Eigene Bedürfnisse bleiben auf der Strecke

07.11.2008 | Stand 03.12.2020, 5:27 Uhr

Ingolstadt (DK) Die examinierte Krankenschwester Johanna Wiesinger will in Ingolstadt eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Demenzkranken gründen. Ein erstes Treffen findet am Freitag, 14. November, um 17.30 Uhr im Bürgerhaus Neuburger Kasten statt.

Der Verlauf der Krankheit ist fast immer gleich. Zuerst kommt die Vergesslichkeit. Irgendwann ist es dann soweit. "Wer sind Sie, ich kenne Sie nicht", heißt es dann, wenn die alten Menschen ihre Tochter oder den Sohn sehen. Sie erkennen selbst ihre nahen Angehörigen nicht mehr. Altersdemenz. Bereits jetzt leiden laut Deutscher Seniorenliga 1,1 Millionen Menschen in Deutschland daran. Bis 2050 soll diese Zahl auf 2,3 Millionen steigen.

Chronische Erschöpfung

75 bis 80 Prozent der Menschen mit einer Demenzkrankheit werden zu Hause gepflegt, sagt Johanna Wiesinger. Für die Angehörigen bedeutet dies eine unglaubliche Belastung. Seelisch und körperlich. Die Krankenschwester Wiesinger will ihnen das Leben zumindest ein bisschen erleichtern und in Ingolstadt eine Selbsthilfegruppe für Angehörige, die zu Hause einen Demenzkranken pflegen, gründen. "Sie sind in höchstem Maße gefordert und mit den psychischen und physischen Belastungen meist auf sich alleine gestellt", meint Wiesinger. Die eigenen Bedürfnisse blieben auf der Strecke. "Chronische Erschöpfung und Vereinsamung sind oft die Folgen."

Als Konkurrenz zur Alzheimergesellschaft, die sich ebenfalls um Angehörige von Alzheimer- und Demenzkranken kümmert, sieht Wiesinger die Gruppe, die sie ins Leben rufen möchte, nicht. Eher als zusätzliches Angebot. In der neuen Selbsthilfegruppe sollen die pflegenden Angehörigen Unterstützung und Verständnis finden – bei Menschen, die sich in der gleichen Lebenssituation befinden wie sie. Dazu soll es regelmäßige Treffen im Bürgerhaus Neuburger Kasten geben. Ein erstes ist am Freitag, 14. November, geplant.

"Die Angehörigen sollen sich aus der Selbsthilfegruppe heraus neu orientieren", sagt Wiesinger. Deshalb finden die Treffen im Neuburger Kasten statt. Gerade die Vielfalt an Angeboten hier sei es, die den Angehörigen neue Kraft geben sollen. "Hier gibt es alles, von Seniorengruppen bis hin zur Leihoma." Gerade für Menschen, die viel Kraft in die Pflege ihrer Angehörigen investieren, sei es wichtig, dass sie neuen Anschluss fänden. Durch gemeinsame Aktionen, etwa beim Basteln, steige auch die Lebensqualität.

Langfristig will Wiesinger zwei Gruppen ins Leben rufen. Eine für die Angehörigen von Demenzkranken, die andere für die Kranken selbst. Diese würden dann von der Ingolstädterin selbst betreut. Wiesinger ist gerontopsychiatrische Fachkraft in einem Ingolstädter Pflegeheim.

Erstes Treffen

Nach dem ersten Informationstreffen am 14. November um 17.30 Uhr im Bürgerhaus Neuburger Kasten, Raum 24, sollen künftig ab 28. November jeden zweiten Freitag von 17.30 bis 19.30 Uhr Zusammenkünfte stattfinden. Wer bei der Gründung der Gruppe aktiv mitwirken möchten, kann sich vorab an das Bürgerhaus, Telefon (08 41) 3 05-28 03, oder an Johanna Wiesinger, (08 41) 98 03 55, wenden.