Geisenfeld
Ein Abschied mit Wehmut

Werner Brenner hat der Geisenfelder Realschule 38 Jahre lang die Treue gehalten

29.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:52 Uhr
Spalier gestanden sind aktuelle und ehemalige Schüler, Lehrer und Freunde, als Werner Brenner an der Seite von Schulleiterin Sabine Billinger zu seinem Abschied über den Pausenhof der Geisenfelder Realschule marschiert ist. −Foto: Zurek

Geisenfeld - Mit Werner Brenner hat zum Schuljahresende ein Urgestein die Geisenfelder Realschule verlassen - nach 38 Jahren. Rektorin Sabine Billinger, Kollegen und Schüler standen dem "Lehrer aus Leidenschaft" zum Abschied Spalier und sparten nicht an Lob.

Alt oder gar antiquiert, das sei der 65-Jährige beileibe nicht, betonte die Schulleiterin, die den herzlichen Humor und die stets zuvorkommende Art des Pädagogen auch im Jahresbericht hervorhob. Dabei erinnerte sie an Kostproben seines Witzes, seiner Späße und seiner Fähigkeit, über sich selbst herzlich lachen zu können. Da wundert es nicht, dass Brenner auf die Frage nach den Eigenschaften eines guten Lehrers den Sinn für Humor als "ganz wichtig" voranstellt. Hinzu kommen Toleranz, Gerechtigkeitssinn und Verständnis für die Belange der jungen Menschen. "Wir sind ja als Erwachsene auch nicht immer gut drauf", erklärte er. Den guten Draht zu den Schülern hat er nicht nur in den zehn Jahren seiner Tätigkeit als Verbindungslehrer bewiesen - auch das bescheinigte ihm die Laudatio.

"Beobachten zu können, wie kleine Fünftklässler zu großen Persönlichkeiten heranwachsen - und ein kleines Quäntchen selber dazu beigetragen zu haben", das zählt Brenner zu den Höhepunkten seines Berufs. Ebenso wie jene Gelegenheiten, wenn Eltern oder Schüler zu ihm sagen: "Das waren schöne Jahre mit Ihnen." Getoppt wird das von Freundschaften zu ehemaligen Schülern, die immer noch halten. Zum Beweis dafür und als Überraschung erwiesen ihm einige von ihnen bei der Abschiedsfeier die Ehre.

Ursprünglich habe er ja Auslandskorrespondent werden wollen, so Brenner. Er habe es aber nie bereut, sich letztlich für die Lehrerlaufbahn entschieden zu haben, meint der gebürtige Ingolstädter. Nach dem ersten Staatsexamen in den Fächern Deutsch und Katholische Religion an der LMU München begann er sein Referendariat an einer Knaben-Realschule in Augsburg-Oberhausen, um danach "das vollkommene Kontrastprogramm" an der Gnadenthal-Mädchen-Realschule in Ingolstadt zu erleben. Gleich nach dem zweiten Staatsexamen trat er in Geisenfeld seinen Dienst an - und blieb der örtlichen Realschule 38 Jahre lang treu. Wobei er längere Zeit Fachvorstand für Deutsch und Religion war, bisweilen zudem fachfremd Geschichte und Französisch unterrichtete. Sein "Lieblings-Baby" aber sei die Schülerzeitung gewesen, verrät er. Die von ihm angeleiteten Jungredakteure heimsten mit dem "Ziegenacker-Kurier" so manche überregionale Auszeichnung ein.

Vier Jahrzehnte sind eine lange Zeitspanne, die in jeder Hinsicht Wandel mit sich bringt. "Die Einzelkämpfer werden mehr", beobachtet Brenner eine Entwicklung, die ihm Sorge bereitet. In den Klassen gebe es weniger Zusammenhalt. "Wir haben uns früher auch mal gegen einen Lehrer zusammengerottet und ihn auf Kurs gebracht", erinnert er sich lachend an die eigene Schulzeit. Leider fehle es Kindern heute immer häufiger an einer gesunden Selbsteinschätzung und einem ebensolchen Sozialverhalten. "Als Lehrer findet man sich da zunehmend in der Rolle des Psychologen oder eines Elternersatzes wieder", so der zweifache Vater. Im Gegenzug wirft er Erfreuliches in die Waagschale: Besonders auf Klassenfahrten und bei Zusammenkünften außerhalb des Schulgebäudes, habe er "tolle Gespräche" mit den Heranwachsenden erlebt. Dabei hätten sich oft verborgene Talente offenbart: menschlich, künstlerisch und intellektuell.

Zu den größten Herausforderungen für ihn als Lehrer zählt er indes die Folgen der Corona-Krise, mit Blick auf Home-Schooling, das "wesentlich mehr Arbeit gemacht hat, als der Präsenzunterricht". Als älterer Kollege habe er da von Null auf Hundert mühsam erlernen müssen, was für jüngere Kollegen eine Spielerei gewesen sei: Videokonferenzen selber einrichten, Tutorials erstellen und dabei auch noch den Datenschutz beachten. "Und jetzt, wo ich's beherrsche, brauch ich's nimmer" meint er schmunzelnd.

Dass er nun mit dem sprichwörtlichen weinenden Auge geht, hat auch mit dem Kollegium zu tun. "Zwischen uns herrschte ein ganz tolles Klima, das ich vermissen werde", gesteht er. An Plänen für den Ruhestand mangelt es Brenner nicht. Reisen in alle Welt, Sport (Kicken, Radfahren und Basketball zum Beispiel) sowie ein Renovierungsprojekt stehen auf dem Programm. Und dann ist da noch die Vorfreude auf das anstehende Opa-Dasein. Ach ja: Auch zukünftig nicht missen will Brenner die Schulkonzerte. "Die sind so bereichernd", sagt der Rockmusik-Fan.

GZ