinnerungsstück, einfach weg, mitgenommen - und vielleicht sogar später achtlos weggeworfen - aber unwiederbringbar verloren für die Angehörigen.

"Recht oft nehmen das vor allem ältere Menschen sehr persönlich."

Klement Kreitmeier, Polizeichef

 

Der Wolnzacher Bürgermeister Jens Machold ist Referent für die gemeindlichen Friedhöfe. Auch er kennt den aktuellen Vorfall, weiß, das es kein Einzelfall ist - und ist betroffen: "Hätten die Angehörigen nicht, wie jetzt geschehen, Anzeige gegen Unbekannt erstattet, dann hätten wir vom Markt Wolnzach das getan." Denn Vandalismus auf Friedhöfen sei so ziemlich "das Schlimmste, was man Trauernden antun kann". Über die Beweggründe der Täter könne man trefflich spekulieren, aus seiner Erfahrung weiß der Rathauschef aber, dass zwischen den Tätern und den - wie es im Polizeibericht heißt - "Geschädigten" meist gar keine Beziehung besteht und der Grund für die Beschädigungen oft ganz banal ist: Langeweile werde gerne angegeben. Anzeige gegen Unbekannt ist jetzt auch im aktuellen Fall erstattet, die Polizei ermittelt aber nicht nur wegen Sachbeschädigung, wie Polizeichef Kreitmeier erklärt: "Es geht auch um die Störung der Totenruhe." Laut Paragraf 168, Strafgesetzbuch, sei der Tatbestand erfüllt: "Bestraft wird, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt." Auch der Versuch sei strafbar, geahndet werde mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe. Beleg dafür, dass das, was so manche Vandalen offensichtlich als Spaß ansehen, vor dem Gesetz sehr ernst genommen wird.

Aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung - darum bittet die Polizei Geisenfeld, Telefon (08452) 72 00, auch im aktuellen Fall - könne man immer wieder doch auch Täter zur Verantwortung ziehen, so geschehen vor ein paar Jahren auch schon in Wolnzach. Polizeichef Kreitmeier: "Jede Beobachtung kann uns helfen." Sein Rat: lieber einmal zu viel als einmal zu wenig mit der Polizei Kontakt aufnehmen.

Getan hat das auch Jutta M. (Name von der Redaktion geändert), deren Familiengrab in Wolnzach erst im vergangenen Herbst Ziel von Vandalen war. Die auffällige Adlerskulptur, die sie dort für ihren verstorbenen Ehemann aufgestellt hatte, ist nie wieder aufgetaucht, die Ermittlungen im Sande verlaufen. Für Jutta M. wiegt die Tat heute noch genauso schwer wie vor drei Monaten. Bis heute fragt sie sich, wer so etwas macht und wo ihr Adler hingekommen ist: "Ich würde mir ja keine Friedhofsfigur in den Garten stellen wollen."