Schrobenhausen
Ein Anblick wie vor 50 Jahren

Schlämm-Arbeiten an der Rathausfassade gehen ihrem Ende entgegen - Alte Baufehler ausgebessert

27.07.2020 | Stand 23.09.2023, 13:09 Uhr
Rathausbau Ende der 1960er-Jahre, −Foto: Stadt Schrobenhausen

"Das wird das längste Rathaus der Bundesrepublik", hat Fritz Stocker, seines Zeichens SPD-Idol und einstiger Schrobenhausener Bürgermeister, Ende der 1950er-Jahre gesagt. Damit meinte er allerdings nicht dessen Maße - 27 auf 13 Meter übrigens - sondern seine Baugeschichte: 13 Jahre dauerte sie, die Fertigstellung erlebte Stocker nicht mehr. Nun ist es erneut soweit. Kein Neubau zwar, doch die Generalsanierung des Gebäudes läuft auf Hochtouren. Und das Bild, das sich momentan am Lenbachplatz bietet, dürfte die älteren Schrobenhausener an vor 50 Jahren erinnern. Denn auch damals, als das Rathaus neu gebaut wurde, kleidete es sich in ein hohes Gerüst - und ebenso ähnlich waren die Schritte an der Fassade: vom Schlämmen der roten Klinkersteine bis zum Einbau der Fenster.

Heute geschieht das alles in enger Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde. "Wir sitzen alle sechs Wochen zusammen für die Detailfragen", erzählt Stadtbaumeister Axel Westermair. Zum Beispiel, als es darum ging, was für ein Material auf die rote Ziegelmauer kommt. Zig Muster wurden angelegt, bis klar war: "Putz ist zu vollflächig", deshalb nun die Schlämme. Gerade jetzt sind die Arbeiter mit dem Auftragen der weißen Schicht beschäftigt. Bei der Schlämme sieht man die Struktur der Steine und Fugen durch, eben so, wie es auch vor der Sanierung war. Damals wurde übrigens bei der Einweihung am 17. Januar 1970 in der Schrobenhausener Zeitung erklärt, wieso die weiße Außenfarbe gewählt wurde: "Wir wollten mitten in der Stadt keinen Bahnhof haben", begründeten die Baufachleute die Entscheidung, auf eine Ziegelfassade zu verzichten. Allerdings gab es auch damals Kritiker: "Dafür kann man das Rathaus für ein neues Sudhaus der gegenüberliegenden Brauerei halten", sagten jene, denen die großen Kupfer- und hellgetünchten Flächen in die Augen stachen, wie es in dem Bericht heißt. Und weiter: "Restlos glücklich sind selbst die Stadträte nicht, die heute mit vielen Ehrengästen die Einweihung des 1,63-Millionen-Objektes begehen, auch wenn dieses bezüglich des funktionellen Verwaltungsablaufes mustergültig geplant und ebenso modern wie zweckmäßig ausgestattet ist."

Die Arbeiter auf dem Gerüst sind auch heute beinahe wieder fertig damit, das Rot mit Weiß zu bedecken, das Gerüst, das das Rathaus einkleidet, kann deswegen trotzdem noch nicht abgebaut werden. Zehn Wochen etwa, bis Ende September, werde man es noch brauchen, vermutet Westermair. Denn die Fenster müssen abgeschliffen und neu gestrichen werden, außerdem sind sie gerade ohne Glas, denn auch dieses wird erneuert - mit zweifacher Isolierverglasung. "Die Beschläge sind sehr hochwertig hat der Schreiner gesagt", erzählt der Stadtbaumeister. Und auch die Eichenfenster an sich wären gut, deswegen behalte man diese. "Neue Eichenfenster kosten auch gutes Geld."

Ende September dann sollte es aber wirklich ohne Gerüst gehen, denn solange dieses an der Ost- und Südseite des Rathauses steht, kann die Fernwärmeleitung nicht verlegt werden. Und das wiederum "sollten wir bis Ende Oktober schaffen", sagt Westermair. Vier bis sechs Wochen Zeit also, die Leitung über den Lenbachplatz zu verlegen. Denn das sanierte Rathaus sollte im Winter natürlich geheizt werden, das Gebäude kann nicht den ganzen Winter über ungeheizt dastehen. So ab November wäre es also schon gut, wenn die Fernwärme im Rathaus laufen würde.

Ausgebessert werden mussten auch die Stahlbetonstützen. Sie haben innen Eisen - und die Betonüberdeckung müsste laut dem Stadtbaumeister mindestens einen Zentimeter dick. War sie aber nicht, "früher ist es nicht so genau gegangen". Die Folge war, dass der Beton an manchen Stellen aufgeplatzt und das Eisen darunter gerostet ist. Nun mussten diese Teile herausgeschnitten und ersetzt werden, das Ganze wurde wieder mit Beton überdeckt. "Das sollte jetzt die nächsten 25 Jahre nicht noch einmal passieren", so Westermair. Nicht nur, weil heute genauer gearbeitet wird, sondern auch, weil die Stahlbetonstützen nun auch mit einer Lasur hydrophobiert wurden, das heißt, sie sind nun wasserabweisend.

Was man noch sieht an der sanierten Fassade sind die Kupferbleche und Paneele, die gesäubert wurden. Dahinter ist eine dünne Dämmung, wie auch an anderen Stellen. Außerdem gibt es neue Außenjalousien. Die Kritiker von 1970 würden sich über das wiedererstrahlte Kupfer nicht freuen. In der SZ hieß es damals: "Doch vielleicht verstummt auch die Kritik am Äußeren, wenn sich erst einmal der gewünschte Grünspan auf dem Kupfer ansetzt." Heute ist das Rathaus ein Denkmal, das demnächst wieder in neuem Glanz erstrahlt. Doch auch als solches wird es dem Grünspan wieder einmal nicht entgehen.

SZ

Isabel Ammer